Kritik an der Wohnungsbaupolitik der Bundesregierung

„Wir wollen allein laufen können“

Der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM, www.dgfm.de), Rechtsanwalt Christian Bruch, erläutert, warum das Fass nach den Sparbeschlüssen der Bundesregierung nun voll ist.

„Der Jahresanfang ist im politischen Berlin weiterhin geprägt von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Haushaltstricks der Ampelregierung. Die Einigung zwischen Bundeskanzler, Finanz- und Wirtschaftsminister hatte nur eine sehr kurze Halbwertszeit. Mit den im Bundeskabinett am 8. Januar verabschiedeten Anpassungen des Sparpaketes wurde auf die angekündigten Bauernproteste reagiert. Dennoch gehen die Proteste weiter und es wird deutlich: Das Problem sitzt viel tiefer. Die Sparbeschlüsse waren nur der berühmte Tropfen, der das Fass hat überlaufen lassen. Als Mauerwerksbranche wird es uns nicht gelingen, Licht in den Förderdschungel aus Landes-, Bundes- und Europamitteln zu bringen, um so zu beurteilen, wie berechtigt die Proteste sind. Was wir aber sehr gut nachvollziehen können, ist, warum das Fass voll ist.

Des Kanzlers unheimliche Prophezeiung

Als der Bundeskanzler angesichts des russischen Angriffskrieges und der Energiekrise im Bundestag 'You will never walk alone!' versprochen hat, war das ein wichtiges Signal in Richtung Bevölkerung. Wir müssen aber inzwischen feststellen, es war auch eine unheimliche Prophezeiung in Richtung Wirtschaft. Wenn die politischen Zielsetzungen so ambitioniert sind, dass ganze Wirtschaftszweige nur noch an und von der Hand der Bundesregierung überleben können oder notwendige Bedarfe, wie der Wohnungsneubau, nicht mehr ohne Fördermittel gedeckt werden können, läuft etwas grundsätzlich falsch.

Zum Jahreswechsel hatten wir aus gutem Grund an unsere Partner und Mitstreiter ein Zitat des Vorstandsvorsitzenden der BMW AG gesendet, welches dieser anlässlich eines Werksbesuches gegenüber dem Bundeskanzler äußerte: „Transformation ist immer gleichzeitig. Heute daran zu arbeiten, was Zukunft ist, und Altes in Neues zu überführen, also alles gleichzeitig. Und es ist eben nicht, und das ist unser Verständnis, etwas zu versprechen, was man gar nicht halten kann.“

Nicht haltbare Versprechen prägen die Politik

Diese nicht haltbaren Versprechen sind aber inzwischen prägend für politisches Alltagsgeschäft in Bund und Länder. Das weiß wohl keine Branche so genau wie der Wohnungsbau, der im Koalitionsvertrag die Ziel-Zahl von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr und davon 100.000 Sozialwohnungen vorgefunden hatte. Beide Ziele wurden und werden deutlich verfehlt. Schlimmer noch: Der Wohnungsbau schrumpft eher in Richtung 250.000 bis 230.000 Wohneinheiten (WE).

Natürlich waren die Rahmenbedingung zum Zeitpunkt des Koalitionsvertrages bezogen auf Zinsumfeld und Energieversorgung anders. Aber eine Bundesregierung, die die Steigerung der Produktion bei ausgelasteter Wohnungsbaubranche um ein Drittel (von 300.000 auf 400.000 WE) und die Vervierfachung der jährlich neugebauten Sozialwohnungen (von 25.000 auf 100.000 WE) anvisiert, verspricht doch zumindest: „Wir werden alles tun, was es braucht.“

Davon war in den Jahren 2022 und 2023 nichts zu sehen. Ganz im Gegenteil. Die für den Sozialen Wohnungsbau bereitgestellten Gelder wurden zwar deutlich gesteigert, zum Bau von 100.000 Sozialwohnungen jährlich reichen sie aber bei weitem nicht aus. Mit der Abschaffung der Förderung des EFH 55 Standards und Anhebung des Mindeststandards zum 1. Januar 2023 wurden weitere Kostenhürden aufgestellt.

Die Hand der Bundesregierung zur Überwindung der Hürden war dann, verglichen mit auslaufendem Baukindergeld und ehemaliger EFH 55-Förderung, eher der kleine Finger.

Konsequent, nachdem der Bundeswirtschaftsminister die Veränderung damit erklärt, dass „EFH 55 schon lange Standard am Bau“ sei. Dennoch falsch, wie jeder an den seitdem auf Talfahrt befindlichen Baugenehmigungszahlen und den hohen Auftragsstornierungen sehen kann. Für die Bedarfsdeckung beim Wohnungsbau kommt es nicht allein darauf an, was technisch machbar ist, sondern es muss auch wirtschaftlich leistbar sein. Und zwar überall in der Bundesrepublik und insbesondere dort, wo es am dringendsten für die Weiterentwicklung der Menschen und das Wirtschaftswachstum notwendig ist, in Ballungszentren und Großstädten.

Wenn die aktuellen Mindeststandards dies nicht zulassen, dann muss man an den Punkt zurückgehen, wo man falsch abgebogen ist. Es hilft nicht, den Fehler durch 187 Maßnahmen (Ergebnis des Runden Tisches) oder 14 neue, bisher nicht umgesetzte Versprechungen (Wohngipfel Kanzleramt) zu überdecken. Bei der Digitalisierung sagt man, dass ein schlechter Prozess nach der Digitalisierung ein schlechter Prozess bleibt. Das ist beim Wohnungsbau nicht anders. Zu ambitionierte Standards bleiben zu teuer, auch wenn durch digitalen Bauantrag, einfaches oder serielles, modulares, systemisches Bauen Kosten reduziert werden können. Diese Potentiale müssen für den Wettbewerb des freien Marktes um die beste Lösung der konkreten Bauaufgabe erhalten bleiben und nicht schon die Stellung der Aufgabe beeinflussen.

Fehler im Wohnungsbau jetzt korrigieren

Gegenüber den Bauern hat die Bundesregierung bereits gezeigt, dass Fehler zumindest teilweise korrigiert werden können. Es wäre an der Zeit, dies auch im Wohnungsbau zu tun und zumindest die Anforderungserhöhung vom 1. Januar 2023 zurückzunehmen. Denn es geht der Leistungskette Bau wie den Bauern: Wir wollen allein laufen können.“

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