Bestand in Top-Form – heute und morgen
Um erfolgreich zu sein, ist intelligentes Bestandsmanagement wichtig. Doch wie können sich Unternehmen auf die Anforderungen vorbereiten?
Steigende Anforderungen an die Energieeffizienz, der demografische Wandel und die Suche nach geeigneten Lösungen, den Gebäudebestand optimal darauf vorzubereiten – das sind die Themen, die die Wohnungswirtschaft aktuell am meisten bewegen. Ein integriertes Bestandsmanagement bildet die wichtigste Grundlage, um Gebäude optimal fit für die Zukunft zu machen. Deshalb beschreitet die GEWOFAG in München gemeinsam mit der CalCon Deutschland AG einen beispielhaften Weg und hat das Projekt „Strategische Bestandsentwicklung mit epiqr®“ ins Leben gerufen.
Wie können, ja wie müssen sich Unternehmen der Wohnungswirtschaft vorbereiten, um mit dem Bestand den künftigen Anforderungen gewachsen zu sein, die durch eine ständig älter werdende Gesellschaft entstehen? Was bringt die Energiewende 2022 mit sich und wie muss aktiv vorausgedacht werden statt nur auf veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen zu reagieren? Wie ist die wirtschaftliche Seite der viel gepriesenen und viel gescholtenen Nachhaltigkeit zu beurteilen? Und was heißt das für die Investitionen, die im Bestand getätigt werden sollten?
Fit für die Zukunft
Die GEWOFAG stellt sich diesen Fragen. Das 1928 gegründete, sozial, ökologisch orientierte Münchner Wohnungsunternehmen ist mit einem Gesamtbestand von mehr als 35 000 Wohneinheiten größter Vermieter in der bayerischen Landeshauptstadt.
Laufende Projekte, wie der Bau von Passivhäusern am Piusplatz, aber auch die umfangreichen Sanierungsmaßnahmen der Bestandsimmobilien in dem Quartier sowie die Auszeichnung mit dem Bundespreis Soziale Stadt 2010 belegen den Kurs des Unternehmens. Und das aktuelle Projekt ist ein weiterer Schritt in diese Richtung.
Die Grundlage bildet zunächst ein Verfahren, welches als Branchenstandard für die technische Bestandsanalyse etabliert ist. Die Methodik wurde in einem europäischen Forschungsvorhaben entwickelt, an dem für Deutschland das Fraunhofer-Institut für Bauphysik teilnahm. Kerngedanke ist, über die Erfassung und Bewertung weniger Kenngrößen mittels statistischer Näherungen in kürzester Zeit den Gebäudezustand sowie den Instandhaltungs- und Modernisierungsbedarf mit einer hohen Kostengenauigkeit zu quantifizieren. Die CalCon, die als Ausgründung des Fraunhofer-IBP hinter dem Verfahren steht und dieses laufend weiterentwickelt, begleitet den gesamten Integrationsprozess.
Optimaler Ablauf der Prozesse
Nachdem die Erfassung des Gesamtbestandes von Ingenieuren durchgeführt wurde, lagen die ersten Ergebnisse über den Bestand Ende Mai vor. Diese Informationen wurden als Basis für die Segmentierung und Strategieentwicklung in das Portfoliomanagement übernommen. Ebenfalls wurde der so genannte „standardisierte Planungsvorschlag“ eingerichtet und in Abstimmung mit der GEWOFAG an deren Unternehmensstandards angepasst. Nun kann in entsprechenden Szenarien nach Notinstandhaltung, Planinstandhaltung und Modernisierung, sowie nach Dringlichkeit bzw. Fristigkeit kategorisiert und ausgewertet werden. Diese Szenarien stellen auch die Basis für Wirtschaftlichkeitsberechnungen und einen 10-Jahres-Budgetplan dar.
Bei der Ergebnispräsentation wurde mitgeteilt, dass sich der Gebäudebestand in einem überdurchschnittlich guten Zustand befindet. Auffällig ist, dass das Szenario Notinstandhaltung nur extrem geringfügige Maßnahmen enthält. Dies ist ein Nachweis dafür, dass die bestehenden Prozesse zur Verkehrssicherung (QVS) sehr gut greifen. Tendenziell ist ebenfalls festzustellen, dass im Bereich Modernisierung überdurchschnittlich hohe Standards zur Anwendung kommen.
Ein schönes Ergebnis, doch die eigentliche Arbeit fängt jetzt erst an. Bis Ende 2011 werden nun gemeinsam die technischen und kaufmännischen Geschäftsprozesse zur Integration des strategischen Planungsinstruments angepasst und ein Konzept zur vollständigen IT-Integration des Systems in die ERP-Landschaft erstellt, das bis Mitte 2012 umgesetzt wird.
Nachhaltigkeit, ein wichtiges Thema
Nach der Pflicht folgt dann die Kür: Zunächst im Pilotvorhaben Reihenhaussiedlung Friedenheim wird die Erfassungstiefe um die Wohnungsbegehung inkl. CAD-Aufmaß erweitert, die Ergebnisse werden im Modul abgebildet. Bei erfolgreichem Abschluss ist eine Ausweitung auf den Gesamtbestand für 2012 und 2013 geplant. Die GEWOFAG stellt sich auch dem heiß diskutierten Thema Nachhaltigkeit. Das Unternehmen CalCon ist seit 6 Jahren am Runden Tisch Nachhaltiges Bauen im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) vertreten. Auch ist der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens, Christian Wetzel, einer der 16 Initiatoren der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) und Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI). „Es war mir stets ein Anliegen, Nachhaltigkeit auf breiter Ebene für Bestandsimmobilien bezahlbar und damit praxisgerecht umsetzbar zu machen“, so Christian Wetzel. Deshalb hat sich CalCon nicht nur in den diversen Gremien und Arbeitsgruppen zur Entwicklung der Bewertungskriterien für eine Vereinfachung der Analyse im Bestand eingesetzt. Im Februar dieses Jahres wurde epiqr® um ein Modul zur vereinfachten, standardisierten Nachhaltigkeitsanalyse erweitert.
Am Piusplatz wurde das Verfahren bereits erprobt und in nur wenigen Stunden konnte hier eine qualifizierte Aussage zum Vorher-Nachher-Effekt hinsichtlich Nachhaltigkeit getroffen werden.
Künftig sollen die Ergebnisse in das Kennzahlensystem für den gesamten Bestand einfließen und damit auch positive Effekte in der Finanzierung von nachhaltigen Modernisierungsmaßnahmen erzielt werden. Eines ist deutlich: Der Bestand der GEWOFAG ist in guter Form und ist bereit für die anstehenden Herausforderungen.