Klimaschutz erfordert Umdenken statt Klientelpolitik
Der ehrenamtliche BFW-Präsident Andreas Ibel spricht Klartext.
Wenige Monate vor der Bundestagswahl erlebt Deutschland einen vermeintlichen Überbietungswettkampf der politischen Parteien beim Thema Klimaschutz. Kleinteilig wird in verschiedenen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft herumgedoktert, um angebliche Einsparpotenziale besser auszuschöpfen. Jede Partei versucht dabei, ihre Wählerklientel zu bedienen und sie nicht über Gebühr zu belasten. Doch klar ist: Wirksamer Klimaschutz kann nur mit Maßnahmen gelingen, die zielgerichtet und gut durchdacht sind. Bei vielen Vorschlägen in der aktuellen Diskussion ist das zu bezweifeln.
Die scheidende Bundesregierung von CDU/CSU und SPD versucht, mit lauwarmen Kompromissen Akzente zu setzen. Neuestes Beispiel: Die Kostenteilung zwischen Mietern und Vermietern beim CO2-Preis. Immobilieneigentümer sollen künftig die Hälfte der verbrauchsabhängigen CO2-Umlage tragen. Das Problem: Eigentümer und Investoren sind für den individuellen Strom- und Wärmeverbrauch ihrer Mieter gar nicht verantwortlich. Wer im Winter den ganzen Tag das Fenster auf Kipp und die Heizung auf volle Leistung gedreht hat, pustet das CO2 regelrecht zum Fenster raus. In sogenannten Milieuschutzgebieten in Berlin führen sich Klima- und Verbraucherschutz sogar gegenseitig ad absurdum. Um das staatliche Vorkaufsrecht beim privaten Erwerb eines Mietshauses abzuwenden, sollen sich Käufer dazu verpflichten, auf freiwillige energetische Sanierungsmaßnahmen zu verzichten. Wie soll es mit solchen Maßnahmen gelingen, dass der Gebäudebestand bis zum Jahr 2045 klimaneutral wird?
Die politisch vorgegebenen und durchaus ambitionierten Ziele beim Klimaschutz sind nicht durch eine weitere Erhöhung der Standards im Neubau zu erreichen. Die größten CO2-Einsparpotenziale liegen ohnehin im Bestand, wie zahlreiche Studien gezeigt haben. Vorgaben wie Erhaltungssatzungen und Denkmalschutz behindern und verhindern jedoch viel zu häufig innovative Lösungen. Deshalb gibt es nur einen richtigen Ansatz: Klimaneutrale Energie aus Sonne, Wind- und Wasserkraft muss in die Gebäude kommen – kostengünstig und einfach umsetzbar. Wir müssen weg von der separaten Betrachtung einzelner Häuser hin zu quartiersbezogenen Lösungen. Dafür braucht es gezielte Förderung und Forschung, die erhalten und ausgebaut werden muss.
Statt wie bei der CO2-Umlage die Kosten für die Vermieter zu erhöhen, müssen Investitionsanreize geschaffen werden. Klimaschutz darf nicht nur gefordert, sondern muss auch zielgerichtet gefördert werden. Einseitige und schlecht durchdachte Maßnahmen setzen die gesellschaftliche Akzeptanz der Klimaschutzziele aufs Spiel. Sie sind auch deshalb ein Irrweg, weil die finanziellen Spielräume für Investitionen der Immobilienwirtschaft nicht größer werden – eine Folge der Corona-Krise. Aufgabe der Politik ist es, die richtigen Impulse zu setzen, für technologieoffenen und vor allem wirtschaftlich tragfähigen Klimaschutz. Nur so werden die ambitionierten Ziele von der Ideologie zur Realität.