Fernab von rechten Winkeln
Kühn, unverwechselbar, die Sehgewohnheiten sprengend: Welcher Bauherr, welcher Architekt träumt nicht davon. Frei gestaltete Fassaden sind aktuell indes sehr teuer. Eine neue Systemlösung kann hier helfen.
Investoren und Projektentwickler stehen mehr denn je in einem klassischen Zielkonflikt. Die zunehmende Individualisierung der Gesellschaft auf der einen Seite, ökonomisch, ökologisch oder städtebaulich begrenzte Rahmenbedingungen auf der anderen sorgen für eine nachhaltige Verschiebung auch in der Planung werthaltiger Immobilien. Die Gebäude sollen (oder besser: müssen) beispielsweise weitestgehend den jeweiligen Wohn- oder Nutzungsvorstellungen entsprechen, also originär „zweckorientiert“ ausgelegt sein.
Zugleich aber haben sie sowohl den individuellen ästhetischen Vorstellungen wie den Ansprüchen, die Architektur im öffentlichen Raum generell zu erfüllen hat, Rechnung zu tragen. Hinzu kommen die Langfrist-Perspektiven, die eine solche Investition immer erfüllen muss: Wie lange tragen die in der aktuellen Vermarktungsphase definierten Leistungsmerkmale; ab wann und in welcher Form wird sich die Folgenutzung darstellen – wie „flexibel“ ist letztlich das Objekt in seiner Gesamtheit aufgestellt?
Simple, gewissermaßen „quadratisch-praktische“ Baukonstruktionen, die diese Ansprüche zumindest in Teilen abdecken könnten, verbieten sich vor dem Hintergrund eines daraus abgeleiteten, ganzheitlichen Ansatzes von selbst. Denn sie bedienen zwar die Basis der nachfrageseitigen, der bautechnischen und möglicherweise auch noch der städtebaulichen Bedürfnispyramide. Sie bringen aber weder die architektonische noch die soziokulturelle Nachhaltigkeit mit, die von Projekten innerhalb ihres Gemeinwesens erwartet wird.
Ein technisch und wirtschaftlich praktikabler, zugleich auch noch gestalterisch reizvoller Lösungsweg aus diesem Festlegungsdilemma könnte sich aber schon in naher Zukunft über das Freiform-Fassadendesign mit Parametric Concept von Schüco entwickeln: Durch dieses System wird es möglich sein, über die individuell gestaltete, vorgehängte Fassade die Begrenztheiten eines vorrangig zweckorientierten Baukörpers aufzubrechen und ihn zugleich um entscheidende technische und funktionale Leistungsmerkmale zu erweitern.
Das System
Parametric Concept ist eine konsequente Weiterentwicklung der bekannten Unternehmens-Systemfassaden. Ein erstes Ziel war es dabei, den architektonischen Trend hin zur Freiform-Fassade mit ihren komplexen, oftmals nur schwierig zu realisierenden Fassadenelementen so weit zu systematisieren, dass bei aller Individualität dennoch eine prozesssichere, wirtschaftliche Realisierung über alle Stufen der Wertschöpfungskette hinweg möglich wird. Das zweite Entwicklungsziel bestand in der Aufwertung der Fassadenelemente um zusätzliche, je nach Aufgabenstellung wahlweise aktive oder passive Funktionalitäten.
Typisch für solche Funktionalitäten ist – je nach Lage des Objektes und Positionierung an der Fassade – zum Beispiel die Ausrichtung des dreidimensionalen Fassadenelementes, um den solaren Wärmeeintrag zu steuern und über mögliche integrierte Photovoltaik-Elemente weitere energetische Gewinne zu generieren. In der Gesamtbewertung eines Objektes nach EnEV kann das für den Bauherrn die entscheidenden Prozentpunkte zur Gewährung von Fördermitteln oder zur Erreichung des Schwellenwertes für die anteilige Nutzung regenerativer Energien bringen.
Umgekehrt gilt: Wenn über das schon während der Planung mit entsprechenden Parametern besetzte Fassadenelement unerwünschte Wärmeeinträge in das Objekt verhindert werden, verringert sich auch automatisch die Kühllast im Gebäude – mit entsprechenden Einsparungen in der Betriebsphase bei den Kosten für Klimatisierung. Dieser Effekt dürfte zunehmend in gut gedämmten Objekten mit hohem Fensteranteil zum Tragen kommen.
Ein anderes, praxisnahes Beispiel für die breiten Möglichkeiten zur Optimierung von Gebäuden über die Systemlösung ist die blicklenkende Ausgestaltung der Fassadenelemente, durch die sich ohne zusätzlichen baulichen Aufwand eine Aufwertung einzelner Räume oder kompletter Einheiten erreichen lässt: Ginge zum Beispiel in der Bebauung von innerstädtischen Konversionsflächen der „ungestörte Blick“ aus dem Fenster möglicherweise auf eine frühere Abraumhalde oder ein Bahnhofsgelände, kann er durch die gezielte Ausgestaltung von Fensterelementen in der Fassade auf attraktivere Sichtachsen abgelenkt werden.
Ebenfalls denk- und machbar ist die Zuordnung unterschiedlicher Verglasungen (z.B. opak oder transluzent) zu einzelnen Fassadenelementen, abhängig von der definierten Nutzung der dahinter liegenden Räume. Verändert sich während der Planungsphase die Nutzungsbeschreibung, kann der Planer die Geometrie und Funktionalitäten der parametrisch geplanten Fassadenelemente den veränderten Rahmenbedingungen anpassen – schnell und kostengünstig wird also ein Maximum an Planungs- und Nutzungsflexibilität gewonnen.
Die Voraussetzungen
Um dieses Potenzial zu heben, ist eine Bibliothek mit „intelligenten“ und höchst flexiblen Fassadenelementen geplant. Über CAD Add-on-Tools können diese Elemente vom Planer nahezu beliebig im 3D-Modell miteinander kombiniert, variiert und konfektioniert werden – sind dabei gegebenenfalls aber immer miteinander vernetzt. Änderungen an einzelnen Elementen wirken sich dadurch direkt auf die gesamte Ausprägung der Fassade aus. Schon in der Planungsphase können also beispielsweise durch die geringfügige Verschiebung einzelner Parameter komplexe Optimierungsmöglichkeiten durchgespielt und ausgerichtet am Kosten-Nutzen-Verhältnis realisiert werden.
In diesem Zusammenhang: Perspektivisch betrachtet wird es sogar möglich sein, dieses Optimierungspotenzial über die Planungs- und Gestehungsphase hinaus bis hin zur Betrachtung der life-cycle costs eines Gebäudes auszudehnen. Das Stichwort „Building Information Modeling“ bekäme also eine bislang noch völlig unbekannte Tiefe, die weit über die heute gängige Bedeutung des Begriffes hinausgehen würde.
Die technische Machbarkeit der über die Festlegung von Parametern definierten Fassadenelemente ist im Übrigen ebenfalls immer gewährleistet, und zwar über eine Plausibilitätsprüfung und die in der Bibliothek hinterlegten Eckdaten zur statischen Vordimensionierung, zu den einschlägigen Normen und Regelwerken sowie nicht zuletzt zu den produktionstechnischen Anforderungen an die Bauteile. Das gibt von Anfang an zusätzliche Kostensicherheit.
Die Umsetzung
Über die variable 3D-Gestaltung führen die planerische Durchlässigkeit und das individuell mögliche Ausgestaltungspotenzial des Freiform-Fassadendesigns zu einem Komplexitätsgrad, der zwangsläufig auf die nachgelagerten Realisierungsstufen abstrahlt: Die über das System generierten Fassadenelemente anschließend manuell, beispielsweise mittels Schablone zu fertigen, wäre dadurch unwirtschaftlich. Von der ersten Idee des Architekten über die Ausführungsplanung des Fachplaners für Fassadentechnik bis zum Metallbauer vereinfacht stattdessen ein durchgängiges Arbeiten im 3D-Modell die Umsetzung.
Trotz des hohen Detaillierungsgrades, der mit jeder Umsetzungsstufe weiter wächst, gibt es also zwischen den Beteiligten keine Schnittstellenprobleme. Stattdessen gewinnt der (Weiter-)Verarbeiter zusätzliche Sicherheit, da mögliche Übertragungsfehler o.ä. nicht auftreten können. Der Umsetzungsprozess wird also deutlich effizienter und qualitativ wertiger, als dies bei der konventionellen Erstellung von Freiform-Fassaden bisher der Fall ist.
Für die Investoren wiederum dürfte außerdem die von Anfang an mögliche Kostenkontrolle durch den vom Entwurf bis zur Herstellung durchgängigen Systemgedanken ein gewichtiges Argument sein.
Fazit
Das Freiform-Fassadendesign mit einem System wie Parametric Concept hat gerade für Investoren und Projektentwickler, die eng mit ihrem städtebaulichen und gesellschaftlichen Handlungsraum verflochten sind, nicht nur den architektonischen Reiz ästhetisch umgebungswirksamer 3D-Fassaden, die zur Attraktivitätssteigerung des Quartiers und damit zur besseren Vermarktung der Objekte beitragen.
Mindestens ebenso wichtig wird der funktionale Mehrwert, der für diese Fassadenelemente schon in der Planungsphase festgelegt werden kann: In dem ganzheitlichen Ansatz aus technologischen Fassadeneigenschaften und der Nachhaltigkeit durch Ausführung und Wandelbarkeit über die zu erwartende Nutzungsdauer wird die Fassadenkonstruktion zu einem integralen Bestandteil des Gebäudes, mit dem sie als Nahtstelle zwischen Innen und Außen, als Bindeglied zwischen Wohnen/Arbeiten und Umwelt kontinuierlich interagiert und so für einen im Keim angelegten Entwicklungsprozess steht, der die Bauqualität für Investoren, Betreiber und Nutzer gleichermaßen auf ein ganz neues Niveau heben wird.
Schon in der Planungsphase können durch die geringfügige Verschiebung einzelner Parameter Optimierungsmöglichkeiten durchgespielt und ausgerichtet am Kosten-Nutzen-Verhältnis realisiert werden.
Der Umsetzungsprozess wird deutlich effizienter und qualitativ wertiger, als dies bei der konventionellen Erstellung von Freiform-Fassaden bisher der Fall ist.