Ich arbeite jetzt mal weniger: Teilzeit bei Architekten gefragt
26.10.2022Teilzeittätigkeit ist bei Architekten und Architektinnen auf dem Vormarsch. Das ergab eine Befragung der Bundesarchitektenkammer (BAK, www.bak.de) und der 16 Architektenkammern der Länder zur beruflichen Situation der Mitglieder und zur wirtschaftlichen Lage der Büros. Danach steigt insbesondere bei den Angestellten der Anteil teilzeittätiger Männer.
Grundsätzlich zeigen die Zahlen laut BAK den – trotz Coronakrise – wirtschaftlich guten Zustand der Branche im Berichtsjahr 2021.
Aus der Befragung lassen sich zudem weitere wichtige Trends ablesen: Bei den angestellten Kammermitgliedern zeigt sich, unabhängig davon, ob sie in Architekturbüros, der Strukturbefragung gewerblichen Wirtschaft oder im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, eine Zunahme des Bruttojahresgehaltes um 5 bis 8 Prozent im Vergleich zu 2019. Dabei fällt sowohl das Gehaltsniveau als auch sein Anstieg in Architekturbüros geringer aus als im öffentlichen Sektor und in der gewerblichen Wirtschaft.
65 Prozent der Beschäftigten leisten regelmäßig Überstunden von im Schnitt 5,4 Stunden pro Woche (Vollzeittätige) bzw. 3,8 Stunden (Teilzeittätige). Dies stellt einen überraschend deutlichen, vermutlich Corona-bedingten Rückgang im Vergleich zu 2019 dar. Anders als noch 2012 oder 2014 werden Überstunden mittlerweile bei 71 Prozent der Befragten durch Freizeit oder zusätzliche Vergütung kompensiert.
Die wirtschaftlich stabile Lage während der Coronakrise spiegelt sich auch bei den selbstständigen Kammermitgliedern wider: Bei Betrachtung des Honorarumsatzes pro Kopf sowie des Büroüberschusses je Inhaber wurden 2021 unabhängig von der Bürogröße Höchstwerte erreicht. Jedoch besteht steigende Skepsis bezüglich zukünftiger Geschäfte: 33 Prozent der Büroinhaberinnen und Büroinhaber gaben im Frühsommer 2022 an, in den kommenden 12 Monaten mit einem Rückgang der Auftragslage zu rechnen, während nur 22 Prozent von einer Zunahme ausgehen.
Die befragten Inhaberinnen und Inhaber haben 2021 durchschnittlich 57 Prozent ihres Gesamtumsatzes mit Honoraren erzielt, die nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) festgelegt wurden. Der durchschnittliche Umsatzanteil aus nach HOAI abgerechneten Honoraren liegt umso höher, je größer das Büro ist. In Büros mit 10 und mehr Beschäftigten liegt der entsprechende Anteil bei 74 Prozent. Kleinere Büros nehmen demgegenüber häufiger Honorarabrechnungen nach geleisteten Stunden oder auf Basis einer Zeitschätzung vor.
Gegenüber ihren Auftraggebern rechneten die Befragten 2021 Stundensätze in Höhe von 90 Euro je Stunde für Partner/Inhaber ab (Median), was unter den Werten vergleichbarer Freiberufler liegt. Dieses Ergebnis verdeutlicht die Dringlichkeit des gemeinsamen Engagements von BAK, Bundesingenieurkammer (BingK) und des Ausschusses der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung (AHO) für eine Anhebung der HOAI-Tafelwerte auf eine marktgerechte Höhe. Im Rahmen der Novellierung der HOAI hat das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bereits ein Gutachten beauftragt zur Ermittlung angemessener Tafelwerte.
Die Befragung erlaubt weitere wichtige Einblicke in die Branchenstruktur: Zwei Drittel der selbstständig tätigen Kammermitglieder sind Solo-Selbstständige bzw. Einzelunternehmer (67 Prozent). Dabei ist der Anteil der als PartG / PartG mbB sowie der als GmbH organisierten Büros seit 2016 gestiegen, während der Anteil der Einzelunternehmen und der als GbR organisierten Büros zurückging. Mittlerweile werden 36 Prozent der Büros von Frauen alleine- oder mitgeführt. Im Jahr 2016 waren dies lediglich bei 26 Prozent der Büros der Fall.
Erstmals wurde in diesem Jahr nach der Berufszufriedenheit gefragt. Diese ist hoch bei Architektinnen und Architekten, insbesondere bezogen auf die Aspekte Tätigkeitsinhalte und das Arbeitsklima, welche auf der Schulnotenskala mit 1,9 bzw. 1,8 bewertet werden. Damit im Einklang steht das Ergebnis, dass 74 Prozent der Befragten ihre damalige Studienwahl heute wieder treffen würden. Bei der Zufriedenheit mit dem Gehalt und der Work-Life-Balance ist allerdings noch Luft nach oben (Schulnote 2,5).
Auch die Zahlungsmoral der Auftraggeber thematisierte die Befragung erstmals: 34 Prozent der Büroinhaber geben an, zum Jahresende 2021 Außenstände in Höhe von im Mittel 8 Prozent des Jahresumsatzes gehabt zu haben. Die Zahlungsmoral privater und gewerblicher Bauherrinnen und Bauherren wird dabei mehrheitlich positiv bewertet. Deutlich kritischer fällt das Urteil bezogen auf Bund und Länder aus: deren Zahlungsmoral wird von rund der Hälfte der Befragten als mittelmäßig bis schlecht bezeichnet.
Die Studie gibt auch Auskunft über die unterschiedlichen Erwerbsbiografien von Frauen und Männern in Architekturberufen. Deutlich wird, dass Frauen ihre Tätigkeit wesentlich häufiger unterbrechen oder zeitweise als Teilzeittätigkeit ausüben als Männer. Dies gilt sowohl für abhängig Beschäftigte wie auch für selbstständig tätige Kammermitglieder.