Im Stau
Elektroautos gelten als Allheilbringer für die Energie- und Verkehrswende. Doch wie Eigentümer konkret beim Einbau von Ladestationen unterstützt werden sollen, ist unklar. Thomas Meier, Präsident des BVI Bundesfachverbandes der Immobilienverwalter, bezieht Stellung.
Die Bundesregierung sieht vor, den Kohlendioxidausstoß im Verkehrssektor bis 2030 um 40 % zu senken; viele Städte jedoch erfüllen weder Vorgaben zur Lärm- noch zur Schadstoffbelastung. Elektroautos könnten der Energiewende den entscheidenden Schwung verleihen, weil sie auch ein Umdenken in Mobilitätsfragen befördern.
Von ihrem Ziel, bis 2020 eine Million Elektroautos auf die Straße zu bringen, ist die Bundesregierung allerdings weit entfernt. Nur wenn die Politik öffentliche Anbieter und private Nutzer zum Einbau von Ladeinfrastruktur animieren kann, schaffen Elektroautos auf absehbare Zeit den Durchbruch auf Deutschlands Straßen. Gefragt sind vor allem rechtliche Klarstellungen im WEG-Recht.
Die schleppende Nachfrage liegt auch darin begründet, dass viele Autofahrer an Reichweite und Zuverlässigkeit von Elektroautos zweifeln. Am praktischsten wäre es daher, den Wagen
zu Hause aufladen zu können: Schätzungen zufolge gibt es vier Millionen Stellplätze in Deutschland, das sind vier Millionen potenzielle Ladepunkte – ein Hebel, der bislang viel zu wenig im Fokus des Interesses stand.
Schuld daran sind rechtliche Hürden. Die gegenwärtige Rechtslage im WEG-Recht und im Mietrecht behindert den Ausbau privater Ladestationen. Der BVI dringt auf eine zügige Umsetzung entsprechender klärender Gesetzentwürfe, die in der abgelaufenen Legislaturperiode im Verfahren stecken
blieben. So sieht
der „Entwurf
eines
Geset-
zes zur
Ände-
rung
des Wohnungseigentumsgesetzes und des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Förderung der Barrierefreiheit und Elektromobilität“ vor, Klarheit für bauliche Maßnahmen zu schaffen. Die rechtlichen Voraussetzungen für bauliche Änderungen, bei denen auf Teile des Gemeinschaftseigentums eingewirkt werde, seien nicht eindeutig und erschwerten den Einbau von Ladestellen für Elektrofahrzeigen von Wohnungseigentümern an ihrem privaten Autostellplatz, begründet der Bundesrat seine Initiative. Auch im Mietrecht besteht Nachbesserungsbedarf; Sonderregelungen des §554a BGB gelten nur für den Einbau von Einrichtungen, die der Barrierefreiheit dienen – nicht der Elektromobilität. „Ziel des Gesetzentwurfs
ist es, den Ausbau der Ladeinfrastruktur für
Elektrofahrzeuge auch im privaten Raum
durch flankierende gesetzgeberische Maß-
nahmen im Wohnungseigentumsrecht
und Mietrecht zu erleichtern“, heißt es im Entwurf. Das WEG soll demnach um eine Regelung ergänzt werden, die die Zustimmungspflichten teilweise aushebelt: Die „erforderliche Zustimmung der durch die bauliche Maßnahme nicht unerheblich beeinträchtigten Miteigentümer“ soll dann entbehrlich sein, „wenn die Maßnahme für die Installation einer Ladestation für Elektrofahrzeuge erforderlich ist.“ Die Bundesregierung hatte schon bei Einbringen des Entwurfs Zweifel ob dieses Wegs angemeldet und erklärt, sich zu Beginn der aktuellen Legislaturperiode mit dem Thema befassen zu wollen. Damit ist weiter strittig, in welchem Verhältnis eine Eigentümergemeinschaft dem geplanten E-Mobilitäts-Umbau zustimmen muss. Rechtsexperten sind sich uneins, ob es sich bei Ladeinfrastruktur um eine Modernisierungs- oder eine bauliche Maßnahme handelt. Die Diskussionen drehen sich nicht nur um Änderungen am Gemeinschaftseigentum. Auch Ladestationen als Teil des Sondereigentums können betroffen sein: Auch wenn Eigentümer den Einbau einer privaten Kraftstrom-Steckdose (Wall-Box) selbst verantworten könnte das Verlegen einer Elektrozuleitung eine genehmigungspflichtige bauliche Veränderung darstellen.
Eigentumsgemeinschaften stellen sich dabei häufig nicht nur wegen der zu erwartenden Kosten quer. Sie fürchten auch, dass die Technik in älteren Gebäuden nicht mitspielt – bei mehreren angeschlossenen Autos könnte das Stromnetz schnell überlastet sein. In einzelnen Fällen könnte es notwendig sein, Hausanschlüsse zu verstärken bzw. das Netz grundlegend zu modernisieren – und das kostet.
Der BVI plädiert daher für ein rasches rechtssicheres Fundament, auf dem solche Investitionen fußen können. Wir brauchen nicht mehr Geld, sondern ein der Zeit angepasstes WEG-Recht. Während die Bundesregierung indes in zähen Koalitionsgesprächen steckt, die jegliche inhaltliche Arbeit lähmt, könnten politische Impulse zuerst von anderer Seite gesetzt werden: Die Europäische Union hat mehrfach Vorstöße erklärt, die auf eine stärkere Verbreitung von Elektroautos zielen. Zur Weltklimakonferenz in Bonn im November könnte sie konkret erklären, wie sie dieses Ziel erreichen will – und auf welche Art und Weise sie private Investoren einbinden will. Spätestens dann stehen die Gesetzgeber unter Zugzwang.