Deutsches Energieberater Netzwerk: Bauherren und Planer brauchen jetzt klare Perspektiven

Nach nur wenigen Stunden waren am 20. April 2022 die Fördermittel für das KfW-Effizienzhaus 40 in Höhe von 1 Mrd. Euro ausgeschöpft. Die bundeseigene Bank verhängte daraufhin einen Förderstopp, nachdem bereits Ende Januar die Notbremse gezogen worden war bei den Förderungen für das Effizienzhaus 55. Die Vorständin des Deutschen Energieberater Netzwerks (DEN, www.den-ev.de), Dipl.-Ing. Marita Klempnow, sieht darin ein erhebliches Risiko für die Glaubwürdigkeit der Klimapolitik im Gebäudesektor.

„Es ist bitter, dass ausgerechnet der neue grüne Wirtschaftsminister hier ein unter grüner Regierungsbeteiligung in 2002 begonnenes und erfolgreich entwickeltes Gebäudeförderprogramm stoppen muss, weil die Vorgängerregierung unter Führung der CDU und ihrem Wirtschaftsminister Peter Altmeier seit 2017 gegen Hinweise aus Fachkreisen und dem bundeseigenen Förderinstitut mit der BEG eine Richtlinie platziert hat, die Mitnahmeeffekte in gigantischem Ausmaß verursachte. Diese Richtlinie hat falsche Anreize gesetzt und wies handwerklich solche Defizite auf, dass eine intelligente Programmsteuerung und sparsame Verwendung der eingesetzten Steuermittel nicht möglich waren. Dass es dem BMWK gelungen ist, die Förderung im Sanierungsbereich aufrecht zu erhalten und kurzfristig wieder an den Start zu bringen, ist vor diesem Hintergrund schon eine beachtliche Leistung. Für alle Bauherren ist vor allem Verlässlichkeit bei Planung und Finanzierung wichtig. Solches Vertrauen haben die mit Förderprogrammen beauftragten Institutionen in Deutschland – allen voran die KfW – in jahrelanger Arbeit aufgebaut. Der neuerliche Förderstopp war durch die begrenzten Mittel vorprogrammiert. Er bedeutet de facto, dass es bis zum Jahresende kein Förderprogramm für den innovativen Neubau mehr gibt“, stellt die Vorständin fest.

Marita Klempnow befürchtet fatale Konsequenzen für die Klimapolitik insgesamt: „Bei Bauherren und Planern ist jetzt schon ein Attentismus zu beobachten. Man wartet ab, weil man nicht weiß, was kommt. Die Anstrengungen im Sanierungsbereich zu verstärken ist richtig und notwendig. Trotzdem ist eine Förderung von innovativen und klimaresilienten Neubauten im öffentlichen Interesse. Der Standard EFH 55 ist auch deshalb heute Standard und gehört in das Gebäudeenergiegesetz als Mindestanforderung, weil durch die Förderung die Entwicklung von effizienten Bauprodukten und Techniken unterstützt wurde.

Ihre Kolleginnen und Kollegen in der Energieberatung stünden jetzt vor unnötigen Herausforderungen. Klempnow: „Uns fragt man ständig, wie es nun weitergehen soll. Doch wir wissen es auch nicht. Was wir alle jetzt dringend benötigen, sind Antworten des Bundes. Unsere Hauptforderung ist seit Jahren ein Fachbeirat bei der Weiterentwicklung der Gebäudeprogramme unter Beteiligung von Energieeffizienzexperten. Wir kennen die Anforderungen der Praxis, denn wir haben schon effiziente Gebäude gebaut, als es noch gar keine EFH-40-Stufe gab. Dies wollen wir auch weiterhin tun, weil wir davon überzeugt sind, dass dies die Zukunft ist.“

Den Energieberaterinnen und Energieberatern komme jetzt die Aufgabe zu, noch stärker die Vorteile von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien zu kommunizieren. Klempnow: „Doch dies bedeutet für uns noch mehr Aufwand und unproduktive Arbeit. Hier wünschen wir uns die Unterstützung des Bundes, besonders durch klare, verlässliche und langfristige Förderprogramme.“

Bauherren hätten jetzt die Wahl, nach GEG-Standard zu bauen mit Anforderungen an ein Referenzgebäude, das über 12 Jahre alt sei und noch immer fossile Energieträger als Referenztechnik beinhalte, oder freiwillig auf einen höheren Effizienzstandard zu setzen, erklärt die Ingenieurin. Mit dem neuen Programm “Klimagerechtes Bauen“ ab 2023 müssten endlich alle Anforderungen an den Neubau gebündelt und vor allem Zielgruppen spezifisch definiert werden.

Klempnow: „Menschen Wohneigentum zu ermöglichen, ist notwendig. Energieeffizienz ist dabei eine wichtige Komponente, wenngleich nicht die einzige. Wir würden empfehlen, beispielsweise das Baukindergeld weiterzuentwickeln, um den Menschen gezielt den Erwerb von Bestandsimmobilien zu ermöglichen, welche dann klimaneutral und zukunftstauglich saniert werden. Innovative Baustandards, auch im Neubau, sollten auch weiter durch Förderungen unterstützt werden, auf die man vertrauen und auf die man sich verlassen kann.“

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