Vereint Komfort mit Klimaschutz
Zäh hält sich der Mythos, Wärmepumpen würden sich nur in Verbindung mit Fußbodenheizung lohnen. Die Idee, Tieftemperatur-Heizkörper mit Gebläse einzubauen, stößt häufig auf Unsicherheit: Wie schneiden sie hinsichtlich Behaglichkeit, Stromverbrauch und Geräuschentwicklung ab? Absolut zufriedenstellend, befinden die Verantwortlichen dieses Bestandssanierungsprojektes im Rheinland.
Nachhaltige Wohnraumnutzung und Stadtentwicklung hat sich die Wohnungsbaugesellschaft Ingelheim am Rhein GmbH auf die Fahne geschrieben. Das städtische Unternehmen betreut als Bauherrin und Vermieterin etwa 1.700 Menschen in rund 1.000 Wohneinheiten. Zu den Liegenschaften der wbi zählen 5 Doppelhäuser aus dem Jahr 1965, auf die sich 30 Wohnungen à 60 m² verteilen. Dächer, Decken und Keller der Fertighäuser wurden bereits 1999 mit zusätzlicher Dämmung versehen. 2024 standen weitere energetische Verbesserungsmaßnahmen auf dem Programm.
„Bei der wbi haben wir eine klare Strategie und Roadmap zur Klimaneutralität“, erläutert Burak Baser, Bauleiter des Projektes Kirchstraße. „Wir wollen bezahlbaren Wohnraum in Verbindung mit CO2-Neutralität schaffen. Dabei ist uns ein vertrauensvolles Verhältnis zur Mieterschaft sehr wichtig. Bei einer energetischen Sanierung im Bestand greifen wir tief in die Privatsphäre der Mieter ein. Daher kommunizieren wir sehr viel und suchen den Schulterschluss mit den Mietern wie auch mit den Handwerkern“.
Ideal bei Wärmepumpen-Nachrüstung
Arbeiten innerhalb der privaten Wohnräume ließen sich im Rahmen der dringend erforderlichen Heizungserneuerung nicht umgehen. Bislang war der Wärmebedarf der Gebäude, pro Doppelhaushälfte ca. 8.200 W, mit Gas gedeckt worden. Jede Wohneinheit, bestehend aus 2 Zimmern, Küche und Bad, hatte mit einem einzigen Gasheizautomaten bzw. Nachtspeicherofen auskommen müssen. Das Sanierungskonzept sah vor, den Löwenanteil der Heizlast auf klimafreundliche Wärmepumpen zu verlagern. Eine Vorlauftemperatur von 40 bis 45 °C sollte künftig ausreichen, um in allen Apartments flächendeckende Behaglichkeit zu garantieren.
Damit war klar, dass das Wärmeverteilungssystem komplett neu aufgestellt werden musste. Der Klassiker im Neubaubereich, die Fußbodenheizung, kam hier jedoch nicht infrage. Den hohen Verlegungsaufwand einschließlich tagelanger Räumung sämtlicher Zimmer wollte man der ansässigen Mieterschaft nicht zumuten. Die Lösung fiel sehr viel unkomplizierter aus: Tieftemperatur-Heizkörper sind in der Lage, auch bei niedrig temperiertem Vorlauf gleichmäßigen Wohnkomfort zu erzeugen. Einbauen lassen sie sich vergleichsweise einfach, ohne Einrichtung oder Alltagsleben der Bewohner übermäßig zu beanspruchen.
Mit der Planung, Auslegung und Ausführung der Wärmeversorgung beauftragte die wbi die Haustechnik Weimer Service GmbH aus Mainz. Das Traditionsunternehmen für Heizung, Sanitär und Lüftung hat sich darauf spezialisiert, private wie gewerblichen Anlagen zu sanieren und instand zu halten. Geschäftsführer Andreas Heß weiß: „So ein Projekt braucht auch empathische Handwerker, die mit den Bewohnern umgehen können.“
Die Berufserfahrung hat ihn von der Niedrigtemperatur-Technologie überzeugt. Gerade in Bestandsbauten sind die Räume oft nicht ausreichend hoch für den zusätzlichen Aufbau einer Fußbodenheizung. Tieftemperatur-Heizkörper stellen hier eine hervorragende Alternative dar, speziell wenn von fossiler auf regenerative Energie umgestellt wird. In der Realität zeigt sich, dass sich die Geräte nicht nur optisch kaum von einem gewohnten Platten-Heizkörper unterscheiden. Die häufig befürchteten Begleiterscheinungen wie Staubentwicklung, Geräuschentwicklung oder Stromverbrauch fallen im Alltag nicht ins Gewicht.
Leise, schnell und sparsam
Haus für Haus, jeweils von oben nach unten, demontierte das Weimer Service Team die bestehenden Öfen und versah jede Wohneinheit mit drei förderfähigen Tieftemperatur-Heizkörpern. Verbaut wurden insgesamt 90 Exemplare der Serie eVENT von ATEC im Farbton Verkehrsweiß. Das „Vent“ im Produktnamen steht für die integrierten Ventilatoren, welche bei Bedarf die abgestrahlte Wärme effektiv im Raum verteilen können.
Ihr Betrieb lässt sich mithilfe des Thermostats und eines seitlichen Displays flexibel regeln. Zwei Fühler erfassen durchgehend die Raum- und die Vorlauftemperatur und veranlassen die Zuschaltung des Gebläses, sobald die Umgebung unter den eingestellten Sollwert abkühlt. Neben einem Automatikmodus mit elektronischer Drehzahlregelung verfügt der eVENT über 3 manuell anwählbare Gebläsestufen sowie über eine Boosterfunktion. Die Stromkabel für die Ventilatoren passen an haushaltsübliche Steckdosen.
Den Großteil des Jahres genügt der einfache Konvektionsbetrieb, um die Wohnung warm zu halten; das Gebläse wird nur bei niedrigen Außentemperaturen benötigt. Doch selbst im Boost-Modus, der die Raumtemperatur in wenigen Minuten auf Sollwert bringt, verbraucht ein 800 mm breites Gerät mit 6 Ventilatoren nur 6 Watt pro Stunde. Das Betriebsgeräusch eines Ventilators entspricht in etwa der eines PC-Kühlgebläses und ist damit sehr dezent. Die Verbreitung von Staub fällt kaum stärker aus als die thermisch bedingte Verwirbelung, die man von herkömmlichen Radiatoren kennt. Um die Ventilatoren zu reinigen, löst man einfach die Seitenverkleidung des Heizkörpers und entnimmt sie.
Kleine Geräte, großer Komfortgewinn
Die horizontale eVENT-Variante mit 8-Loch-Anschluss eignete sich im Doppelhaus-Projekt der wbi gut zur Aufhängung unter den Fenstern, wo sie kaum Platz beanspruchen. Zum Einsatz kamen drei Ausführungen in den Maßen 600 x 800/1000/12000 mm. Rohre für Vor- und Rücklauf wurden entlang der Wände neu verlegt und mit diskreten Sockelleisten versehen. Die bestehenden Schornsteine (gemauert) bleiben bestehen und fungieren als Versorgungsschächte für elektrische Leitungen.
Im Gegenzug zu den überschaubaren Eingriffen profitieren die Bewohner jetzt von der Option, ihre Zimmer und Küchenräume ganz nach Bedarf zu temperieren. Auch die Badezimmer des Anwesens hat die wbi teilweise erneuern und auf Mieterwunsch mit elektrischen Heizgeräten ausstatten lassen. Das Trinkwarmwasser wird zum Teil per Durchlauferhitzer erzeugt, zum Teil durch eine dafür vorgesehene Wärmepumpe. Fünf weitere Luft-Wasser-Wärmepumpen mit je 15 kW Leistung beliefern die Heizkreise der fünf Gebäude; ihre Außeneinheiten konnte man in Höfen und auf rückseitigen Außenflächen unterbringen.
Schlanke CO2-Bilanz bringt satte Fördergelder
Aus Mietersicht diskret ging die Einrichtung einer netzgekoppelten Photovoltaikanlage vonstatten: 53 Module pro Doppelhaus mit 22,53 kWP liefern einen jährlichen Ertrag von 19.883 kWh. Indem das Anwesen den Strom zu 100 % ins Netz einspeist, verbessert es seine berechnete CO2-Bilanz um ca. 13 Tonnen. Auf einen Quadratmeter Wohnfläche kommen nun statt bisher 47,83 kg nur noch 4,17 kg CO2 pro Jahr.
„Durch die Installation von Luft-Wasser-Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen erreichen wir einen Anteil erneuerbarer Energien, der die geforderten 65 % nach GEG deutlich übertrifft – auch ohne individuellen Sanierungsfahrplan“, resümiert Bauleiter Burak Baser. „Für das Projekt wurde das KfW-Programm 459 in Anspruch genommen. Bei vollständiger Ausschöpfung der Investitionsgrenze von 600.000 € erwarten wir eine Fördersumme von bis zu 180.000 €. Auf diese Weise können wir Klimaschutz, Wohnlichkeit und Budgets unter einen Hut bringen.“
Fazit: Zügige Installation – zufriedene Mieter
Bewohnte Bestandsbauten zu renovieren braucht Feingefühl und Fachkenntnis. Bei der Heizungssanierung in fünf Doppelhäusern setzte die Wohnungsbaugesellschaft Ingelheim daher auf rücksichtsvolle Planung und wertschätzende Kommunikation mit Mietern ebenso wie Handwerkern. Damit schuf sie breite Akzeptanz für das Vorhaben und stellte die Weichen für erfolgreiche und termingerechte Abläufe.
Das neue, förderbare Energiekonzept auf den Pfeilern PV, Wärmepumpen und Niedrigtemperatur-Verteilungssystem erwirkt CO2-Einsparungen über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. Zugleich steigert es, wie vorgesehen, den Wohnkomfort bei weiterhin bezahlbaren Miet- und Nebenkosten. Die wärmepumpenkompatiblen Tieftemperatur-Heizkörper von ATEC ließen sich zügig einbringen, ohne dass die Bewohner ihr Zuhause verlassen mussten. Projektleiter Andreas Heß lobt hier sowohl die Leistung seines Installationsteams als auch die unkomplizierte Zusammenarbeit zwischen den Gewerken. Die Mieter wiederum sind zufrieden mit der Sanierungsabwicklung und begeistert über die Möglichkeit, ihre Räume nun getrennt voneinander zu beheizen.
Der Tieftemperatur-Heizkörper eVENT im Bewegtbild
Auf dem YouTube-Kanal von Haustechnik Weimer Service demonstriert SHK-Experte Andreas Heß die Vorzüge des eVENT im Vor-Ort-Video Wärmepumpe mit Niedertemperaturheizkörper, www.youtube.com/watch?v=Nin9_AFmapc
Erfolgsgarant Mieter-Kommunikation
Schon im Vorfeld der Baumaßnahmen die Mieter ins Boot holen, ihre Bedürfnisse in den Fokus stellen und Klarheit über geplante Abläufe schaffen: Diese Strategie hat sich für die Wohnungsbaugesellschaft Ingelheim auch im Projekt Kirchstraße bewährt. Ausgehend von dokumentierten Begehungen jeder Wohneinheit entwickelte man konkrete, nachvollziehbare Zeitpläne. Während der Bauphase erfolgten wöchentlich Abstimmungsbesprechungen mit allen Gewerken.
Den Bewohnern stellte man mit dem Technischen Leiter einen persönlichen Ansprechpartner zur Seite. In detaillierten Anschreiben erläuterte die wbi die Hintergründe des Sanierungsprozesses, außerdem bereitete sie die Betroffenen rechtzeitig auf sie betreffende Ereignisse vor. Bei einem Infoabend gab es anschauliche Grafiken sowie Exponate der gewählten Gerätetypen zu begutachten. Anhand von Ist- und Soll-Zuständen wurde verständlich gemacht, welche Sanierungsschritte erforderlich waren und was für Vorteile sie mit sich brachten.
Angekündigte Maßnahmen in den Wohnräumen:
– Demontage der vorhandenen Gasheizautomaten
– Montage von Tieftemperatur-Heizkörpern und Heizungsleitungen (Sockelbereich) in drei Wohnräumen
– Rückbau Mobiliar und Küchen
– Montage von elektrischen Badheizkörpern
Ziele:
– Klimaschutz
– Energieeinsparung
– CO2-Kompensation
– Reduzierung der Nebenkosten
– Komfortgewinn durch raumweise Beheizung