Digitalisierung braucht Strategie
Das Bundesbauministerium setzt im Hochbau auf BIM
Digitalisierung
Die gesamte Bauwirtschaft befindet sich in einer spannenden und herausfordernden Zeit, die viele Chancen in sich birgt. Die Digitalisierung der Produktionsprozesse in der Wirtschaft erstreckt sich immer mehr auch auf die gesamte Wertschöpfungskette Bau.
Die Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Effizienzpotentiale in den Planungs- und Bauprozessen, darunter zu verstehen sind insbesondere größere Termintreue, mehr Kostentransparenz, höhere und frühzeitige Planungsqualität, erfordern vor allem eine intensivere Kooperation zwischen den Projektbeteiligten.
Die Digitalisierung des Planens und Bauens kann nur gemeinsam in einer kooperativen Zusammenarbeit gelingen. Die Verknüpfung der am Prozess beteiligten „Rollen“ untereinander muss dafür verbessert werden.
Die Fähigkeiten für eine kooperative Zusammenarbeit müssen bereits schon in der Ausbildung, aber auch in der Fort- und Weiterbildung, erworben werden. So kann sich die Planungskultur von einem „nebeneinander her“ wieder hin zu einem „miteinander“ entwickeln. Es ist die Aufgabe der für die Aus-, Fort- und Weiterbildung Verantwortlichen, diese Kompetenzen zu vermitteln und zu fördern.
Digitale Geschäftsprozesse müssen nicht nur auf Auftragnehmerseite, sondern auch auf der Auftraggeberseite beherrscht werden.
BIM
Das Bundesbauministerium versteht unter BIM eine modellbasierte kooperative Planungsmethode. Die Basis bildet BIM 3D, ein 3D-Modell aus objektorientierten Bauteilen, denen weitere Informationen angefügt werden können, also eine Kombination von 3D-Geometrie mit alphanumerischer Information.
Die Erstellung des 3D-Modells ist ein Teilprozess der BIM-Methode. Dem Teilprozess BIM 3D können sich weitere Teilprozesse, wie zum Beispiel BIM 4D, die Berücksichtigung von Terminen, oder BIM 5D, die Berücksichtigung von Kosten, anschließen. Eines haben sie alle gemein, sie bauen auf den Ergebnissen der ihnen vorgelagerten Teilprozesse auf. Ziel der BIM-Methode ist es, von Teilprozess zu Teilprozess die benötigten Informationen medienbruchfrei, also digital in der notwendigen Tiefe und ohne Doppelungen zu übergeben.
In der Phase der Planung liegt der Mehrwert von BIM zuallererst in der Sicherung der Planungsqualität und der damit einhergehenden Reduzierung von Planungsfehlern. Diese wird durch eine automatisierte Planungs- und Kollisionsprüfung auf Grundlage der Integration der Fachplanungen der einzelnen Gewerke erreicht. Das geplante Gebäude mit allen relevanten Komponenten entsteht so schon im Computer. Auf dieser Grundlage ergeben sich Möglichkeiten einer regelbasierten, standardisierten und effizienten Planungsprüfung. Durch den Einsatz von softwaregestützten Prüfwerkzeugen können mangelhafte, unvollständige oder falsche Informationen automatisiert erkannt werden.
Ein Mehrwert in der Bauphase ergibt sich durch weniger Störungen im Bauablauf. Eine Grundlage hierfür ist unter anderem die verbesserte Planungsqualität. Weniger Störungen während der Bauphase führen zu einer Steigerung der Produktivität und einer höheren Wertschöpfung auf der Baustelle. Mit einer Verknüpfung von BIM und Industrie 4.0 können weitere Effizienzsteigerungen im Bereich der Bauausführung erreicht werden.
Bundeshochbau
Das Bundesbauministerium fördert und unterstützt die Entwicklung von BIM bereits seit vielen Jahren mit der Durchführung von Forschungsprojekten, der Mitarbeit in Normungsgremien, der Beteiligung an fachlichen Arbeitskreisen und insbesondere mit der kontinuierlichen Durchführung von Pilotprojekten. In den Pilotprojekten wird der entscheidende Erkenntnisgewinn für eine praxisgerechte Etablierung digitaler Instrumente in den Planungs- und Bauprozessen erzielt. Im Rahmen der Forschungsinitiative „Zukunft Bau“ wurden u.a. ein BIM-Leitfaden entwickelt sowie rechtliche Rahmenbedingungen untersucht.
Darüber hinaus verfolgt das Bundesbauministerium mit dem Erlass „Digital unterstütztes Planen und Bauen (BIM) beim zivilen Bundesbau im Inland“ vom 16. Januar 2017 diese Herangehensweise konsequent weiter. Bei allen zivilen Bundesbauvorhaben mit einem Ausgabevolumen ab 5 Mio. Euro ist eine Prüfung der BIM-Geeignetheit vorzunehmen.
In dem wichtigen Bereich der Normung wirkt das Bundesbauministerium durch eigene Vertreter, Vertreter des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und der Länderbauverwaltungen im DIN-Normenausschuss zu BIM und der VDI Normenreihe 2552 mit. Das gilt auch für die „weichenstellenden“ Bereiche der europäischen und internationalen Normung.
Ein Kompetenzzentrum zur Unterstützung der für den Bund tätigen Bauverwaltungen zum Thema Digitalisierung und BIM wird vom Bundesbauministerium beim Amt für Bundesbau in Rheinland-Pfalz eingerichtet. Es soll in Kooperation mit den für den Bund tätigen Bauverwaltungen von zentraler Stelle diese beraten und unterstützen. Ziel ist es, die bereits im Bundesbau vorhanden Erfahren mit BIM zu bündeln, auszuwerten und die Ergebnisse den für den Bund tätigen Bauverwaltungen zur Verfügung zu stellen. Weitere Aufgaben des Kompetenzzentrums sind u. a. das Erstellen von BIM spezifischen Arbeitsunterlagen, die Begleitung von BIM-Pilotprojekten und die Durchführung von Schulungen.
Das Bundesbauministerium und das Bundeswirtschaftsministerium haben zusammen mit Vertretern von BAK, BIngK, HDB, ZDB, BVBS und VDMA am 24. Mai 2017 die Konferenz „Digitalisierung im Hochbau – Effizienzpotentiale für Planungs- und Bauprozesse nutzen“ durchgeführt. Im Ergebnis der Konferenz wurde von den beteiligten Akteuren der Branchendialog „Digitaler Hochbau“ initiiert. Mit dem Branchendialog soll der digitale Transformationsprozess politisch flankiert und gezielt unterstützt werden. Er bietet Gelegenheit für den Austausch der Akteure untereinander, schafft Synergieeffekte und soll gezielt die digitale Entwicklung des Planens und Bauens unterstützen. Der Branchendialog spiegelt die Überzeugung des Bundesbauministeriums wieder, nach der die Einführung digitaler Planungs- und Projektinstrumente keine staatlich „von oben“ verordnete Aufgabe sein kann, sondern sich durch die Zusammenarbeit und Abstimmung aller Beteiligten schrittweise etablieren wird.
Werte
Es ist das Ziel, gemeinsam einen Weg in die Digitalisierung des Bauens und Betreibens zu finden. Einen Weg, der zusammen mit allen Projektbeteiligten und insbesondere der für Deutschland typischen Vielzahl kleiner und mittlerer Büros und Unternehmen gegangen werden kann.
Der Schutz und die Förderung des Mittelstandes sind ein zentrales Anliegen. Die grundsätzliche Position des Bundesbauministeriums ist: mittelstandsfreundlich und praxisorientiert. Deshalb wird auf eine schrittweise und praxisorientierte Implementierung digitaler Planungs- und Projektverfahren unter Beachtung der bewährten rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen, nämlich der Trennung von Planung und Ausführung und der losweisen Vergabe, Wert gelegt.
Das Bundesbauministerium tritt dafür ein, dass die Anwendung digitaler Methoden nicht zu Wettbewerbsbeschränkungen führen darf. Alle an dem Prozess der Digitalisierung Beteiligten müssen „mitgenommen“ werden. Die Digitalisierung darf nicht dazu benutzt werden, die kleinen und mittelständischen Unternehmen aus dem Markt zu drängen und Konzentrationsprozesse zu befördern.
Die besten Voraussetzungen für eine breite Beteiligung aller Akteure bieten produktneutrale Lösungen mit systemoffenen Datenschnittstellen. Deshalb kommt für den Bundesbau nur das sogenannte. „Big Open BIM“ als Standard in Betracht.
Die Digitalisierung bietet der Bauwirtschaft die große Chance, zu anderen Industriezweigen aufzuschließen und die eigene Produktivität zu erhöhen. Um gerade die kleinen und mittleren Unternehmen für Veränderungen zu motivieren, müssen die Digitalisierung und BIM in kleinen, aber erfolgreichen Schritten umgesetzt und erschlossen werden. Dies gelingt nur im engen Schulterschluss von Planung, Bauausführung, Betrieb und Forschung sowie der Politik.
Das Bundesbauministerium wird in diesem Sinne die Entwicklung der Digitalisierung und BIM weiter unterstützen und voranbringen.