Bauplanungsrecht; Bauleitplanung; Abwägung; Geruchsbelästigung
BauGB § 1 Abs. 7
Zur Frage, ob die „Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen“ auf die Pferdehaltung entsprechend anwendbar ist.
BVerwG, Beschl. vom 26. Juli 2011 - 4 BN 28.11 -
Aus den Gründen:
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Der Verwaltungsgerichtshof hat den Bebauungsplan selbständig tragend wegen zweier Verfahrensfehler im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB (2.1 der Entscheidungsgründe) und wegen drei - wiederum jeweils selbständig tragender - materieller Abwägungsfehler (2.2 der Entscheidungsgründe) für unwirksam erklärt. Als materiell abwägungsfehlerhaft hat er u.a. die textliche Festsetzung III.1.7 angesehen (2.2.1 der Entscheidungsgründe). Nach dieser Festsetzung sollen im eingeschränkten Dorfgebiet nur Nutzungen zulässig sein, die vom Geruch her nur schwach wahrnehmbar im Sinne der „Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen“ der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Festsetzung als im Ergebnis abwägungsfehlerhaft beanstandet, weil ein Konflikt zwischen bestehender landwirtschaftlicher Pferdehaltung auf Paddocks und heranrückender Wohnbebauung bei der Aufstellung eines Bebauungsplans nicht anhand der „Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen“ gelöst werden könne (Leitsatz). Die Unwirksamkeit der Festsetzung führe zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans insgesamt.
Ist die vorinstanzliche Entscheidung wie hier auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (Beschluss vom 19. August 1997 BVerwG 7 B 261.97 NJW 1997, 3328). Diese Voraussetzung ist in Bezug auf die Unwirksamkeit der textlichen Festsetzung III.1.7 nicht erfüllt.
1. Die Rechtssache hat insoweit nicht die von der Beschwerde geltend gemachte rechtsgrundsätzliche Bedeutung. Für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig hält sie die Frage, ob die „Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen“ auf die Pferdehaltung entsprechend anwendbar sind.
Diese Frage ist einer Klärung durch das Revisionsgericht nicht zugänglich. Die „Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen“ der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik (http://www.lfl.bayern.de/ilt/umwelttechnik/03551/linkurl_0_28_0_0.pdf) sind keine Rechtsnormen; es handelt sich vielmehr um ein Prognosemodell für die zu erwartenden Geruchsimmissionen der Rinderhaltung. Es beruht auf den u.a. durch Geruchsfahnenbegehungen gewonnenen Erkenntnissen
und Erfahrungen von Sachverständigen (a.a.O. S. 5). Die Auslegung eines solchen Leitfadens ist keine Rechtsanwendung, sondern Tatsachenfeststellung und daher nicht revisibel (vgl. Beschluss vom 7. Mai 2007 BVerwG 4 B 5.07 BRS 71 Nr. 168, dort zur VDI 3471 und der GIRL). Das gilt auch für die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die „Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen“ auf Pferdehaltung entsprechend anwendbar sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Einzelnen dargelegt, aus welchen tatsächlichen Gründen Pferdehaltung auf Paddocks hinsichtlich der Geruchsemissionen nicht mit einer Rinderhaltung in Stallungen verglichen werden kann (UA Rn. 45). An diese tatsächlichen Feststellungen wäre der Senat in einem Revisionsverfahren gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO).
Eine weitere, auf die Unwirksamkeit der genannten textlichen Festsetzung bezogene Grundsatzfrage zeigt die Beschwerde weder ausdrücklich noch sinngemäß auf (I.1 bis I.6 der Beschwerdebegründung).
2. Die Beschwerde macht weiter geltend, die angefochtene Entscheidung weiche von der bisherigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
zur entsprechenden Anwendbarkeit der „Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen“ ab (III. der Beschwerdebegründung). Eine solche Abweichung wäre, selbst wenn sie vorläge (zu den Unterschieden des vorliegenden Falles gegenüber den bisherigen Entscheidungen vgl. UA Rn. 43), kein Grund für die Zulassung der Revision. Gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht; obergerichtliche Entscheidungen sind nicht divergenzfähig im Sinne dieser Vorschrift.
3. Es bleibt eine Reihe von Einwänden gegen das angefochtene Urteil, die die Beschwerde als Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bezeichnet (II. der Beschwerdebegründung). Abgesehen davon, dass das Vorbringen insoweit nicht den Anforderungen an die Begründung einer Beschwerde genügen dürfte (zu diesen Anforderungen vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O.), wird nicht geltend gemacht, dass auch die Feststellung der Unwirksamkeit der textlichen Festsetzung III.1.7 (2.2.1 der Entscheidungsgründe) auf einem Verfahrensmangel beruhen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.