Bezahlbarer Wohnraum

Hybrid aus Zeilenbau, Block und Hof

Die Siedlung Schillerpark in Berlin-Wedding gehört zum Unesco-Weltkulturebe. Direkt gegenüber wurde die Siedlung Schwyzer Straße errichtet, die im Februar mit dem Deutschen Ziegelpreis 2017 in der Kategorie „Monolithische Bauweise“ ausgezeichnet wurde. Sie führt das historische Architekturkonzept fort und ist als generationsübergreifendes Projekt mit bezahlbarem Wohnraum konzipiert.

In Berlin-Wedding baute die Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 (BBWO 1892) die Siedlung Schwyzer Straße. Bei der Planung musste das Architekturbüro Bruno Fioretti Marquez nicht nur den Wunsch nach einer wirtschaftlichen Bauweise beachten, sondern sich auch mit der Architektur der gegenüberliegenden Siedlung Schillerpark aus den 1920er-Jahren auseinandersetzen. Seit 2008 zählt sie zum Unesco-Weltkulturerbe. Es galt, das Architekturkonzept des renommierten Architekten und Stadtplaners Bruno Taut weiter zu führen und mit Anforderungen zeitgemäßen Bauens in Einklang zu bringen. Das Büro wurde mit seinem Entwurf Sieger im nichtoffenen Planungswettbewerb. Die Jury lobte das schlüssige Konzept des Hybrids aus Zeilenbau, Block und Hof, welches den besonderen Anforderungen an den Standort entspreche. Die städtebauliche Figur, die auf einem Konstruktionsmodul basiert, ist Grundlage für gut nutzbare und flexibel anzuordnende Grundrisse. Das Maß des Moduls beträgt 6,50 m auf 3,75 m. Für die monolithische Mauerwerkskonstruktion wurden dämmstoffverfüllte Poroton-Ziegel S10-MW in der Stärke 42,5 cm verwendet.

„Unser Ziel war es, generationsübergreifenden und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, der sich sowohl an den Traditionen des Schillerparks als auch an aktuellen Gegebenheiten orientiert“, erläutert Ines Schenke, Architektin bei der BBWO 1892. Gemäß dieser Vorgaben entstanden hier 73 Ein- bis Vierzimmerwohnungen, eine Senioren-WG mit zehn Zimmern und ein Café. 31 Wohnungen sind barrierefrei errichtet, zwei davon rollstuhlgerecht. Die Unterbringung von Kinderwagen und Rollstühlen ist in leicht zugänglichen Räumen in den Eingangsbereichen möglich.

Stilprägender sozialer Wohnungsbau

Die gegenüberliegende Siedlung Schillerpark wurde zwischen 1924 und 1930 im Stil der Berliner Moderne errichtet. Sie war für den sozialen Wohnungsbau nach dem Ersten Weltkrieg prägend. Mit klaren Formen sowie sozialem Anspruch setzte diese Programmatik außerdem wichtige Akzente für den Städtebau des gesamten 20. Jahrhunderts. Herausragender Vertreter war der Architekt und Stadtplaner Bruno Taut. Seine Entwürfe für den Schillerpark sind schlicht gehalten. Die Gebäude besitzen ausgewogene Lochfassaden – Fenster und Farben sind präzise gesetzt. „Es war uns wichtig, diese schlichte, konzentrierte Einfachheit für die Siedlung Schwyzer Straße zu adaptieren“, erläutert Rainer Schmitz, Projektleiter bei Bruno Fioretti Marquez.

Das viergeschossige Gebäude folgt dem Verlauf der umliegenden Straßen und bildet einen geschützten Hof als grünes Zimmer für Gemeinschaft und Erholung. Die großzügigen Durchgänge an den Gebäudeecken schaffen Bezüge zur gegenüberliegenden Taut-Siedlung und zu den Grünflächen des Schillerparks. „Die einfache Figur des Ensembles haben wir durch die Aufnahme örtlicher Besonderheiten gebrochen“, erläutert Rainer Schmitz. „Das sind bewusste Anleihen bei Bruno Taut.“

Monolithisches Ziegelmauerwerk für nachhaltiges Wohnen

„Um eine nachhaltige Bauweise nach dem Vorbild Tauts zu erreichen, haben wir uns für eine monolithische, verputzte Mauerwerkskonstruktion aus dämmstoffverfüllten Poroton-Ziegeln entschieden. Damit erreichten wir architektonisch unser Ziel und nutzen gleichzeitig die Vorteile des Ziegels“, so Schmitz. Trotz der sehr hohen Anforderungen an Statik, Brand-, Wärme- und Schallschutz konnte die Mauerwerkskonstruktion fast vollständig mit Ziegeln gestaltet werden. Um eine ausreichende Belüftung zu gewährleisten, gleichzeitig den Straßenlärm zu minimieren, sind die Wohnungen mit besonderen Schalldämmlüftern ausgestattet, die in den Laibungen und nicht im Fenster integriert sind.

Anforderungen an EnEV 2009 mühelos erfüllt

Die Anforderungen an die EnEV 2009 sowie der aktuellen EnEV wurden mit einem U­-Wert von 0,20 W/m²K für die Außenwand mühelos erfüllt. Möglich macht es die Kombination aus dammstoffverfüllten Poroton-Ziegeln, Wärmedämmputz und hochwertigen Holzfenstern. Das Flachdach ist extensiv begrünt. Heizung und Warmwasserbereitung werden zentral per Fernwärme gespeist.

Wo es aus statischen Gründen notwendig war, griffen die Planer bei tragenden Wänden auf eine Kombination aus Stahlbeton und Poroton-Ziegeln oder betonverfüllten Planfüllziegeln zurück. So bei den Auskragungen und Überspannungen an den beiden Eckdurchgängen des Komplexes oder bei den Erdgeschosswohnungen, die sich über der Tiefgarage befinden. Um die benötigten Wärmedämmwerte und den einheitlichen Putzgrund sicher zu stellen, wählten die Planer an solchen Stellen die Wärmedämmfassade Poroton-WDF.

Wirtschaftlich bauen für Generationen

Als weitere Pluspunkte einer Ziegelbauweise ohne zusätzliche Außendämmung sieht der Projektleiter Nachhaltigkeit sowie geringe Wartungs- und Instandhaltungskosten. „Genauso wichtig wie ein mineralischer Außenputz war uns, die Wohnungen mit klassischen Holzdielen in 3 cm Stärke und mit Fenstern in Holzkonstruktion auszustatten. Mit Hilfe dieser Materialien gelang es uns, Details des Gebäudes wie in der Tautsiedlung präzise herauszuarbeiten.“

Neben den zahlreichen bauphysikalischen Vorteilen der eingesetzten Poroton-Ziegel dürften für die Bewohner in erster Linie die Wohlfühlaspekte zählen. Denn Ziegel verfügen bekanntermaßen über hervorragende Regulierungseigenschaften hinsichtlich Feuchte und Wärme. „In einem Ziegelgebäude fühlt man sich einfach wohl“, bringt es Rainer Schmitz auf den Punkt. Auch deshalb geht Ines Schenke von der BBWO 1892 davon aus, dass das neue Quartier eine vergleichbare Identifikation der Bewohner mit ihrem Zuhause schaffen kann wie die benachbarte Schiller-Siedlung. Dort leben manche Familien bereits seit mehreren Generationen. „Wir sind überzeugt, dass uns dies auch mit der Schwyzer Straße gelingt.“

Das Bauprojekt wurde budget- und fristgerecht abgeschlossen. Als Gründe nennt Ines Schenke einerseits die gute Planung, andererseits das gute Zusammenspiel des Wienerberger Projektmanagements mit der Berliner Baufirma Anes Bauausführungen, die die Ziegel exzellent verarbeitet habe. Ines Schenke: „Wir werden die guten Erfahrungen mit Ziegel in weiteren Gebäuden fortsetzen.“

Die städtebauliche Figur basiert auf einem Konstruktionsmodul basiert und ist Grundlage für gut nutzbare und flexibel anzuordnende Grundrisse.

Das viergeschossige Gebäude folgt dem Verlauf der umliegenden

Straßen und bildet einen geschützten Hof als grünes Zimmer für Gemeinschaft und Erholung.

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