Gut geschätzt!
Wenn Nutzer den Zugang zur Wohnung verweigern oder Messgeräte defekt sind, dürfen Vermieter oder Abrechnungsdienstleister die Verbrauchswerte schätzen. Was ist dabei zu beachten?
Nach § 9a Heizkostenverordnung darf der Vermieter den anteiligen Wärme- und Warmwasserverbrauch von Nutzern für einen Abrechnungszeitraum schätzen, wenn der Verbrauch „wegen Geräteausfalls oder aus anderen zwingenden Gründen“ nicht ordnungsgemäß erfasst werden kann. Schätzungen sind also nur im Notfall zulässig, etwa wenn Messgeräte defekt sind, die Bewohner auch beim zweiten Ableseversuch nicht vor Ort sind oder wenn sie den Ablesern den Zugang zur Wohnung verweigern. Höchstens 25 % der Wohn- oder Nutzfläche eines Gebäudes darf von der Schätzung betroffen sein. Überschreitet die betroffene Fläche diesen Grenzwert, muss das gesamte Gebäude für alle Bewohner nach Quadratmetern abgerechnet werden.
Wahl zwischen drei Methoden
In der Heizkostenverordnung (§ 9a, Absatz 1) sind drei Schätzmethoden vorgesehen. Letztendlich entscheidet der Vermieter oder der Messdienstleister, welches Verfahren er je nach Situation anwendet.
Abgesehen von den drei Schätzmethoden, die die Heizkostenverordnung vorsieht, nutzen viele Vermieter und Abrechnungsdienstleister Hochrechnungen – laut Bundesgerichtshof ebenfalls ein zulässiges Verfahren. Sinnvoll sind Hochrechnungen vor allem, wenn Messgeräte verspätet eingebaut wurden und nur ein verkürzter Zeitraum erfasst ist: etwa ein Warmwasserverbrauch für acht statt zwölf Monate. Die fehlenden vier Monate werden dann auf Basis der vorhandenen Werte berechnet.
Hinweis in der Abrechnung
Die Erfahrungen aus der Praxis von Minol (www.minol.de) zeigen, dass die meisten Mieter Schätzwerte akzeptieren und keine detaillierten Informationen zu den Berechnungen verlangen. Das würde die Abrechnung nur komplizierter machen. In der Regel reicht es deshalb vollkommen aus, in der Abrechnung kurz auf die Schätzung und das angewandte Verfahren hinzuweisen. Bei Bedarf liefern Abrechnungsdienstleister in der Regel eine detaillierte Aufstellung nach.
Ablauf in den Folgejahren
Bei Messgeräten mit fortlaufender Anzeige wie Wasser- oder Wärmezähler wird der Schätzwert aus dem Vorjahr mit der Ablesung im darauffolgenden Jahr ausgeglichen. Anders bei Geräten, die nach Ablauf der Abrechnungsperiode wieder bei null anfangen: Sie geben für jedes Jahr einen eigenständigen Messwert an, deshalb werden keine Schätzdifferenzen aus dem Vorjahr abgezogen oder addiert. Das gilt zum Beispiel für elektronische Heizkostenverteiler. Bei Verdunstern ist ein Ausgleich aus technischen Gründen nicht möglich: Die festgeschriebene Zusatzmenge an Messflüssigkeit, welche die Kaltverdunstung im Sommer kompensiert, ist nach einem Jahr aufgebraucht. Wird sie dann nicht wieder aufgefüllt, ist der Verbrauch im darauffolgenden Jahr unverhältnismäßig hoch. In solchen Fällen wird der Verbrauch für beide Abrechnungszeiträume geschätzt.
Rechte und Pflichten rund um die Ablesung
Grundsätzlich müssen Mieter die Ablesung ihrer Messgeräte ermöglichen. Für Eigentümer und Vermieter gibt es jedoch keine standardisierten gesetzlichen Sanktionsmaßnahmen, mit denen sie die Ablesung durchsetzen könnten. Als letzter Schritt bleibt ihnen nur, per Gericht eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Einige Vermieter wollen säumige Mieter zudem mit Schätzzuschlägen abstrafen. Dafür gibt es jedoch keine Rechtsgrundlage. Umgekehrt haben Mieter, etwa bei einem Geräteausfall, kein Kürzungsrecht bei geschätzten Abrechnungen. Schließlich sind die Schätzmethoden in der Heizkostenverordnung gesetzlich festgelegt.
Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass die meisten Mieter Schätzwerte akzeptieren und keine detaillierten Informationen zu den Berechnungen verlangen.