Möglichkeiten und Grenzen öffentlicher Finanzierung

Funktionierende Wohnungsmärkte in Deutschland wirken sich positiv auf Stabilität und Wachstum der Volks­wirtschaft aus.

Die Wohnraumversorgung wird aufgrund ihrer hohen Bedeutung dem öffentlichen Aufgabenbereich zugerechnet und durch staatliche Mittel in verschiedensten Ausprägungen gefördert. Aufgrund eines großen wohnungswirtschaftlichen Investitionsbedarfs und stark angespannter öffentlicher Haushalte stellt sich die Frage, woher das notwendige Kapital zur Sicherstellung eines quantitativ und qualitativ angemessenen Wohnungsbestands zukünftig kommen soll.

Wie die 2007 in den USA ausgelöste Finanzkrise gezeigt hat, kann eine Schieflage in den Wohnungsmärkten eine Volkswirtschaft massiv gefährden. Funktionierende Wohnungsmärkte wirken sich dagegen positiv auf Sta­bilität und Wachstum aus. Sie sind ein wesentlicher Faktor im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitnehmer und fördern deren Mobilität. In­­vestitionen in den Woh­nungsbau haben über Multiplikatoreffekte eine hohe gesamtwirtschaftliche Wirkung. Zudem können die wohnungswirtschaftlichen Aktivitäten den sozialen Frieden und die Integration erheblich beeinflussen. Aufgrund ihrer Bedeutung wird die angemessene Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zum öffentlichen Aufgabenbereich gezählt. Die Wohnungspolitik in Deutschland hat die Wohnraumversorgung durch staatliche Förderung in verschiedensten Ausprägungen unterstützt, wie z.B. durch den sozialen Wohnungsbau, Steuerbegünstigungen und die KfW-Förderung. Die mit der Förderung einhergehende und oft beklagte geringere Wohneigentumsquote in Deutschland hat sich in Zeiten der Krise als vorteilhaft erwiesen: Im internationalen Vergleich entwickelten sich deutsche Wohnimmobilienpreise besonders stabil. Aufgrund des Mietwohnungsmarktes mit qualitativ guten Wohnungen für alle Bevölkerungsschichten existiert in Deutschland kein Subprime-Markt, da bonitätsschwächere Haus­halte auf das Mietwohnungsangebot zurückgreifen können.

 

Klimaschutz und sozio-demografischer Wandel erfordern hohe Investitionen

Drei Faktoren wirken besonders auf die zukünftige Wohnungsnachfrage ein: die Zu­­nahme von Einpersonenhaushalten, die al­­ternde Gesellschaft und die Einkommensverteilung mit einer im­mer größer werdenden Kluft zwischen Armen und Reichen. Neben dieser Entwicklung führen strukturell bedingte Wanderbewegungen dazu, dass sich die Bevölkerungszu- und -abnahme auch kleinräumig immer differenzierter entwickelt. Für die Wohnungswirtschaft sind dabei stets die lokalen Veränderungen entscheidend. Bereits seit mehreren Jahren laufen Maßnahmen zur städtebaulichen Strukturanpassung. Entsprechend den speziellen regionalen und lokalen Gegebenheiten sind weiterhin Rückbau, Neubau sowie Maßnahmen zur Aufwertung und Stabilisierung von Quartieren erforderlich. Darüber hinaus spielen Investitionen in den Bestand eine wichtige Rolle, da 75 % der Wohngebäude in Deutschland vor 1979 gebaut wurden. Zum Investitionsbedarf im Bestand zählen neben Instandhaltung und Modernisierung im weiteren Sinne Maßnahmen der energetischen Sanierung zum Klimaschutz und der Schaffung barrierearmer Wohnungen für altengerechte Wohnformen.

Eine Studie zum Gesamtinvestitionsbedarf für die genannten wohnungswirtschaftlichen Handlungsfelder liegt bislang noch nicht vor. Ergebnisse von Studien zu einzelnen Bereichen machen aber die Dimension des Investitionsbedarfs deutlich:

– Aus einer Abschätzung des Neubaubedarfs mit Hilfe der BBSR-Wohnungsmarktprognose 2025 aus dem Jahr 2010 und der Baukosten pro Wohnung nach Daten des Statistischen Bundesamtes ergibt sich bis 2020 ein Investitionsbedarf in Höhe von über 350 Mrd. €.

– Die Studie von Pfnür et al. (2009) zu Wirtschaftlichkeitsberechnungen von Klimaschutzinvestitionen in der Wohnungswirtschaft errechnet für energetische Sanierungen eine Gesamtinvestitionssumme von etwa 125 bis 180 Mrd. € bis zum Jahr 2020.

– Die Studie Wohnen im Alter des DV aus dem Jahr 2009 schätzt das in den kommenden Jahren benötigte Investitionsvolumen für die altersgerechte Ge­­staltung und die Verbesserung der Zugänglichkeit der Wohnungen mobilitätsbeschränkter Haushalte auf knapp 39 Mrd. €.

 

Hoher Investitionsbedarf bei öffentlicher Finanznot erfordert private Finanzierungsformen

Der Kapitalbedarf für das Wohnungswesen dürfte die öffentliche Hand vor eine große – kaum allein zu bewältigende – Herausforderung stellen: Sie hat nicht nur die Fördermittel aufzubringen, ohne die ein Großteil dieser für eine nachhaltige Entwicklung des Wohnungsbestands erforderlichen Maßnahmen überhaupt nicht durchgeführt werden würden. Mit ihren ca. 2,3 Mio. Wohnungen muss die öffentliche Hand auch Investitionen in die eigenen Wohnungsbestände tätigen. Soll der Wohnungsmarkt nachhaltig erhalten werden, scheint in Zeiten der Schuldenbremse der Einsatz privaten Kapitals unausweichlich. Aufgrund negativer Erfahrungen bei Privatisierungen öffentlicher Wohnungsbestände werden weitere Verkäufe skeptisch betrachtet. Allerdings wurden beim Verkauf kommunaler Wohnungen meist Vollprivatisierungen angestrebt. Insbesondere dann, wenn das kommunale Wohnungsunternehmen zuvor eine monopolähnliche Stellung am Vermietungsmarkt der Stadt inne hatte, birgt dieses Vorgehen naturgemäß ein erhebliches Partnerrisiko. Zwischen den Extremen Vollprivatisierung durch Komplettverkauf und öffentlicher Bereitstellung gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten.

 

Potenzial durch Kooperation mit privatwirtschaftlichen Akteuren ist bisher weitgehend ungenutzt

Vor diesem Hintergrund sind Kooperationsformen zwischen öffentlicher Hand und privatwirtschaftlichen Akteuren in organisatorischer und finanzieller Hinsicht zu entwickeln, die für beide Seiten erfolgversprechend sind. Unter Berücksichtigung der heute insgesamt guten Wohnungsversorgung ist insbesondere zu erörtern, auf welche Aufgaben sich die öffentliche Hand konzentrieren soll, d.h. vor allem welche Aufgaben sie selbst erfüllen muss und welche sie nur zu gewährleisten hat. So kann die Kommune durch einen partiellen Verkauf von Anteilen, eine Veräußerung von Teilportfolios oder dem Einzelverkauf an Mieter Gestaltungsmöglichkeiten auf dem lokalen Wohnungsmarkt beibehalten. Darüber hinaus können private Akteure als Dienstleister oder Mitgesellschafter in einem partnerschaftlichen Ansatz im Rahmen einer funktionalen Privatisierung eingebunden werden.

Der private Partner kann je nach Ausgestaltung als Dienstleister beauftragt werden oder weitergehend die Verantwortung auf Zeit übertragen bekommen. Langfristig angelegte partnerschaftliche Kooperationsmodelle setzen für den privaten Partner ebenso wie für die Kommune die richtigen Anreize zur effizienten Erledigung immobilienwirtschaftlicher Aufgaben. In solchen Wertschöpfungspartnerschaften bringen im Idealfall beide Seiten ihre Fähigkeiten und Ressourcen so ein, dass ein Kooperationsgewinn entsteht, der zwischen den Parteien geteilt werden kann.

Die öffentliche Hand steht vor der Aufgabe, eine fein ausdifferenzierte Lösung zu finden für den Trade-off zwischen möglichst hoher unternehmerischer Einflussmöglichkeit auf die Wohnungsbestände und maximalem Desinvestmenterlös. Der Privatisierungsprozess könnte zukünftig von seiner Entstehung an durch privates Know-how unterstützt werden. Managementverträge bieten beispielsweise eine Lösung, bei der öffentliches Vermögen zunächst privat gemanagt wird, bevor das Vermögen verkauft oder Aufgaben endgültig privatisiert werden. So können die Ge­­schäftsbeziehungen mit kapitalgeleiteten Un­­ternehmen unter dem Mantel der öffentlichen Hand bereits vor der Privatisierung simuliert werden.

Entsprechend den Gegebenheiten sind Rückbau, Neubau sowie Maßnahmen zur Aufwertung und Stabilisierung erforderlich.

Die Wohnungspolitik in Deutschland hat die Wohnraumversorgung durch staatliche Förderung in verschiedensten Ausprägungen unterstützt wie z.B. durch den sozialen Wohnungsbau, Steuerbegünstigungen und die KfW-Förderung.

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