Kein Licht am Ende des Tunnels: Verband beklagt „Tatenlosigkeit“ der Bundesregierung zur Krise im Wohnungsbau
07.11.2024Der gesamtdeutsche Wohnungsbedarf liegt bei rund 370.000 Wohnungen pro Jahr. 400.000 neue Wohnungen pro Jahr verspricht Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) seit Jahren. „Die Realität schaut leider völlig anders aus: Der Wohnungsbau in Deutschland liegt nach wie vor am Boden, und die Bundesregierung schaut zu. Die Bauwirtschaft und die Wohnungssuchenden warten seit inzwischen mehreren Jahren auf wirksame Impulse und die richtigen Maßnahmen der Politik – aber da herrscht komplette Fehlanzeige“, beklagt Michael Gilka, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen (BVMB, www.bvmb.de).
Die aktuellen Wohnungsbauzahlen zeigen laut Gilka, dass die Talfahrt ungebremst anhält. Laut Statistischem Bundesamt ist die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen im August erneut um knapp 7 Prozent gegenüber August 2023 zurückgegangen. Insgesamt wurden dieses Jahr bis August bislang nur knapp 142.000 Wohnungen genehmigt. Das sind fast 34.000 weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum. Das Ifo-Institut geht ebenfalls bei den Fertigstellungen von einem Rückgang im Jahr 2027 auf bis zu 175.000 aus und sieht damit einen ungebremsten Trend sich fortsetzen. Die BVMB fordert insoweit erneut „endlich wirksame Gegenmaßnahmen“ von der Bundespolitik.
Realistische Wohnungsbaupolitik statt „ideologischer Blindflug“
Das „Gebäudetyp-E-Gesetz“ ist für den Verband ein Impuls, der aber auch bis zu Ende gedacht werden müsse. „Wir sehen hier die Gefahr, dass durch unklare Abgrenzungen die ausführenden Planer und Baufirmen einem unkalkulierbaren Risiko ausgesetzt sind“, so Gilka weiter. Bei allen Vereinfachungen darf die Rechtssicherheit nicht leiden, aus deren Abwesenheit sich dann wiederum neue Probleme ergeben, die im Gegensatz zu den intendierten Folgen stehen.
„Klar ist, dass der Wohnungsbau seit Jahren komplett am Boden liegt. Was die Bundesregierung bislang neben Förderungen auf dem Weg gebracht hat, ist ein Gesetzesentwurf, der die Mietpreisbremse bis 2028 verlängert – und das wirkt ja noch einmal kontraproduktiv für potenzielle Investoren“, rechnet BVMB-Hauptgeschäftsführer Michael Gilka vor. Das ist schlichtweg zu wenig, um den Wohnungsbau wieder auf die Beine zu helfen.
„Seneca-Effekt“ eingetreten
Zielführende Maßnahmen für den Verband wären die konsequente Förderung des sozialen Wohnungsbaus, die Reaktivierung von Brachflächen, die Vereinfachung und Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren u. a. durch eine Personalaufstockung und durchdachte Digitalisierung der notwendigen Prozesse sowie Zinsvergünstigungen für Baufinanzierungen und weitere wirksame steuerliche Anreize in Form von Abschreibungen beim Bau von Mietwohnungen, wie sie bereits im Wachstumschancengesetz angelegt sind. Daneben sollten parallel mehrere Hebel in Bewegung gesetzt werden, um modulares und serielles Bauen zu forcieren und notwendiges Bauland durch eine Deckelung des Preises nicht der Spekulation zu überlassen.
Der Wohnungsbau darf nicht dem bereits in diesem Jahr von der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen aufgezeigten „Seneca-Effekt“ erliegen. Der eingetretene Kipppunkt hat weitreichende Folgen, denen entschieden und konsequent zu begegnen ist. Was wir brauchen, sind neben Anreizen zu bauen, zielgerichtete Investitionen für eine Ankurbelung der Nachfrage gepaart mit einschneidenden Reformen der Bauordnungen, damit etwa auch vorhandene Einsparpotenziale im Wohnungsbau genutzt werden könnten. Ziel ist eine realistische, der katastrophalen Wohnungsnot angemessene und vor allem schonungslos ehrliche Wohnungsbaupolitik, die nicht im „ideologischen Blindflug“ verbleibt, sondern auf lange Sicht erfolgreich ist.