Studie: Wird Wohnen in Deutschland ab 2027 unkalkulierbar teuer?
25.09.2024Die Einführung des europäischen Emissionshandels für Brennstoffe (EU-ETS 2) könnte finanziell folgenschwere Auswirkungen für Gebäudeeigentümer und Mieter haben. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Münchner Forschungsinstituts für Wärmeschutz (FIW) im Auftrag des Bundesverbands energieeffiziente Gebäudehülle (BuVEG). Studienautor Prof. Dr. Andreas Holm zeigt darin, welche konkreten Mehrkosten insbesondere für energetisch schlechte Gebäude ab 2027 zu erwarten sind.
Dazu BuVEG-Geschäftsführer Jan Peter Hinrichs: „Der energetisch schlechte Zustand vieler Gebäude in Deutschland wird sich ab 2027 neuerdings rächen. Auf viele Eigentümer und Mieter werden hohe Mehrkosten zukommen, weil Fassade, Dach und Fenster veraltet sind. Im schlechtesten Fall sind dies viele Tausend Euro pro Jahr. Wir brauchen dringend eine neue Sanierungsoffensive in Deutschland, um die Bevölkerung vor diesen erheblichen Zusatzbelastungen zu schützen. Die Bundesregierung muss die Anreize für Maßnahmen, die den Energiebedarf von Gebäuden reduzieren, wieder ins Zentrum rücken.“
Für Prof. Dr. Andreas Holm, Studienautor sowie Lehrstuhlinhaber für Bauphysik und Energieeffizientes Bauen an der Hochschule München, ist „bereits heute schon absehbar, dass der europäischen Emissionshandel 2 nicht genug Emissionszertifikate für den Gebäudebereich zur Verfügung stellt. Damit ist der politisch vereinbarte Preis von 45 € pro Tonne CO₂ markttechnisch nicht mehr haltbar. Die Studienergebnisse zeigen, dass infolge höherer CO₂-Preise die vielen Gebäude in schlechten Energieeffizienzklassen zum unkalkulierbaren Kostenrisiko für ihre Bewohner und Eigentümer werden könnten. Der Ausweg über den Wechsel zu Strom oder Fernwärme als Wärmeenergieträger ist aus Sicht der Wissenschaft ein Fehlanreiz, denn wer keine Sanierungen an der Gebäudehülle ergreift, um den Heizwärmeverbrauch zu verringern, ist auch zukünftig sehr hohen Kosten für Strom oder Fernwärme ausgesetzt.“
Hintergrund:
Der deutsche Gebäudebestand besteht aus 19,5 Mio. Wohngebäuden und 2 Mio. Nichtwohngebäuden. Etwa die Hälfte wird mit Erdgas beheizt, ca. 25 % mit Heizöl. Rund 30 % aller Gebäude befinden sich in den schlechtesten Energieeffizienzklassen – sogenannte worst performing buildings. Der Gebäudesektor hat seine Klimaziele bereits mehrfach verfehlt und verbraucht konstant zu viel Energie. Dies ist auf jahrzehntelange Versäumnisse bei Sanierungsmaßnahmen von Bauteilen der Gebäudehülle zurückzuführen – darunter Fassade, Fenster und Dächer. Um die Klimaziele zu erreichen, wurde eine Sanierungsquote von 2% definiert, tatsächlich liegt diese derzeit aber nur bei 0,7 %.
Vor dem Hintergrund des im Jahr 2023 beschlossenen europaweiten CO₂-Handelssystem für Gebäude (EU-ETS 2) ab 2027 veranschaulicht die vorliegende Studie, dass es zu erheblichen Zusatzkosten für Gebäudebewohner kommen könnte. Dies ist die Folge einer Unterdeckung zwischen verfügbaren und benötigten Zertifikaten, was zu höheren Zertifikatpreise als politisch vorgesehen führen würde. Entsprechend der CO₂-Kostenaufteilung ergeben sich aus dem gehandelten CO₂-Zertifikatepreis unvorhersehbar hohe Mehrkosten für das Wohnen.
Die vollständige Studie „Auswirkungen der Marktpreisbildung des Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) und europäischen Emissionshandels für Brennstoffe (EU-ETS 2) für CO₂ ab 2027 auf Gebäudeeigentümer und Mieter“ von Prof. Dr. Andreas Holm kann unter www.buveg.de herunterladen werden.