Wie gestaltet man die Zukunft für Altbauten?
Lohnt sich eine Sanierung – oder sind Abbruch und Neubau die bessere Lösung? Die VBW Bauen und Wohnen GmbH in Bochum hat mit einem Passivhaus, das von der dena im Rahmen des Modellprojekts „Niedrigenergiehaus im Bestand“ ausgezeichnet wurde, den Primärenergieverbrauch um 90 % gesenkt.
Die Ergebnisse sprechen für sich. Lag der Primärenergieverbrauch vorher bei 288,9 kWh/m²a, so liegt er heute bei nur noch 28,4 kWh/m²a – eine Einsparung von 90 %. Oder anders formuliert: Das Haus produziert heute pro Jahr 15 Tonnen CO2 weniger. Damit wurde das gesetzlich geforderte energetische Anforderungsniveau um 71 % unterschritten.
Das erfolgreich umgesetzte Passivhaus-Konzept bewirkt auch eine Steigerung des Wohnkomforts: Die Lüftung vermindert die Pollen- und Staubbelastung, im Sommer kann das Haus gekühlt werden, die Dreifachverglasung bietet Schallschutz und die gleichmäßigen Bauteiltemperaturen fördern ein behagliches Wohngefühl.
Anspruch in neuer Form
Die wenigsten Wohnhäuser aus den 1950er Jahren genügen noch aktuellen Wohnansprüchen. Das gilt auch für die Siedlung „Im Hole“ in Bochum-Kornharpen: Die einfachen Häuser dokumentieren das damalige Bedürfnis nach billigem Wohnraum – und können den heutigen Anforderungen an Energieeffizienz und Wärmedämmung in keiner Weise mehr gerecht werden. Oft entscheidet man sich in diesen Fällen für den Abriss.
Die Eigentümerin der 1953 erbauten Wohnsiedlung, die Bochumer VBW Bauen und Wohnen GmbH, wählte allerdings einen anderen Weg. Die zweigeschossigen Bauten der nördlichen Siedlungshälfte wurden in die 2004 begonnenen Umgestaltungsplanungen mit einbezogen – allerdings nicht in Form eines ablesbaren Umbaus, sondern als vollständige Überformung des Alten im Gewand der klassischen Moderne.
Wohnumfeld mit Mehrwert
Das Sanierungsprojekt wurde in Zusammenarbeit mit dem Bochumer Büro TOR 5 Architekten und der Deutschen Energieagentur (dena) durchgeführt. Hinter der Mischung aus Modernisierung und Neubaumaßnahmen steckte jedoch noch mehr als nur der Wunsch nach Effizienz und Kostenersparnis. Gewünscht wurde eine nachhaltige Quartiersentwicklung: Das Wohnen und das Wohnumfeld sollte in sozialer, ökologischer und architektonischer Hinsicht aufgewertet werden. Somit setzte die VBW mit dem Passivhaus „Im Hole 3“ nicht nur energetisch ein vorbildliches Zeichen.
Wer die 50er-Jahre-Siedlung noch in ihrem alten Zustand erlebt hat, erkennt sie heute kaum wieder. Wo sich früher grau verputzte Giebelhäuser gegenüberstanden, präsentieren sich heute strahlend und makellos weiß verputzte, flach gedeckte Kuben im Architekturstil der 20er Jahre. Das Dachgeschoss wurde entfernt und der Grundriss zur Rückseite des Hauses vergrößert. Ein vollständig neu aufgesetztes Geschoss beherbergt eine großzügige Maisonette-Wohnung mit schöner großer Dachterrasse. Im unteren Bereich dienen die zur Stützung der Aufstockung eingesetzten zweigeschossigen Fertigelemente aus Sichtbeton als Balkone.
Im Vergleich zur restlichen Fassade wirkt die Oberfläche hier archaisch, was zumindest optisch den Bezug zur Kubatur der alten Häuser herstellt. Komplett neu wirkt die Eingangsfassade, bei der lediglich die Aufnahme der vorhandenen Fensterachsen eine Verbindung zum bisherigen Erscheinungsbild knüpft.
Neue innere Werte
Auch im Inneren hat sich viel verändert. Die einzelnen Wohneinheiten sind zwar nach wie vor über das ursprüngliche Treppenhaus erreichbar und auch der Zuschnitt der Wohnungen blieb erhalten.
Vollständig erneuert wurde jedoch die Haustechnik, die mit effizienten Heizungen und Lüftungsanlagen wesentlich zur energetischen Optimierung beiträgt.
Eine besondere Rolle bei der Siedlungs-Sanierung nahm das Wohnhaus „Im Hole 3“ ein, das mit moderner Technik, dreifach verglasten Fenstern und optimaler Wärmedämmung in ein energetisches Musterbeispiel verwandelt wurde. Mit großem Erfolg: Das Passivhaus wurde von der dena im Rahmen des Modellprojekts „Niedrigenergiehaus im Bestand“ ausgezeichnet.
Intelligenter Wärmehaushalt
Eine spezielle Lüftungsanlage sorgt dafür, dass die Luft im Haus in ständiger Zirkulation ist. Die Zuluft wird dabei über einen Sole-Erdwärmetauscher geführt und die Wärme der Abluft durch ein effizientes Wärmerückgewinnungsverfahren wieder verfügbar gemacht.
Zusätzliche Wärme wird durch die Solarthermie erzeugt. Ein Fernwärmeanschluss gleicht den über 15 kWh/m²a liegenden verbleibenden Heizwärmebedarf aus. Dach und Wände erhielten ein Wärmedämm-Verbundsystem mit U-Werten von 0,094 bzw. 0,09 W/m2K. Zum Einsatz kam das Brillux WDV-System I mit 36 cm dicken EPS-Hartschaum-Dämmplatten, WLG 035.
Die Armierung des Wärmedämm-Verbundsystems erfolgte mit WDVS Pulverkleber 3550, eine mineralische Klebe- und Armierungsmasse in Pulverform, die sich durch hervorragende Hafteigenschaften auf mineralischen Untergründen und WDVS Fassaden- Dämmplatten auszeichnet.
Für die Schlussbeschichtung wurde Silicon-Putz KR K3 3650 verwendet, da dieser sehr witterungsbeständig und durch eine spezielle Bindemittel-Kombination hervorragend wasserabweisend ist.