Atempause oder Atemstillstand?

Susanne Klabe, Geschäftsführerin des BFW Landesverbandes Berlin/Brandenburg, spricht Klartext. Es geht um den Berliner Mietendeckel.

Seit dem 23. Februar 2021 ist das MietenWoG Bln, der Berliner Mietendeckel, ein Jahr in Kraft. Das Gesetz hat den Wohnungsunternehmen in der Hauptstadt viel abverlangt. Angefangen bei der praktischen Umsetzung eines schlecht gemachten Gesetzes, bis zu den finanziellen Einbußen, die spätestens durch den Absenkungsmechanismus seit Ende November 2020 bei den meisten Vermieterinnen und Vermietern entstehen. Der BFW Landesverband Berlin/Brandenburg hat die Auswirkungen des Mietendeckels seit seinem Inkrafttreten immer wieder analysiert. Niemanden wird es wundern: Im Ergebnis sind die Befürchtungen eingetreten, die der Verband und seine Mitglieder im Vorfeld des Gesetzes prognostiziert haben.

Ein Jahr Mietendeckel – das ist kein Grund zur Freude. Das Gesetz hat nicht zur Entastung auf dem angespannten Wohnungsmarkt geführt. Entlastung kann es nur durch Wohnungsneubau geben, der bislang zu rund drei Vierteln von der privaten Immobilienwirtschaft getragen wurde. Dieses Potenzial hat der Senat unter anderem mit dem Mietendeckel ausgebremst.

Die Unternehmen verabschieden sich aus dem Wohnungsneubau in Berlin, weil es ihnen zunehmend an Endinvestoren und Finanzierern fehlt, die bereit sind, am Standort Berlin in Wohnungen zu investieren. Schon jetzt haben die Mitgliedsunternehmen des BFW in Folge des Mietendeckels geplante Neubauvorhaben in einem Umfang von mehr als 9.000 Wohnungen zurückgestellt. Dabei handelt es sich nicht nur um hochpreisige Eigentumswohnungen, sondern in der Mehrzahl um Projekte, in denen auch preisgünstige Wohnungen mit Mieten von 6,50 Euro pro Quadratmeter nicht gebaut werden. Das ist die Kehrseite der Medaille von staatlich festgesetzten Mietobergrenzen.

Hinzu kommt: Die viel propagierte Atempause wird nicht für die Beschleunigung im Wohnungsneubau genutzt. Eine Studie der Bulwiengesa im Auftrag des BFW Berlin/Brandenburg hat ergeben, dass die durchschnittliche Bearbeitungszeit zur Festsetzung von B-Plänen in Berlin mittlerweile mehr als neun Jahre beträgt. Das ist absolut inakzeptabel. Wir fordern und erwarten vom Senat: Die Schaffung von Baurecht muss durch den Einsatz von mehr Fachpersonal sowie die Nutzung digitaler Prozesse beschleunigt und erleichtert werden. Zugleich muss die Blockade von Bauvorhaben durch immer wieder neu angeforderte Gutachten und unkoordinierte Verfahrensschleifen aufhören. Es fehlt an einer strukturierten Analyse, warum sich die Prozesse in Berlin stark verlangsamen. Ohne diese Analyse arbeitet am Ende mehr Personal vielleicht digitaler, aber die Prozesse sind nach wie vor schlecht.

Unsere Untersuchungen haben auch gezeigt: Die Entlastung durch den Mietendeckel kommt bei den Falschen an. Die größten Mietabsenkungen müssen für topsanierte Wohnungen in Berlins besten Wohnlagen vorgenommen werden, deren Mieterinnen und Mieter sich auf Grund ihrer hohen Einkommen große und teure Wohnungen leisten können und sich bewusst dafür entschieden haben, so zu wohnen. Geringverdiener profitieren hingegen kaum von Mietabsenkungen. Der Mietendeckel kommt also nicht bei den Berlinerinnen und Berlinern an, die ihn am nötigsten hätten. Auch ihnen hatte Berlin eine Atempause versprochen. Das zeigt: Der Mietendeckel ist keine Lösung für den Wohnungsmarkt, im Gegenteil, er hat die Spannungen weiter verschärft. Die Bilanz ist klar: Die teuer erkaufte Atempause gerät zum Atemstillstand.

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