Barrierefreies Bauen

Stapelbar und wirtschaftlich!

Die Umsetzung barrierefreier und rollstuhlgerechter Wohnungen gestaltet sich in der Praxis oft schwierig. Mit durchdachter Planung lassen sie sich jedoch leicht realisieren und im Geschosswohnungsbau wirtschaftlich übereinander anordnen.

Ein häufiges Vorurteil gegenüber dem barrierefreien Wohnungsbau im Standard DIN 18040-2 R für Rollstuhlfahrer ist die „angeblich schlecht“ realisierbare Stapelbarkeit mit anderen Wohnungen. Ein weiteres Vorurteil zeigt sich in Äußerungen, dass diese nur ein Spezialangebot für eine kleine Nutzergruppe wäre und die so geplanten Wohnungen nicht für andere „normale“ Mieter nutzbar und damit nicht vermietbar seien.

Bei intelligent geplanten Wohnungen, die sinnvoll die Bewegungsflächen in den Grundriss integrieren, trifft das keinesfalls zu. Maßstab der nachfolgend aufgeführten Beispiele waren die Wohnoberflächengrenzen des öffentlich geförderten Wohnungsbaus mit den Wohnungsgrößen der Tabelle 1 – WFB NRW. 

Die gewählte Zweizimmerwohnung mit 67 m² (für Rollstuhlnutzer wäre die Obergrenze 70 m²) entspricht sicherlich dem größten Bedarf, da hier für die meisten Wohnungssuchenden der Mietzins noch realisierbar ist.

Flexibel geplante Räume integrieren ausreichende Bewegungsflächen

Bei einer barrierefreien Wohnung nach DIN 18040-2 R sind im allgemeinen Bewegungsflächen in den einzelnen Räumen von mindestens je einmal à 150 cm x 150 cm vorzusehen. Sinnvollerweise sind diese in den ohnehin vorhandenen Bewegungsflächen anzuordnen.

Der Erschließungsflur ergibt sich aus diesem Mindestmaß. Im Grundriss (Bild 1) ist der vorgeschriebene Rollstuhlabstellplatz in der Wohnung vorhanden. Da viele Nutzer zum Verlassen des Hauses von einem Handrollstuhl in einen (oft sehr teuren) Elektrorollstuhl (Wert 6.000,- bis 10.000,- €) wechseln müssen, ist ein ausschließlich privater Zugriff auf diesen Abstellraum vorzuziehen.

Neben dem Bad und der Küche ist das Schlafzimmer der Raum, der hinsichtlich seiner Nutzungsmöglichkeiten für verschiedene Lebensphasen planerisch genau betrachtet werden sollte. In dem gezeigten Beispiel ist anhand der grün eingezeichneten Bewegungsflächen von 150 cm und 120 cm neben dem Bett ausreichend Platz.

Das Bad als planerischer Kernpunkt für die Stapelbarkeit

Um das anfangs wichtige Kriterium der Stapelbarkeit zu erfüllen, ist die Badplanung mit seinen durchgehenden Lüftungs- und Strangleitungen ein elementarer Punkt in der Wirtschaftlichkeit. Ebenso sind geschossübergreifende durchgehende Wände für die Machbarkeit entscheidend.

Die Grundausstattung sollte immer eine ebenerdige Dusche (durchgehend gefliest – ohne Kante) vorsehen. Auf diese sollte im Bedarfsfall eine Badewanne ohne großen Aufwand aufstellbar sein (in Bild 1 in Rot eingezeichnet). Das Waschbecken WBM 601 (Bild 3, www.wohnplan-b.de) bietet Haltemöglichkeit und die Nutzung als Handtuchhalter gleichzeitig. Unterfahrbar oder gut für die sitzende Nutzung des Waschbeckens geeignet ist es auch. Die Industrie stellt eine immer größere Anzahl von passenden Produkten zur Verfügung. 

Haltegriffe sollten immer nur nach Bedarf der jeweiligen Bewohner angebracht werden, da die Anforderungen doch sehr unterschiedlich sein können. Obligatorisch ist, dass die Wände für die jeweiligen Anbringungsmöglichkeiten geeignet sind. Bei Vorwandsystemen ist hier das TECEprofil Gerontomodul zu nennen, das auch im Nachhinein mit geringem Aufwand ein Montieren einer Vielzahl von gängigen Haltegriffen ermöglicht.

Hinsichtlich von Pflegesituationen ist gerade im Bad auch darauf zu achten, dass z.B. ein Rollator (vor allem bei barrierefreien Wohnungen im 18040-2 Standard) sinnvoll aufgestellt werden kann bzw. eine Hilfsperson zumindest von einer Seite unterstützend tätig sein kann. Wenn z.B. die Duschfläche ohne Kante durchgefliest ist, kann ein Rollator an jeder beliebigen Stelle für den Nutzer platziert werden. So ist es möglich, unnötiges Rangieren oder eventuelle Stolpergefahren zu vermeiden. Die freie Rollatorplatzierung erleichtert sehr mögliche Assistenzleistungen. 

Hilfreich sind auch Stellflächen bzw. Schrankflächen für Pflegeutensilien. Bei der in Bild 1 gezeigten kleinen Wohnung ist der Weg zwischen Schlafzimmer und Bad kurz, aber auch bei größeren Wohnungen sollte dieser so gering wie möglich sein. Auch Steckdosen für eine nächtliche Minimalbeleuchtung (im Flur) sollten vorgesehen werden.

All diese Anforderungen sind in den gezeigten Badbeispielen soweit wie möglich umgesetzt und durch die übereinanderliegenden Vormauersysteme auch einfach umsetzbar.

Optimale Stapelbarkeit umsetzen

Sinnvollerweise werden die Wohnungen gleichen Standards direkt übereinander errichtet. Eine Alternative ist, eine rollstuhlgerechte und eine barrierefreie (Bild 2) Wohnung übereinander anzuordnen. Da die Wände deckungsgleich übereinanderliegen sollten, erfolgt hier die Vorgabe durch das Bad und den Flur der rollstuhlgerechten Wohnung. Das Bad wird – bei gleicher Grundfläche – in der barrierefreien Wohnung mit einer zusätzlichen Badewanne ausgestattet. Der Flur ist etwas größer, kann aber durch den Bewohner mit entsprechender Möblierung sinnvoll genutzt werden. Der für die rollstuhlgerechte Wohnung zusätzlich notwendige Rollstuhlabstellplatz lässt sich in der barrierefreien Wohnung durch einen separaten Abstellraum ersetzen. 

Erleichtert wird eine optimale Planung nach den DIN 18040-Standards mit der Verwendung der in den Grundrissen gezeigten farbigen Bewegungsflächen (barrierefrei = orange, rollstuhlgerecht = grün). Wenn diese im CAD unterstützten Planungsprozess verwendet und die Geschosse übereinandergelegt werden, werden Abläufe transparent. Das jeweilige Verschieben von Flächen, Wänden und Möbeln erfolgt sehr zielgerichtet und führt schnell zu guten Ergebnissen.

Des Weiteren können diese farbigen Flächen im Antragsverfahren für öffentliche Gelder und die Baugenehmigung den Prüfenden sehr schnell einen Überblick der dargestellten und eingehaltenen Anforderungen geben.

Barrierefrei = Komfortabel = Sicher in allen Lebensphasen

Durch eine intelligente Grundrissplanung, durchdachte Details und eine sinnvolle Erschließung lassen sich komfortable, barrierearme bzw. barrierefreie Wohnungen mit dem geringst möglichem Aufwand im Neubau schaffen. Solche Wohnungen sind dauerhaft wertstabil, ermöglichen auch im Alter ein Verbleiben in der eigenen Wohnung und sorgen für eine geringere Mieterfluktuation sowie einen hohen sozialen Standard im gesellschaftlichen Miteinander. Von solchen intelligenten, komfortablen Lösungen profitieren nicht nur ältere Menschen oder Menschen mit Einschränkungen, sondern alle Bewohner in ihren jeweiligen Lebensphasen und auch Besucher mit Einschränkungen.

Gerade für viele Menschen im mittleren bis späteren Lebensalter ist eine Perspektive auf ein „lebenslanges“ Wohnen in einem für sie sicheren Umfeld (z.B. gut beheizbar, schwellenlos und mit Kommunikationsmöglichkeit zur Nachbarschaft) ein wichtiges Kriterium der Wohnungswahl (Quelle: empirische Untersuchungen aus READY – vorbereitet für altengerechtes Wohnen – Forschung für die Praxis – Zukunft Bauen 2013). 

Folgekosten vermeiden oder minimieren

Im bestehenden Wohnungsbau gibt es leider noch viel zu viele Barrieren, häufig zu geringe Bewegungsflächen, ungünstig angeordnete Sanitärgegenstände oder andere Hindernisse. Sie wurden und werden oft aus Unwissenheit geplant und umgesetzt.

Eine gezielte Barrierereduzierung (die letztlich zur Barrierefreiheit führt) fängt mit der bedingungslos schwellenlosen Erschließung von 0,00 cm an. Vor allem für Rollatorbenutzer und Rollstuhlnutzer und andere, die leicht stolpern, ein unverzichtbares Detail.

Das Problem von Schlagregennässe im Flurbereich lässt sich bei schwellenlosen Hauseingängen durch ein ausreichend großes Vordach deutlich reduzieren. Außerdem ist es in unserem doch häufig regnerischen Wetter angenehm, die Haustür im Trockenen aufschließen zu können.

Klingelanlage und Briefkasten sollten in einem zugänglichen Bereich bei 85 cm bis max. 130 cm über OKFF liegen. Gute Beleuchtung und eine Gegensprechanlage sind besonders für ältere und eingeschränkte Menschen ein wünschenswerter Sicherheitsaspekt.

Wenn zudem in allen genannten Bereichen auf eine kontrastreiche Gestaltung von Tür-zargen, Griffen, Schaltern, Handläufen und Treppenstufenmarkierungen geachtet wird, finden auch sehbehinderte Menschen (64% aller Deutschen sind Brillenträger, Quelle: IfD-Allensbach 2012) sicher ihre Hauseingangstür. Bis jetzt sind alle beschriebenen Maßnahmen im Neubau Standard und damit kostenneutral. 

Hinsichtlich der Investitionskosten wäre bei dem hier gezeigten Beispiel nur das eventuell verbaute Gerontomodul von TECE mit Mehrkosten gegenüber dem bisher herkömmlichen Standard zu benennen. Da sich damit aber erhebliche Mehrkosten in der Nachrüstung ersparen lassen, ist dieser Aspekt in der Gesamtbetrachtung doch wieder als reiner „Mehrkostenfaktor“ fraglich und diskussionswürdig. 

Fazit

Das aufgezeigte Maßnahmenpaket führt zur deutlichen Attraktivitätssteigerung der Immobilie durch Barrierefreiheit. Die recht hohen Ziele der DIN-Norm für barrierefreie Wohnungen 18040-2 lassen sich im Grundsatz verfolgen und umsetzen, auch mit einem geringeren Flächenverbrauch.

Unter Berücksichtigung aller Mindestmaßnahmen können hochwertige und komfortable Wohnungen angeboten werden, die zusätzlich einen barrierefreien Wohnalltag für viele Lebensumstände bereithalten. Das erzeugt bei Mietern und Käufern eine Sicherheit, die entsprechend honoriert wird. Weitere Informationen unter www.barriere-frei-bauen.de

Von intelligenten Lösungen profitieren alle Bewohner und Besucher mit Einschränkungen.

Sinnvollerweise werden Wohnungen gleichen Standards direkt übereinander errichtet.

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