Mit drei Energiequellen heizen

Ein nachhaltiges Neubau- und Bestandsmanagement ist zwingend erforderlich, damit Wohnungen den aktuellen Anforderungen am Wohnungsmarkt entsprechen und sich effizient bewirtschaften lassen. Um die sogenannte 2. Miete niedrig zu halten, wurde im Wohnquartier im Berliner Stadtteil Bohnsdorf ein innovatives Haustechnik-Konzept verwirklicht.

Bezahlbare Wohnungen in Ballungszentren sind eine der größten Herausforderungen  für die Wohnungswirtschaft – schon heute und erst recht in den kommenden Jahren. Ob es um Neubauten oder modernisierte Bestands-

immobilien geht, ist dabei zweitrangig. „Wichtig sind in beiden Fällen ganzheitliche Gebäudekonzepte, die  auf lange Sicht neben der ortsüblichen Vergleichsmiete auch die Betriebskosten berücksichtigen“, meint Christoph Mojen, Geschäftsführer des Planungsbüros Ecoplan in Berlin. Seiner Philosophie stimmen auch die Entscheider bei der Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG zu.

Ein Beispiel für die Schaffung von ökologischem Wohnraum zu stabilen Mieten gelang in Berlin-Bohnsdorf: Beim Neubau einer Wohnsiedlung mit sieben Wohngebäuden  (59 Wohneinheiten) und einer Kindertagesstätte wurde ein innovatives Haustechnikkonzept verwirklicht. „Wir nutzen dezentrale Sole/Wasser-Wärmepumpen für die Beheizung und die passive Kühlung der Wohnungseinheiten“, erklärt Ingenieur Mojen. Weiterhin sei ein zentrales Blockheizkraftwerk für die Warmwasserbereitung zuständig. Es wird in Zeiten der Spitzenlast von einem Gas-Brennwertgerät unterstützt.

Weil das Blockheizkraftwerk ausschließlich für den Grund-Warmwasserbedarf zuständig ist, konnte es sehr klein ausgelegt werden. So ist die Leistung mit 15 kW thermisch gering und garantiert doch eine hohe Anzahl an jährlichen Betriebsstunden und damit eine gute Wirtschaftlichkeit. Der erzeugte Strom wird im Haus als Allgemeinstrom genutzt, Überschüsse werden ins Netz eingespeist.

Das Konzept dieser energetischen Dreier-Lösung überzeugte auch Uwe Springer, Prokurist und Leiter der Bauabteilung bei der  Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892, und seine involvierten Kollegen: „Es war uns wichtig, dass wir auch die sogenannte ‚zweite Miete‘ niedrig halten. Dabei geht es um die Relation zwischen Investition, Be­­­triebs- und Folgekosten – und wie stark man Werte wie Innovation, Nachhaltigkeit, Zu­­kunftsfähigkeit und damit letztlich auch langfristige Vermietbarkeit gewichtet. Am Ende unserer Betrachtungen hat uns das realisierte Konzept am meisten überzeugt.“

Die Neubausiedlung wurde vom Herbst 2011 bis zum Frühjahr 2013 errichtet – als erster Bauabschnitt der „Neuen Gartenstadt Falkenberg“. Uwe Springer erläutert: „Der Name lehnt sich an die ‚Gartenstadt‘ an, einem Wohnbauprojekt, das unsere Genossenschaft im Jahr 1912 im Ortsteil Bohnsdorf im Bezirk Treptow-Köpenick begonnen hatte. Der Architekt Bruno Taut sollte seinerzeit etwa 1.000 Wohnungen planen und bauen – leider konnte er nur rund 200 Wohnungen errichten, bevor der Erste Weltkrieg begann und das Projekt vorerst beendete.“

Fast genau 100 Jahre später entstanden und entstehen auf dem ursprünglich beplanten Gelände nun neue Wohnungen für Singles, Paare, Familien und Senioren. Die modernen Seniorenwohnungen sind zu einem großen Teil altengerecht und barrierearm. Außerdem gibt es eine Kita und einen Jugendtreff. „Großzügige Grünflächen wurden angelegt, denn junge Familien möchten hinaus ins Grüne und doch die schnelle Anbindung an die City haben“, erklärt Uwe Springer. Das Wohnungsangebot ist  vielfältig: Von der Ein-Zimmer- bis zur Sechs-Zimmer-Maisonette-Wohnung, über Reihenhäuser mit fünf Zimmern auf drei Etagen bis zur rollstuhlgerechten Wohnung reicht die Bandbreite.

Jedes der sieben Mehrfamilienhäuser sowie die Kindertagesstätte werden von einer Sole/Wasser-Wärmepumpe mit Heizwärme versorgt. Dafür wurden auf dem gesamten Areal 29 Bohrungen, je 99 m tief,  realisiert. „Die Wohngebäude erhielten Ziegeldecken mit sehr guten Wärmedämm-, Schallschutz- und Brandschutzeigenschaften. In diesen Ziegeldecken sind die  Heizungsrohre verlegt, die die Wärme in die Räume abgegeben“, erklärt Christoph Mojen. „Außerdem kühlen wir über die Wärmepumpenanlage die Gebäude passiv.“

Die Größe jeder Wärmepumpe richtet sich nach den jeweiligen Anforderungen des Gebäudes. „Dank der für den Wärmeentzug günstigen Bodenbeschaffenheit, der geringen Heizungsvorlauftemperatur und der hohen Effizienz der Wärmepumpen erreichen wir hervorragende Jahresarbeitszahlen (JAZ) von deutlich über 4“, berichtet der Planer. Die JAZ gibt das Verhältnis zwischen der aufgenommenen elektrischen Energie und der abgegebenen Wärmeenergie einer Wärmepumpenanlage an. Das bedeutet: Aus einem Teil Strom kann die Wärmepumpe mehr als viermal so viel Wärme erzeugen.

Die Gebäude sind hervorragend gedämmt, sodass zur Sicherstellung des Mindestluftwechsels zusätzlich eine kontrollierte Wohnraumlüftung zum Einsatz kommt. Dezentrale Geräte sorgen in den Einheiten für die Be- und Entlüftung, mit einem Wärmerückgewinnungsgrad von über 90%. Das vom BHKW und im Bedarfsfall zusätzlich dem Spitzenlastkessel bereitgestellte Warmwasser wird in Speichern vorgehalten, die – wie die Wärmepumpen – dezentral in den Gebäuden untergebracht sind.

Das Anlagenkonzept bewährt sich. Deshalb setzten Genossenschaft und Planer auch beim zweiten Bauabschnitt „Neue Gartenstadt Falkenberg“ auf das trivalente Heizsys­tem. Errichtet werden acht weitere Mehrfamilienhäuser mit 68 Geschosswohnungen sowie 27 Reihenhäuser, insgesamt also 95 Wohnungen.

Auch diesmal wird wieder eine Kombination aus Wärmepumpen für Heizung sowie Blockheizkraftwerk und Spitzenlast-Brennwertgerät für die Warmwasserbereitung realisiert.„Allerdings installieren wir nicht in jedem Haus eine Wärmepumpe, sondern wir setzen wenige Groß­wärmepumpen ein, die mit größeren Heizleistungen zwischen 13 und 38 kW mehrere Wohngebäude bzw. Reihenhäuser versorgen“, erläutert Christoph Mojen, der nach wie vor für die Planung und Umsetzung der technischen Ge­­bäudeausrüstung verantwortlich ist.

Angestrebt hat die Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG von An­­fang an eine soziale Durchmischung des Quartiers. Deshalb muss Wohnraum in der „Neuen Gartenstadt Falkenberg“ bezahlbar bleiben. Durch den Einsatz moderner Haustechnik, die dank der Wärmepumpentechnologie auch die Nutzung kostenloser Umweltenergie ermöglicht, sind die besten Voraussetzungen hierfür geschaffen.

Jedes der sieben Mehrfamilienhäuser sowie die Kindertagesstätte ­werden von einer Sole/Wasser-Wärmepumpe mit Heizwärme versorgt.

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