Mitten in Leipzig
Ein Wohnquartier in bester Innenstadtlage grundlegend zu modernisieren, ist für jedes Wohnungsunternehmen eine große Herausforderung. Gefragt ist umfassendes Know-how für das, was technisch machbar, nachhaltig und wirtschaftlich vertretbar ist.
Nur unweit des Leipziger Hauptbahnhofs und der historischen Innenstadt wurde in den Jahren vor der Wende das Kreuzstraßenviertel neu errichtet. Im Dreieck zwischen Ludwig-Erhard-Straße, Dresdner Straße und Kohlgartenstraße entstanden rund 20 fünfgeschossige Plattenbauten mit insgesamt 1 058 Wohnungen. Die zentrale Lage mit guten Einkaufsmöglichkeiten und Verkehrsanbindungen, das gut funktionierende Quartiersmanagement sowie die begrünten Innenhöfe zwischen den blockartig angeordneten Gebäuden werden von Jung und Alt gleichermaßen geschätzt.
Nach über 20-jähriger Nutzung stellte die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) 2008 schließlich die Weichen für die umfassende Sanierung des Quartiers. Inzwischen wurde der erste Bauabschnitt fertig gestellt. Mit viel planerischem Fingerspitzengefühl und in engem Dialog mit den Mietern wurde ein individuelles Konzept entwickelt, das genau auf den Charakter und die Bewohnerstruktur des Viertels zugeschnitten ist. „Eine teure Komplettsanierung kam nicht in Frage, da die meisten Mieter nur über ein geringes Einkommen verfügen“, berichtet Andreas Zschernitz, Prokurist und Bereichsleiter Wohnungswirtschaft der LWB. „Stattdessen haben wir uns bei unserer Planung vorrangig darauf konzentriert, die energetischen Standards der Wohnungen mit gezielten Maßnahmen weiter zu verbessern. Die höhere Kaltmiete nach dem Umbau soll durch geringere Nebenkosten kompensiert werden, so dass die Gesamtmiete für die Bewohner trotz des verbesserten Standards stabil bleiben wird. Voraussetzung dafür ist allerdings ein verantwortungsvolles Nutzerverhalten.“
Umfangreiche Modernisierung
Die vorhandenen Gasbeton-Außenwände der Häuser boten vergleichsweise gute Wärmedämmeigenschaften. Im Zusammenspiel mit der Fernwärmeheizung aus Kraft-Wärme-Kopplung entsprachen die Gebäude deshalb schon vor der Sanierung den Vorgaben der Energieeinsparverordnung. „Auf eine umfassende Wärmedämmung der Fassaden können wir somit verzichten“, erklärt Birgit Auerswald, die das Projekt als Planerin der LWB begleitet. „Stattdessen haben wir uns dafür entschieden, die Fassade in Teilbereichen, die Giebel und die Keller- und obersten Geschossdecken zu dämmen.“ Für eine deutliche, optische Aufwertung der Bauten sorgt außerdem das neue Gestaltungskonzept mit markanten Gelb- und Orangetönen. Weiterhin wurden sämtliche Hauseingangstüren sowie Fenster und Wohnungseingangstüren ausgetauscht.
Die Erneuerung der gebäudetechnischen Anlagen bildet einen weiteren Schwerpunkt der Sanierung. Neben einer umfassenden Modernisierung der fernwärmebelieferten Heizungen kommt dabei auch eine großflächige Photovoltaikanlage zum Einsatz. Der im Kreuzstraßenviertel gewonnene Strom soll in die unternehmenseigene Hausheizungsanlage eingespeist werden. Für eine weitere Reduzierung des Energieverbrauchs wird künftig auch ein Mieterinformationssystem sorgen. Das in 30 Wohnungen als Pilotprojekt integrierte System zeigt den Mietern unter anderem die aktuellen Verbräuche für Wasser und Heizenergie an und bietet so die Möglichkeit, das eigene Nutzerverhalten zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern.
Der erste Bauabschnitt des Sanierungsprojektes mit 180 Wohnungen ist inzwischen fertig gestellt. Wenn im Jahr 2016 die energetische Sanierung des Viertels abgeschlossen sein wird, versprechen die Prognosen bei entsprechendem Nutzerverhalten große Einsparungen an Energie und Kohlendioxid. In der Summe senken die geplanten Maßnahmen den Heizbedarf um rund 4 500 MWh pro Jahr. Zusätzlich können etwa 25 000 kWh Elektroenergie eingespart werden.
Silber für Sanierungskonzept
Einen Teil der Kosten für die Projektvorbereitung hat die LWB schon vor Baubeginn vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) erhalten. Denn bei dem 2009 vom BMVBS durchgeführten Wettbewerb „Energetische Sanierung von Großwohnsiedlungen auf der Grundlage von integrierten Stadtteilentwicklungskonzepten“ erhielt das Unternehmen fürs Projekt Kreuzstraßenviertel eine Silbermedaille und ein Preisgeld in Höhe von 70 000 €, das für die weitere Planung der Sanierung bestimmt war. Lobend hervorgehoben hat die Jury insbesondere die Verbindung von energieeinsparenden Maßnahmen und die weitreichende Beteiligung der Bewohner: „Viele unserer Mieter leben schon seit den 1980er Jahren im Kreuzstraßenviertel“, berichtet Andreas Zschernitz. „Deshalb war es uns wichtig, die Bewohner frühzeitig und intensiv in unsere Planungen einzubeziehen. Um diesen Austausch zu erreichen, haben wir zum Beispiel gleich zu Beginn der Planungen eine umfassende Befragung unter den Mietern durchgeführt. Dabei haben wir unter anderem erfahren, dass sich die Bewohner keine neuen Pkw-Stellplätze, dafür aber mehr Grünflächen und mehr Radwege wünschen.“ Darüber hinaus wurde das Projekt von Beginn an durch Bürgervereine, städtische Einrichtungen und zahlreiche Initiativen begleitet, um eine möglichst breite Akzeptanz für die Sanierung zu erreichen.
Bis Ende 2013 werden weitere 258 Wohnungen energetisch saniert. Nach den positiven Erfahrungen beim ersten Bauabschnitt freuen sich die meisten Mieter schon jetzt auf die weitere Sanierung des Viertels und ihrer eigenen Wohnung. Darüber hinaus dient das Kreuzstraßenviertel längst auch über die Stadtgrenzen hinaus als innovatives Modellprojekt für die energetische Sanierung von Plattenbausiedlungen und die dazu nötige Einbindung der Bewohner. Ein schöner Erfolg, von dem die Bewohner, die LWB und die Umwelt gleichermaßen profitieren. Und der dazu beiträgt, dass das Kreuzstraßenviertel auch langfristig ein attraktives Wohnquartier bleibt.
Bei der Planung hat man sich vorrangig darauf konzentriert, die energetischen Standards der Wohnungen weiter zu verbessern.
Für eine weitere Reduzierung des Energieverbrauchs wird künftig auch ein Mieterinformationssystem sorgen.