Forschung

Vernetzt statt abgehängt

Das Forschungsvorhaben UrbanLife+ wird älteren Menschen mit Hilfe von technischen Lösungen den Alltag im öffentlichen Raum erleichtern. Gemeinsam mit Projektpartnern arbeitet Drees & Sommer an der Realisierung des vom BMBF geförderten Projekts. Vorreiter sind zwei Stadtquartiere in Mönchengladbach.

Wenn es nach den Zukunftsforschern geht, findet unser Leben künftig vor allem in den Städten statt. Das trifft im Jahr 2050 sogar auf zwei von drei Menschen weltweit zu, so das Ergebnis einer UN-Studie. Und erfordert laut Hochrechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln) allein in den sieben Großstädten Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart einen jährlichen Bedarf von 88.400 neuen Wohnungen.

Doch im Sinne einer lebenswerten Zukunft reicht es nicht aus, einfach nur Wohnungen zu bauen. Unser künftiger Lebensraum soll auch attraktiv, intelligent und nachhaltig sein. Und zwar für eine Gesellschaft, in der laut einer aktuellen Bevölkerungsprognose der Bertelsmann Stiftung die Hälfte im Jahr 2025 älter als 47 Jahre sein wird – in den ostdeutschen Bundesländern sogar älter als 53 Jahre.

6,2-Mio.-Euro für die Zukunft im demographischen Wandel

Ältere und alte Menschen haben jedoch besondere Bedürfnisse. Sie tun sich oft schwerer damit, sich in ihrer Stadt selbstständig zu bewegen. Seh- und Hörvermögen lassen nach. Weite Wege zurückzulegen wird zunehmend anstrengend und sogar gefährlich. Um Stadtquartiere dem demographischen Wandel anzupassen, arbeiten Drees & Sommer-Entwicklungsmanager aus Stuttgart und Köln daher seit November 2015 an der Realisierung von UrbanLife+. Das 6,2-Millionen-Euro-Projekt ist aus dem Wettbewerb „Innovationen für Kommunen und Regionen im demografischen Wandel“ (InnovaKomm) entstanden und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Neben Drees & Sommer sind daran auch regionale und überregionale Projektpartner aus Wissenschaft, Sozialwesen, Wirtschaft und Verwaltung beteiligt.

Sitzbänke, die sich anpassen und Ampeln mit verlängerter Grünphase

Ziel dieses Forschungsvorhabens ist es, digitale Lösungen zu entwickeln, die älteren Menschen die Teilnahme am alltäglichen Leben im öffentlichen Raum erleichtern. Was abstrakt klingt, beinhaltet ganz konkrete Ideen: Es geht um Ampeln, die ihre Grünphase bei Bedarf verlängern und Sitzbänke, die sich den Anforderungen von Seniorinnen und Senioren individuell anpassen und schnell erreichbar sind. Sogenannte Informationsstrahler geben älteren Menschen Informationen und Orientierung. Straßenlaternen passen ihre Beleuchtung dem Sehvermögen der Passanten an und Sensoren weisen auf Gefahren an Straßenübergängen und Kreuzungen hin. Mit ihrem Vorhaben wollen die Projektbeteiligten einen Beitrag dazu leisten, Städte für ältere Menschen sicherer zu machen und ihnen die Teilnahme am öffentlichen Leben zu erleichtern. Als Pilotvorhaben dienen zwei Stadtquartiere in Mönchengladbach.

Bestandsaufnahme mit Hilfe von GIS-Systemen

Mithilfe von Mensch-Technik-Interaktion (MTI) sollen sich die Senioren dort künftig sicher und barrierefrei in der Stadt bewegen können. Damit Projektpartner wie die Sozial-Holding Mönchengladbach, die Universitäten Hohenheim und Leipzig sowie die Universität der Bundeswehr München passende MTI-Lösungen entwickeln können, benötigen sie jede Menge Daten. Sie müssen beispielsweise wissen, wo genau sich sogenannte städtebauliche Objekte befinden und ob diese für eine technische Ausstattung infrage kommen. Daher war es zunächst wichtig, einen genauen Überblick des Stadtmobiliars zu bekommen. Mittels GIS-Systemen (Geographical Information Systems) erfassten die Drees & Sommer-Entwicklungsmanager alle Straßenlaternen und Sitzbänke in den Mönchengladbacher Stadtquartieren Rheindahlen und Hardterbroich mit ihren Geokoordinaten sowie bestimmten Merkmalen: Wie hoch ist die Sitzhöhe der Bank? Hat sie eine Lehne? Wie viele Leute finden darauf Platz? Mittels Befahrungen mit Scantechnik wurden digitale Vermessungen der Quartiere erstellt. Auch typische Wegenetzwerke im öffentlichen Raum — vom Seniorenheim zum nächsten Bäcker oder Arzt etwa — haben die Berater analysiert und dargestellt, mit der die Partner aus Forschung und Entwicklung weiterarbeiten können.

Am Ende steht der Safety-Atlas als Leitfaden für künftige Stadtquartiere

Aus all diesen Daten ist eine große Datenbank entstanden. Die darin gespeicherten Informationen werden unter anderem zur Erstellung von Geländemodellen genutzt. Sie geben wichtige Hinweise auf die Barrierefreiheit der öffentlichen Wege und dienen als Grundlage für die Weiterentwicklung der Stadtmobiliare.

UrbanLife+ ist auf fünf Jahre angelegt. Am Ende soll neben den Prototypen für intelligente Beleuchtungen, Bordsteine und Sitzbänke ein von Drees & Sommer erstellter sogenannter Safety-Atlas entstehen. Er wird Stadtplanern und MTI-Entwicklern zeigen, wie sie Stadtquartiere im Zuge des demografischen Wandels anpassungsfähig gestalten können. Denn mit dem Abschluss des Projekts Ende 2020 sollen nach Mönchengladbach auch viele weitere Städte von dem Forschungsprojekt am Niederrhein profitieren. Denn dort wie überall werden ältere Menschen leben, denen die Erkenntnisse des Forschungsprojekts den Alltag im öffentlichen Raum erleichtern werden.

Von UrbanLife+ zur Blue City

Das Projekt UrbanLife+ ist Teil des Gesamtkonzepts „Blue City — Integrated Urban Solutions“, mit dem sich Drees & Sommer als Entwickler zukunftsfähiger Lösungen für die Städte von morgen positioniert. Das Unternehmen betrachtet dabei verschiedene Aspekte von Digitalisierung über Mobilität bis zu Energie, Gesellschaft, Klima, Infrastruktur und Ressourcen sowie die jeweiligen Wechselwirkungen. Und erarbeitet auf dieser Basis die Blue City, eine Stadt der Zukunft, die smart ist, nachhaltig und wirtschaftlich.

Im Sinne einer lebenswerten Zukunft reicht es nicht aus, einfach nur Wohnungen zu bauen.

Mithilfe von Mensch-Technik-Interaktion (MTI) sollen sich die Senioren dort künftig sicher und barrierefrei in der Stadt bewegen können.

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