Bauen im Bestand

Vakuum-Isolations-Paneelen: Hyperschlank dämmen

Um die Anforderungen der Energieeinsparung zu erfüllen, benötigen Gebäude im Bestand bei einer energetischen Sanierung eine nachträglich aufgebrachte Wärmedämmung. Für Innendämmung bieten sich Vakuum-Isolations-Paneelen (VIP) an. Sie sind sehr effizient, doch noch relativ unbekannt. 

Bei der energetischen Sanierung von Gebäuden mit erhaltenswerter oder denkmalgeschützter Fassade verbietet sich eine nachträgliche Dämmung auf der Außenseite. Als Alternative bleibt nur die raumseitige Dämmung. Um den Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) zu genügen, würden sich bei konventionellen Dämmstoffen Schichtdicken zwischen 20 und 40 cm ergeben. Allein aufgrund des erheblichen Raumverlustes stellt ihr Einsatz als Innendämmung daher keine praktikable Lösung dar. Hinzu kommt der architektonisch wenig attraktive „Schießscharteneffekt“, der sich durch dicke Altbaumauern und große Dämmschichtdicken im Bereich der Fenster ergibt. Um diese Auswirkungen auf ein akzeptables Minimum zu reduzieren, bietet sich hier der Einsatz von Vakuumdämmung in Form von Vakuum-Isolations-Paneelen (VIP) an – eine mögliche Variante schlanker, raumsparender Innendämmung, sofern man weiß, worauf es ankommt.

Ein VIP für Anwendungen im Baubereich besteht heute meist aus pyrogener Kieselsäure, einem feinstrukturierten Siliziumdioxidpulver, das – zu einer Platte verpresst – mit einer dünnen, metallbeschichteten Kunststofffolie, einer so genannten Hochbarriere-Verbundfolie umhüllt, anschließend luftleer gepumpt und im Vakuum dauerhaft gasdicht verschlossen wird. Im Aussehen ähnelt ein Folien-VIP vakuumverpacktem Kaffeepulver.

Die VIP-Technologie eröffnet Chancen auf grazile, hochwärmedämmende Bauteile im Neubau und in der Sanierung. Die Wärmeleitfähigkeitswerte der Paneele liegen zwischen 0,004 und 0,008 W/mK, die von herkömmlichen Dämmmaterialien zwischen 0,030 und 0,060 W/mK. Bei gleicher Dämmleistung fällt demnach eine VIP-Dämmung vier bis 13 Mal schlanker aus – ein entscheidendes Argument.

Einsatz will gut überlegt sein

Vom ersten Gedanken, VIP einzusetzen, über die erfolgreiche Verarbeitung bis hin zur gewünschten funktionstüchtigen Wärmedämmschicht, sind einige wichtige Dinge zu beachten. Dazu gehört das Wissen um den erhöhten Planungsaufwand. Bei der Gesamtkalkulation ist zudem zu berücksichtigen: VIP können ihre Mehrkosten ggf. dadurch wettmachen, dass mit ihnen im Vergleich zu herkömmlichen Dämmstoffen aufgrund ihrer Schlankheit mehr vermiet- oder verkaufbare Wohnfläche erhalten werden kann.

Damit die Paneele so vorgefertigt werden können, dass sie beim Einbau perfekt passen, sind ein exaktes Aufmaß und detaillierte Verlegepläne unerlässlich – denn ein Zuschneiden auf der Baustelle ist nicht mehr möglich. Einige Hersteller bieten zur Erstellung von Verlegeplänen kostenfreie Hilfsprogramme an. Sie ermitteln die erforderliche Menge an Platten und machen einen Verlegevorschlag für die optimale Ausnutzung der Flächen. Außerdem werden die Ergänzungsflächen ermittelt, die mit anderen, zuschneidbaren Stoffen zu dämmen sind. Wegen des erhöhten Wärmestromes im Randbereich der Elemente sollte man möglichst große Dämmpaneele wählen und sich auf wenige Standardgrößen beschränken. Dadurch lassen sich Kosten sparen, denn Sonderformate sind teurer. Die Paneele werden in unterschiedlichen Formaten mit einer maximalen Größe von 1,25 x 3 m  und in Dicken mit einer Abstufung von 5 mm von 20 bis 50 mm produziert.

In der praktischen Anwendung besteht die Gefahr, die Hülle der Dämmpaneele zu verletzen. Die bauaufsichtlichen Zulassungen für VIP fordern daher, dass nur speziell geschultes und zertifiziertes Personal die Ausführung der Arbeiten vornehmen darf. Das gilt sowohl für reine VIP als auch für solche, die über einen mechanischen Schutz in Form von Abdeckungen aus Holzwerkstoffen, Glas, Aluminium, Edelstahl oder anderen Materialien verfügen.

Architekten sollten daher nur mit bauerfahrenen und planungskompetenten VIP-Herstellern zusammenarbeiten. Die Leistungen solcher Hersteller umfassen neben der konstruktiven und bauphysikalischen Beratung auch die Erstellung der Verlegepläne und die Einweisung des Montagepersonals.

VIP gehören heute zu den marktüblichen Dämmprodukten

VIP werden seit vielen Jahren im Bau eingesetzt. Zahlreiche Hersteller und Anwender haben die Idee der hocheffizienten Wärmedämmung in den letzten 15 Jahren aufgegriffen und ständig weiterentwickelt. Projekte mit Vakuumdämmpaneelen waren anfangs vorwiegend experimentierfreudigen Bauherren und Planern zu verdanken oder es handelte sich um staatlich geförderte Forschungs- oder Demonstrationsprojekte, die im Verbund von Instituten und Projektpartnern aus Industrie und Gewerbe durchgeführt wurden. Ziel war, Anwendungstechniken für Vakuumdämmungen im Gebäudebereich zu entwickeln und ihre Praxistauglichkeit aufzuzeigen.

Inzwischen sind VIP marktüblicher Bestandteil der Programme aller großen Bauprodukte-Lieferanten. Die Paneele werden außer als Innendämmung auch als Decken- oder Fußbodendämmung, als Terrassendämmung, aber auch als Haustürfüllungen und Fassadenelemente verwendet. Für viele Anwendungen liegt eine Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (AbZ) des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) vor, oft auch eine Europäische Technische Zulassung (ETA – European Technical Approval).

Eine weit reichende Bedeutung kommt schließlich der genauen Abwägung des Verhältnisses Aufwand/Kosten bzw. der Chancen und Risiken zu, die man mit dem Einsatz von VIP – aber auch anderer Innendämmungen – und der damit verbundenen Luftdichtheits- und Wärmebrückenproblematik eingeht. Va­­kuumdämmung bietet großes Potenzial und hat sich inzwischen vielfach bewährt. Architekten, die VIP schon eingebaut haben, sehen große Vorteile vor allem im Bereich der Fußboden- und Terrassendämmung so­­wie bei der Dämmung von Fassaden und Dächern. Sie sind auch aufgrund der über die Jahre verbesserten Produktqualität und der gesunkenen Preise inzwischen eine Alternative zu herkömmlichen Dämmstoffen. Dagegen gilt ihr Gebrauch als Innendämmung für Außenwände noch als Spezialgebiet, bei dem Planer die technische Beratung der Hersteller in Anspruch nehmen sollten.

Wärmebrücken lassen sich nicht ganz ausschließen

Bei einer Wand mit zusätzlicher Wärmedämmung – ob innen oder außen – erfolgt der Temperaturabfall hauptsächlich an der Wärmedämmschicht. Die Wand wird entweder komplett kalt (Innendämmung) oder komplett warm (Außendämmung). Probleme mit Feuchtigkeit bei der Innendämmung resultieren aus der im Allgemeinen hohen Sperrwirkung der Wand für Wasserdampf. Daher muss verhindert werden, dass warme Raumluft, die viel Feuchtigkeit enthält, an kalte Stellen gelangt, wo sie kondensiert. Dieses Problem stellt sich generell bei der Innendämmung. Bei der Verwendung konventioneller Dämmstoffe ist daher in diesem Fall raumseitig eine zusätzliche dampfdiffusionshemmende Folie aufzubringen. Da VIP viel dichter sind als solche Folien, müssen hier „lediglich“ die Stoßstellen und die Anschlüsse an andere Bauteile abgedichtet werden. Zugleich bergen aber gerade diese Bereiche den größten Unsicherheitsfaktor, wenn es um Wärmebrücken geht.

Wärmebrücken im Bestand

Die Vermeidung bzw. Reduzierung von Wärmebrücken zählt bei den VIP zu den besonderen planerischen Herausforderungen. Denn in dem Maße wie durch den Einsatz von VIP die Schichtdicke der Wärmedämmung verringert werden kann, verschärft sich leider auch das Problem der Wärmebrücken. Neben der sorgfältigen Planung ist daher vor allem die fachgerechte Ausführung der VIP-Innendämmung das A und O für ihre spätere Funktionsfähigkeit. Das setzt voraus, dass die Stoßfugen der Dämmpaneele ordnungsgemäß abgedichtet werden und dass Gauben, Erker, Fenster und Durchbrüche dampfdiffusionshemmend angeschlossen sind. Gerade Fenster sind hier aufwändig und die Arbeiten im Detail oft schwierig auszuführen.

Überhaupt ist eine energetisch hochwertige Lösung im Bestand um vieles schwieriger herzustellen als im Neubau. So ist es bei Sanierungen oftmals nicht möglich, eine durchgehende Dämmebene anzubringen oder die Dichtheit mit üblichen Mitteln sicherzustellen. Bauliche Zwänge können energetisch gute Lösungen erschweren und Sanierungen sehr aufwändig werden lassen. Hat man z. B. eine in die Außenwand einbindende Decke und dämmt auf der Innenseite mit VIP, ergeben sich Wärmeverluste im Bereich der Deckenplatte, da die Dämmschicht durch die Decke unterbrochen ist. Je nach Temperaturunterschied im Übergangsbereich Decke/Wand kann es hier zu Tauwasser und Schimmelbildung kommen. Da das Prinzip der durchgehenden Dämmebene in einem solchen Fall nicht eingehalten werden kann, müssen ersatzweise die einbindenden Bauteile im Randbereich, sprich Boden und Decke, großzügig mitgedämmt werden. Hierfür eignen sich VIP allerdings sehr gut, weil sie nicht auftragen.

Während Wärmebrücken im Neubau inzwischen ausreichend erforscht sind und es viele Detaillösungen gibt, um sie zu vermeiden, sind im Gebäudebestand viele Sanierungslösungen genau auf das jeweilige Objekt zu­­geschnitten. Denn die oft sehr speziellen Wärmebrückenprobleme erfordern eine an den Einzelfall angepasste Lösung. Es scheint jedoch, dass sich Wärmebrücken beim Einsatz von VIP als Innendämmung nicht ausschließen lassen. Hier ist die Sensibilisierung der Planer unbedingt notwendig, damit energetische Sanierungen nicht in einem Bauschadensprozess enden.

Sorgfältige Ausführung ist besonders wichtig

Für die Innendämmung lassen sich VIP mit speziellen Klebern oder einem Schienensystem vollflächig an der Wand befestigen. Dabei müssen die Fugen mit einem Dampfsperre-Klebeband abgedichtet werden. Un­­­ebenheiten des Untergrundes können durch eine Zwischenlage aus Faserdämmstoff ausgeglichen werden, um hinterströmbare Hohlräume zu vermeiden.

Selbstverständlich dürfen die Paneele nicht durchbohrt werden. Damit die Bewohner die Innenwände dennoch uneingeschränkt nutzen können, ohne die VIP durch den sprichwörtlichen Nagel zum Aufhängen eines Bildes zu beschädigen, ist es ratsam, der Vakuumdämmschicht eine feste Putzträgerplatte oder besser noch eine 2 bis 5 cm starke Trockenbau-Konstruktion oder Ähnliches vorzusetzen. Danach lassen sich Gegenstände mit Hohlraumdübeln an der Wand befestigen. Die Gesamtdicke des Aufbaus für die Innendämmung liegt inklusive Deckschichten, Vorsatzschale und raumseitiger Bekleidung zwischen 6 und 12 cm.

Doch selbst bei Verletzung der Vakuumhülle ist die Dämmwirkung immer noch doppelt so hoch ist wie bei konventionellen Dämmstoffen gleicher Dicke. Die Wärmeleitfähig (Lambda-Wert) beträgt dann noch 0,020 W/mK.

Lange Lebensdauer und recycelbar

VIP ergänzen konventionelle Dämmstoffe sehr gut. Da es nicht überall im Altbaubestand möglich und sinnvoll ist VIP einzusetzen, stellt sich hier die Frage, ob eine Lösung nicht auch in einer geschickten Kombination verschiedener Dämmstoffe liegt. So können Dächer häufig mit herkömmlichen Dämm-Materialien energetisch saniert werden, während beispielsweise zur Wetterseite orientierte Räume besser mit kapillaraktiven Calciumsilikatplatten (zw. 5 und 6 cm) gedämmt werden sollten. VIP kann seine Stärken dann in den übrigen Bereichen ausspielen.

Bei der Frage nach der Lebensdauer von VIP verweisen die Hersteller meist darauf, dass der Nachweis dafür bereits durch die bauaufsichtliche Zulassung erbracht ist. Denn der für VIP typische stufenweise Abbau der Gase durch die Hülle ist in dem in der Zulassung festgelegten Bemessungswert für die Wärmeleitfähigkeit bereits berücksichtigt. Als Grundlage dienen sowohl spezielle Versuche zur theoretischen Beschreibung des Alterungsverhaltens, als auch Messungen unter beschleunigten Bedingungen. Rechnerisch sollen VIP demnach eine Lebensdauer von 50 Jahre erreichen.

Was die Recycelfähigkeit der VIP betrifft, so ist die pyrogene Kieselsäure ein gesundheitlich unbedenkliches Material, das auch in der Natur vorkommt. Damit steht ein recycelfähiger Dämmstoff zur Verfügung, der bezüglich der Wiederverwendung nur von der Vakuumhülle befreit werden muss, die – wie anderen Folien auch – recycelt oder einer thermischen Verwertung zugeführt werden können.

Literatur- und Linkhinweis: - www.vip-bau.de - Institut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR): Leitfaden zur Vakuumdämmung im Bauwesen, ISBN 978-3-87994-694-5, Bonn 2011 - Jochen Fricke, Andreas Beck, Markus Binder: Vakuum-Isolations-Paneele für Gebäude – ein Lehrbuch, ZAE Bayern (zae-bayern.de), ISBN 978-3-00-022618-2, Würzburg 2007 - ift Rosenheim: Abschlussbericht „Dauerhaftigkeit von VIP“, Vakuum-Isolations-Paneele (VIPs) im Stresstest*), Rosenheim 2012, bestellbar unter: www.ift-rosenheim.de/shop/forschungsberichte ((Fußnote)) *) Das Forschungsvorhaben wurde in Kooperation mit dem FIW München durchgeführt und vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) gefördert. Als Industriepartner unterstützten die va-Q-tec AG sowie die Variotec GmbH & Co. KG das Projekt.

Ein Zuschneiden auf der Baustelle ist nicht möglich. Deshalb sind ein exaktes Aufmaß und detaillierte Verlegepläne erforderlich.

Architekten sollten daher nur mit bauerfahrenen und planungskompetenten VIP-Herstellern zusammenarbeiten.

 Die Paneele dürfen nicht durchbohrt werden.

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