Frische Luft für Tiefgaragen

Die Entlüftung und Entrauchung von Parkgaragen ist ein sensibles Thema. Zum einen kann sich Kohlenmonoxid ansammeln, zum anderen kann eine Parkpalette im Brandfall schnell zur Falle werden. Entsprechende Entlüftungstechnik erhöht die Sicherheit und senkt die Kosten.

Tiefgaragen sind Objekte vielfältiger Ambivalenzen. Kaum jemand möchte auf den Komfort verzichten, sein Auto nahe am Zielort zu parken. Gleichzeitig herrscht bei vielen Nutzern in Tiefgaragen ein beklemmendes Gefühl. Einkaufszentren animieren mit poliertem Granit, glänzendem Edelstahl und imponierender Architektur zum Verbleiben und Geldausgeben. Ihre Besucher hingegen empfangen sie mancherorts in tristen und verwinkelten Parkhäusern. Außerdem: Kaum ein öffentlich genutzter und freizugänglicher Gebäudeteil beherbergt so viel Gefährdungspotential aufgrund giftiger Abgase und Kraftstoffe wie eine Parkpalette, und trotzdem sind die normativen Vorgaben in puncto Entrauchung und Brandschutz sehr rudimentär. Nahezu jede Position der technischen Gebäudeausstattung steht bei einer Objektauslegung auf dem wirtschaftlichen Prüfstand. Die Einsparpotentiale, die in den „Tiefen“ öffentlicher Garagen liegen, werden dabei häufig übersehen.

Ein Schlüssel, um diese Ambivalenzen aufzulösen, ist die Wahl einer optimalen Entlüftungstechnik für Tiefgaragen. Denn Nutzbarkeit, gestalterische Freiheit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit werden durch das Belüftungskonzept maßgeblich mitbestimmt. Voraussetzung hierbei ist, einige Planungsklippen im Vorfeld zu kennen und zu umschiffen sowie das Wissen um das Strömungs- und Steuerungsverhalten verschiedener auf dem Markt befindlicher Lösungen.

Kanalentlüftung oder Jet-Ventilatoren?

In vielen Fällen ist es schon ein Fortschritt, die Systemfrage nach dem wirtschaftlichsten Belüftungskonzept für eine Tiefgarage zu stellen, denn häufig wird „traditionell“ ein Kanalsystem vorgegeben, ohne die Alternative – den Einsatz von Jet-Ventilatoren – zu kennen.

Ob für ein spezifisches Objekt die Kanalentlüftung der Tiefgarage sinnvoll ist oder die Installation von Jet-Ventilatoren, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es gibt jedoch eine recht zuverlässige Faustformel. Systemair, Hersteller von Ventilatoren, verfügt über ein Kompetenzteam für die Belüftung von Tiefgaragen und bietet beides an – Zu-/Abluftventilatoren und Jet-Ventilatoren. Die Erfahrungswerte aus hunderten von Projekten zeigen, dass sich Garagen bis 500 m² in der Regel wirtschaftlicher mit einem Kanalsystem entlüften lassen. Bei Flächen zwischen 500 und 1 000 m² ist eine genaue Analyse erforderlich. Bei Parkhäusern über 1 000 m² schlägt das „Sicherheits- und Kosten-Pendel“ meistens zugunsten von Jet-Ventilatoren aus. Auch spielen bei großflächigen Garagen die Freiräume im Zuschnitt eine bedeutendere Rolle. Jet-Ventilatoren eröffnen diese Freiräume, weil sie andere Brandschutzkonzepte möglich machen.

Kleinere Garagen, geringere Anforderungen

Tiefgaragen bis 500 m² werden in der Regel nicht öffentlich genutzt, also seltener frequentiert. Damit sind die gesetzlichen Anforderungen an den Luftaustausch geringer, was auch den Energiebedarf des Lüftungssystems in Grenzen hält. Laut den Garagenverordnungen der meisten Bundesländer liegt die stündliche Luftaustauschrate unterirdisch gelegener Garagen mit geringem Zu- und Abgangsverkehr bei 6 m³/m². Außerdem sind zusätzliche Rauch- und Brandschutzabschnitte aufgrund der kleinen Zellengröße nicht erforderlich. Ebenso wenig ist hier die Ausführung des Kanalsystems aus teurem feuerhemmenden oder feuerbeständigen Material notwendig – in der Regel sind Lüftungsleitungen aus einfachem verzinkten Blech ausreichend.

Unter diesen Prämissen stellen Kanalsysteme häufig die wirtschaftlichste Lösung dar, denn die Einsparpotentiale von Jet-Ventilatoren durch eine geringere Aufnahme elektrischer Leistung erreichen bei Klein- und Mittelgaragen bis 500 m² keine rechenbare Amortisationszeit und auch der Mehraufwand für die Installation eines Kanalsystems ist weniger gravierend.

Große Garagen, große Einsparmöglichkeiten

Was bei Tiefgaragen zwischen 500 und 1 000 m² Nutzfläche noch eine detaillierte Wirtschaftlichkeitsberechnung erfordert, ist bei unterirdischen Großgaragen nahezu in jedem Fall eindeutig: Jet-Ventilatoren bilden das günstigste Entlüftungs- und Entrauchungskonzept in puncto Bau-, Investitions- und Betriebskosten sowie Sicherheit und Gestaltungsfreiheit von Parkdecks. Gerade bei großen, geschlossenen Parkhäusern ist es daher lohnend, das Belüftungskonzept bereits in der Planungsphase des Grundrisses mit einzubeziehen: Sitzen Architekt, TGA-Planer und Fachingenieure des Herstellers von Belüftungsanlagen frühzeitig an einem Tisch, lassen sich die besten Ergebnisse erzielen, wenn folgende Eckpunkte abgestimmt werden:

– Die Positionierung der Zu- und Abluftpunkte bietet Einsparungspotential bei den Energiekosten. Bei einer aerodynamisch optimalen Anordnung der Zu- und Abluftöffnungen lässt sich die erforderliche Leistungsaufnahme pro Lüfter reduzieren. Wird eine Garage zum Beispiel in strömungsgünstiger Längsausrichtung luftdurchspült statt in der Breite, verringert sich die Stromaufnahme der Schublüfter im Normalbetrieb um bis zu 22 %.

– Auswirkung von Treppenräumen, Zwischenwänden, Unterzügen, Rampen etc. auf das Strömungsverhalten. Hier liegt das Einsparungspotential bei den Bau-, Investitions- und Energiekosten. Die von Jet-Ventilatoren erzeugten Impulse zur Luftbeschleunigung lassen sich zwischen den Zuluft- und Abluftpunkten gezielt ausrichten und stellen so die geforderten Luftaustauschraten innerhalb des Objekts sicher. Können durch überlegte Planung beispielsweise Einfahrten oder Rampen als Zuluftöffnungen genutzt werden, erübrigt sich eventuell der Bau von Schächten (mit den ggf. erforderlichen Zuluftventilatoren). Die in der Planungsphase noch mögliche strömungsgünstige Platzierung von Wänden und Räumen auf dem Parkdeck hat zudem unmittelbare Auswirkung auf die Anzahl der benötigten Jet-Ventilatoren in der Fläche. Je weniger Schublüfter ­installiert werden müssen, desto geringer sind die Investitionskosten und natürlich auch der Energiebedarf im laufenden Betrieb.

– Virtuelle Rauchabschnitte durch Jet-Ventilatoren bieten Einsparpotential bei den Bau-, Investitions-, und  Betriebskosten. Die Garagenverordnungen der Bundesländer schreiben mehrheitlich für Rauch- und Brandschutzabschnitte in geschlossenen Parkhäusern eine maximale Fläche von 2 500 m² vor. Wird eine automatische Löschanlage installiert, ist ein doppelt so großer Rauchabschnitt erlaubt. Ein möglichst offener Garagenzuschnitt lässt sich jedoch auch über Jet-Ventilatoren herstellen, denn mit der fachmännischen Platzierung von Schublüftern lassen sich „virtuelle“ Rauchabschnitte bilden. Der Wegfall von Brandschutzwänden und einer Sprinkleranlage verringert die Bau- und Investitionskosten und senkt die Betriebskosten – die jährliche Wartung von Sprinklern ist bekanntermaßen kostenintensiv.

Berechnungen des Herstellers Systemair zufolge lassen sich durch eine frühzeitige Einbindung der Belüftungstechnik in die Gesamtplanung und eine entsprechend fachkompetente Auslegung allein die Energiekosten um rund 80 % senken.

Zuverlässiger Schutz vor ­CO-Ansammlung

Die Frage, welches Belüftungskonzept einer Tiefgarage – ein Kanalnetz oder Jet-Ventilatoren – die wirtschaftlichere Lösung bietet, ist im Zweifelsfall durch eine Rentabilitätsrechnung zu klären. In Sicherheitsfragen sprechen die Antworten allerdings eindeutig für den Einsatz von Schublüftern.

Im Normalbetrieb steht der Schutz vor CO-Vergiftung in einer Tiefgarage im Mittelpunkt. Garagenverordnungen schreiben in der Regel als Obergrenze einen CO-Halbstundenmittelwert unter Berücksichtigung der regelmäßig zu erwartenden Verkehrsspitzen von nicht mehr als 100 ppm (= 100 cm³/m³) in einer Höhe von 1,5 m über dem Fußboden vor. Diese gesetzliche Vorgabe gilt pauschal als erfüllt, wenn in stark frequentierten geschlossenen Großgaragen die maschinelle Entlüftung einen Luftaustausch pro Stunde von 12 m³/m² gewährleistet. Empirische Messungen werden als Leistungsnachweis nicht verlangt. Da Kanalnetze lediglich an ihren Lufteinlässen einen Unterdruck erzeugen und Schadluft abziehen, bleiben so die typischen „Toträume“, in denen sich Kohlenmonoxid ansammeln kann, unentdeckt.

Jet-Ventilatoren sorgen hingegen überall für Luftbewegung, durchspülen sozusagen den gesamten Raum. Dabei werden CO-Emissionen nicht nur „aus allen Ecken“ sicher nach draußen transportiert, sondern auf dem Weg zur Abluftöffnung auch zusätzlich verdünnt. Die Luftqualität auf dem Parkdeck verbessert sich insgesamt durch dieses Prinzip, und CO-Ansammlungen werden zuverlässig verhindert.

In Verbindung mit CO-Sensoren, vorgeschrieben für Großgaragen, lässt sich durch die intelligente Steuerung der Jet-Ventilatoren außerdem zusätzlich Energie sparen. Detektiert ein Sensor den partiellen Anstieg der CO-Konzentration, lokalisiert die Steuerung den betroffenen Bereich und erhöht temporär die Schubkraft des dortigen Jet-Ventilators. Im Gegensatz dazu wird bei einem Kanalsystem im Falle erhöhter CO-Werte die Drehzahl aller Abluftventilatoren heraufgesetzt, da sich eine gesteuerte Abtrennung des Kanalnetzes kaum rechnet.

Dynamischer Brandschutz

Vornehmliche Aufgabe eines Lüftungssystems im Brandfall ist es, Rauchfreiheit zum Atmen und freie Sicht zur Eigen- und Fremdrettung herzustellen. Auch hier zeigen Schublüfter Sicherheitsvorteile, wie folgendes Szenario verdeutlicht: Die Brandmeldeanlage (BAM) der Tiefgarage registriert auf dem Parkdeck U2, Stellplatz 263, Rauchentwicklung – ein Motorenbrand, wie sich später herausstellt. Die BMA gibt als potentialfreies Signal diese Information an die Steuerung der Jet-Ventilatoren weiter. Hier wird in Sekundenbruchteilen der kürzeste Weg zur Abluftöffnung ausgewertet, allerdings unter Berücksichtigung des rauchfrei zu haltenden Verlaufs der Flucht- und Rettungswege. Daran angepasst fahren im betroffenen Bereich die Schublüfter mit dynamisch berechneter Drehzahl hoch und leiten auf gezielt erzeugtem Strömungsweg Rauch und Wärme zum Abluftpunkt ab.

Dynamisch ist dabei nicht nur die Drehzahlregelung, sondern auch die Luftrichtung der Schublüfter. Bei dem geschilderten Brandfall schaltet die Steuerung nämlich einige der reversiblen Jet-Ventilatoren automatisch um. Die zur ursprünglichen Ausrichtung entgegengesetzte Schubrichtung hält so einen Hauptfluchtweg rauchfrei.

Im Vergleich von kanal- zu strömungsbasierter Entrauchung belegen zahlreiche Versuche – von unabhängigen Instituten ebenso wie von Herstellern wie Systemair –  eine drastisch verbesserte Sichtfreiheit durch den Einsatz von Jet-Ventilatoren. Das kommt auch dem Feuerwehrangriff zugute. Weitere Vorteile ergeben sich aus geringeren Folgeschäden durch einen Brand: Die Luftströmung kühlt die Gebäudekonstruktion wirkungsvoll, und Wasserschäden in Folge von Sprinklerauslösung entstehen nicht. Viele Feuerversicherungen honorieren daher ein solches Brandschutzkonzept durch reduzierte Beiträge.

Fazit

Jet-Ventilatoren ermöglichen gerade in geschlossenen Tiefgaragen eine deutliche Reduzierung der Bau- und Investitionskosten, zugleich ein nachhaltiges Absenken der Betriebskosten. Hinzu kommen zahlreiche Sicherheitsvorteile und gestalterische Freiräume. Sinnvoller Weise sollten TGA-Ingenieure die Fachkompetenz der Hersteller in Anspruch nehmen und bei Architekten für die frühzeitige Einbindung noch während der Planungsphase des Grundrisses plädieren. So entsteht statt eines tristen und verwinkelten Parkhauses eine einladende und großzügige „Empfangshalle“, die im Normalbetrieb CO-Ansammlungen zuverlässig verhindert und im Brandfall Rauch leistungsstark ableitet.

Die Platzierung der Jet-Ventilatoren hat Einfluss auf ihre Anzahl.

Dynamisch ist auch die Luftrichtung der ­Schublüfter. Im Brandfall schaltet die Steuerung einige der ­reversiblen Jet-Ventilatoren automatisch um.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 7-8/2015 Lüftung

Doppelnutzung: Lüften und Entrauchen

Dass Todesopfer durch Gebäudebrände in Deutschland seit Jahren rückläufig sind, ist nicht zuletzt dem hierzulande konsequent umgesetzten vorbeugenden und technischen Brandschutz zu verdanken: Das...

mehr
Ausgabe 03/2023 Neue Muster-Garagenverordnung

Vielleicht zeitgemäßer – aber auch sicherer?

Die Ursprünge der Muster-Garagenverordnung (M-GarVO) gehen auf Anfang der 1990er Jahre zurück; die Erstfassung datiert aus Mai 1993. VW stellte damals auf der IAA den ersten „Golf mit Rucksack“,...

mehr
Ausgabe 3/2013

Ständig unter Druck: Sicherheitstreppenräume

Ob mit dem „Burj Mubarak Al-Kabir“ in Kuweit künftig das höchste Gebäude der Welt stehen und die magische 1.000-m-Marke überschreiten wird, ist aktuell noch Spekulation. Auch über die...

mehr
Ausgabe 11/2019 Impulsventilatoren

Jetzt mit EC-Technologie

Die radialen Impulsventilatoren IVR von Helios sind seit Jahren dank ihrer flachen Bauweise am Markt etabliert. Nun präsentiert der Lüftungshersteller eine komplett überarbeitete Produkt­serie mit...

mehr
Ausgabe 03/2020 Simulation

Virtuelle Brände

Die Entrauchung bei Bränden ist eine lebensrettende Maßnahme. Sie trägt auch dazu bei, dass Feuerwehrleute risikominimiert arbeiten können. Wie viele Deckenventilatoren wo für den optimalen...

mehr