Um- und Ausbauen

Vorhandenes Nutzen: Nachverdichtung im urbanen Raum

Große Potenziale bei der Bekämpfung von Wohnraummangel in den Städten bieten die unterschiedlichen Konzepte der Nachverdichtung. Das Schließen von Baulücken, die Umnutzung in die Jahre gekommener Bebauung oder das Aufstocken von Etagen schafft Wohnraum, wo er am dringendsten benötigt wird.

Als Gegenkonzept zum Bauen am Stadtrandgebiet werden bei der Nachverdichtung frei liegende Flächen im Bereich bereits bestehender Bebauungspläne genutzt. Dabei handelt es sich um Restgrundstücke oder Baulücken, die aufgrund ihrer Größe oder eines ungünstigen Zuschnitts schwer zu bebauen sind. Um sie zu erschließen, braucht es neue architektonische und städtebauliche Konzepte. Bauen in zweiter Reihe, Aufstockung, Umnutzung oder Andockung von Flächen sind ein wichtiger Teil des Wohnraumangebots in Städten.

Bauen in gewachsenen Quartieren

Hinzu kommt, dass die bereits vorhandene städtebauliche Infrastruktur genutzt werden kann. Dazu zählt zum einen die technische Infrastruktur, wie Straßen-, Strom-, Wasser und Telefonleitungen. Doch die soziale Komponente ist nicht weniger wichtig: Bei der Nachverdichtung entstehen keine typischen Neubaugebiete; gebaut wird in bereits gewachsenen Quartieren. Einkaufsmöglichkeiten, Arztpraxen und institutionelle Gebäude wie Schulen oder Kindergärten sind bereits vorhanden und müssen, im Gegensatz zur Planung neuer Quartiere, nicht besonders berücksichtigt werden. Außerdem können aufgrund der Nähe soziale und kulturelle Angebote genutzt werden.

Nicht zu vernachlässigen ist der Kostenvorteil: Aufgrund ihrer ungünstigen Grundrisse sind Baulückengrundstücke oft billiger, da sie bisher niemand erwerben wollte. Da die Zahl der Einpersonenhaushalte jedoch nachweislich steigt, werden auch kleine Grundstücksgrößen immer attraktiver. Das Statistische Bundesamt prognostiziert bis 2035 einen Anstieg der Einpersonenhaushalte auf knapp 19 Mio. – das entspricht 44 Prozent aller deutschen Haushalte. Die Einbeziehung von bestehenden Brandwänden und Baumaterial spart dann noch einmal zusätzlich Kosten und vor allem Zeit.

Chancen für den Städtebau nutzen

Dass Nachverdichtung mehr als nur Mittel zum Zweck ist, beweist ein Blick auf die städtebauliche Entwicklung unserer Zeit. Eine pulsierende, belebte Stadt funktioniert nicht ohne Verdichtung. Nur so werden die Wege zur Arbeit, zu bestehenden Infrastrukturen und kulturellen Angeboten kurzgehalten. Die städtebauliche Qualität der gewachsenen, urbanen Räume wird jedoch oft aufgegeben. Straßenräume verlieren ihre Aufenthaltsqualitäten und Begegnungsflächen oder Grünflächen werden verkleinert und reduzieren ihren Beitrag zu guten wohnklimatischen Verhältnissen. Dabei kann Nachverdichtung für ein Quartier wie eine Verjüngung wirken: neue Bewohner, höhere Kaufkraft, Rückkehr der Nahversorgung. Durch die effiziente Nutzung von Ressourcen und Flächen wird zudem der Klimaschutz vorangetrieben.

Nachbarschaft bei der Planung

berücksichtigen

Wer einen kreativen Planer hat, kann im Zuge der Nachverdichtung moderne und individuelle Architektur verwirklichen. Das Ergebnis sind oft schlanke Baukörper, reduzierte Details, vertikal geschnittene Räume sowie zeitgemäße Materialien und Konstruktionen. In der Nachbarschaft bewegt man sich jedoch oft auf schwierigem Terrain, da liebgewonnene Gewohnheiten der Anwohner Widerstände in ein Projekt bringen können – beispielsweise, wenn Parkgewohnheiten verändert werden müssen oder der Blick aus dem Küchenfenster ein anderer ist. Im schlimmsten Fall treiben die Widerstände die Baukosten leicht in die Höhe, ziehen die Bauzeit in die Länge und hemmen das Engagement von Bauträgern und Wohnungsbauunternehmen. Wichtig ist also, die Nachbarschaft mit einzubeziehen und bei der Planung zu berücksichtigen. Dabei gilt es den Neubau auch optisch in die bestehende Nachbarbebauung einzufügen.

Gestern Büro, heute attraktiver

Wohnraum

Die Wüstenrot Haus- und Städtebau GmbH (WHS) erschließt bereits seit mehreren Jahren das Feld der Revitalisierung und Umnutzung sowie innerstädtische Nachverdichtungsmaßnahmen. Das ermöglicht ihr, auch unter schwierigen Bedingungen neue Wohnraumprojekte zu initiieren und auf die veränderte Marktsituation zu reagieren. So wurde beispielsweise an der Urbanstraße in Stuttgart ein ehemaliges Bürogebäude zu einem Wohnensemble mit attraktivem Wohnraum umgebaut und den neuen Bewohnern damit kurze Wege in die Zentrumslagen erschlossen.

Dafür wurde das bestehende Bürogebäude bis auf die Außenmauern zurückgebaut und danach unter Berücksichtigung aktueller energetischer Maßstäbe wieder neu aufgebaut. In zweiter Reihe entstanden durch Modernisierung und Aufstockung der bereits bestehenden Bebauung drei Townhouses, die über einen begrünten Innenhof zugänglich sind. Auf die angespannte Parksituation wurde mit dem Bau einer Tiefgarage reagiert. Das hat auch die Architektenkammer BadenWürttemberg überzeugt – sie hat das Projekt im Februar 2020 mit dem Preis „Beispielhaftes Bauen“ ausgezeichnet.

Eine runde Sache

Das Projekt in Stuttgart beweist: Grüne Wiesen am Stadtrandgebiet müssen trotz Flächenengpass nicht zwangsläufig für neuen Wohnraum weichen. Die Revitalisierung von leerstehenden Bestandsflächen bietet weitreichende Chancen für die städtebauliche Entwicklung. Zudem fördern Kommunen die Nachverdichtung – dazu gehört auch die Erweiterung und Aufstockung von älteren Wohn- oder Einzelhandelsgebäuden in Quartieren, die bereits über eine funktionierende Infrastruktur verfügen. Zentrale Tiefgaragen und gut getaktete ÖPNV-Angebote können ein Fortbewegungsmodell der Zukunft sein und ersetzen fehlende oder wegfallende Parkflächen.

Nachverdichtung kann für ein Quartier wie eine Verjüngung wirken: neue Bewohner, höhere Kaufkraft, Rückkehr der Nahversorgung.

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