Verlässliche Förderprogramme und Digitalisierung der Verwaltung: BVMB fordert Masterplan für den Wohnungsbau
12.10.2022Wie geht es weiter mit dem Wohnungsbau in Deutschland? Diese Frage stellten sich jetzt Experten beim Spitzentreffen zum Thema mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). Die Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen (BVMB, www.bvmb.de) stellt dazu klare Forderungen an die Politik: „Den Wohnungsmangel wird man nur beheben können, wenn man mehr bezahlbare Wohnungen baut und Wohnraum auf dem Land attraktiv macht“, sagt BVMB-Hauptgeschäftsführer Michael Gilka. Zudem müssten Baunormen und Bauvorschriften entschlackt werden, um mehr alternative Baustoffe und Bauverfahren nutzen zu können. Neben einer schnelleren Digitalisierung fordert die BVMB aber insbesondere eine umfassende Förderung des Wohnungsbaus. Diese müsse aber anders als in den vergangenen Monaten „gezielt und verlässlich“ sein.
„400.000 neue Wohnungen pro Jahre sind völlig unrealistisch“
400.000 neue Wohnungen pro Jahr hat Bundesbauministerin Klara Geywitz angekündigt und zuletzt bekräftigt, dieses Ziel auch erreichen zu wollen. „Das ist momentan ein völlig unrealistisches politisches Ziel“, ist BVMB-Geschäftsführer Dirk Stauf überzeugt. Das Projektgeschäft im Wohnungsbau sei eingebrochen, weil Baupreise steigen, die Finanzierung zu teuer wird und damit die Renditen nicht mehr stimmten. „Diese Projekte sind nicht gestorben, sie werden entweder zu einem höheren Preis oder zu anderen Rahmenbedingungen z.B. einer niedrigeren Qualität, fortgesetzt werden“, prognostiziert er. Aber das werde unter Umständen mehrere Jahre dauern.
Mit gedämpften Erwartungen sieht auch BVMB-Hauptgeschäftsführer Michael Gilka dem Wohnungsgipfel entgegen. Schließlich wäre es laut Gilka nicht das erste Gipfeltreffen dieser Art, das ohne spürbare Erfolge für den Wohnungsbau über die Bühne gehe. Und die Teilnehmer seien zum Teil identisch mit früheren Gipfeln. „Es fehlt ein Masterplan für die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum, dessen Ziele kontinuierlich verfolgt und deren Erreichung überprüft wird“, fordert er.
In einen solchen Masterplan gehöre in erster Linie eine massive und verlässliche Förderung sowie die Verbesserung von Rahmenbedingungen für private und institutionelle Investitionen. Erforderlich sei z.B., dass die Grundsteuer für eigengenutztes Wohneigentum drastisch gesenkt werde und kommunale Grundstücke und Bauland zu günstigen Preisen ausgewiesen werde. Dies würde gerade Familien bei der Schaffung von Wohneigentum helfen und zudem einen Beitrag zur Altersvorsorge leisten, fordert der Verbandschef. Ein weiteres wichtiges Ziel eines solchen Masterplans müsse es sein, die Zeiträume für die Baugenehmigungen deutlich zu verkürzen. „Dazu braucht man endlich mehr Personal in den Genehmigungsbehörden und muss dringend die Mitarbeiter aus der Verwaltung wieder aus dem Home-Office an ihre Arbeitsplätze zurückholen“, so Gilka weiter.
Als „völlig realitätsfern“ sieht Gilka die Ankündigung von Bundesbauministerin Geywitz, dass die Verwaltungen in den nächsten Jahren so weit digitalisiert sein werden, dass Baugenehmigungsverfahren digital ablaufen können und damit beschleunigt werden: „Digitalisierung in der Verwaltung, was Technik und Kompetenz angeht, befindet sich noch in vielen Ämtern in der Steinzeit. Und wenn etwas funktioniert, wird es durch den wahnwitzigen Datenschutz konterkariert“, berichtet Gilka aus der Praxis. „Hier muss eine schonungslose Bestandsaufnahme über den Digitalisierungs-Istzustand in der Verwaltung erfolgen und dann professionell modernisiert, qualifiziert und vereinfacht werden. Die Politik macht sich schon seit Jahren etwas vor über die Leistungsfähigkeit ihrer Verwaltung in der Digitalisierung“ schimpft der BVMB-Hauptgeschäftsführer. Um den steigenden Baupreisen und zum Teil knappen Baustoffen begegnen zu können, fordert Gilka zudem eine Entschlackung von Baunormen und Bauvorschriften, damit auch mehr alternative Baustoffe und Bauverfahren schnell und effektiv eingesetzt werden könnten.
„Förderprogramme müssen belastbar und verlässlich werden“
„Den Wohnungsmangel wird man nur beheben können, wenn man mehr bezahlbare Wohnungen baut und Wohnraum auch auf dem Land attraktiv macht“, beschreibt Gilka die notwendige Strategie. In den Städten müssten bisher noch ungenutzte ausgewiesene Bauflächen nachverdichtet werden und Gebäude aufgestockt werden. Auf dem Land müsse auch sozialer Wohnungsbau erfolgen, um die Landflucht zu verhindern. Dazu müssten die ländlichen Gebiete allerdings mit Blick auf den öffentlichen Nahverkehr und die Digitalisierung deutlich besser erschlossen werden. Als Kernforderungen betont die BVMB intelligente und nachhaltige Förderprogramme: „Der Bau wird nur vorankommen, wenn der Bund die nötigen Finanzmittel trotz Schuldenbremse zur Verfügung stellt, damit entsprechende Förderanreize entstehen. Dazu gehöre daneben auch Anreize zu schaffen, um die energetischen Sanierungen von Bestandsimmobilien voranzutreiben und damit knappe Energie einzusparen.“, fordert Michael Gilka. Anders als in den zurückliegenden Monaten dürfte es allerdings nicht vom Zufall abhängen, wieviel und wie lange die Bundesregierung fördere. Vielmehr müssten die Förderprogramme sowohl für die Bauherren als auch für die Bauwirtschaft belastbar und verlässlich werden