Randbemerkungen zum Dach
Als Schnittstelle zwischen Dach und Fassade ist der Dachrand ein wichtiges Bauteil. Er wird als Abschluss der Abdichtung entweder als Dachrand ohne Aufkantung mit Dachrandabschlussprofilen oder als Dachrand mit Aufkantung, auch Attika genannt, mit Dachrandabdeckungen erstellt.
Weil am Dachrand verschiedene Materialien aufeinandertreffen, die teilweise auch von unterschiedlichen Gewerken verarbeitet werden, existieren viele Regelwerke. Sie beschäftigen sich alle mit der regelkonformen Ausbildung des Dachrands. Doch welche dieser Regeln ist für wen relevant? Und wann muss ein statischer Nachweis für den Dachrand vorliegen?
Windlasten am Dachrand
Die Norm DIN EN 1991-1-4 „Windlasten“ des „Eurocode“, bauaufsichtlich eingeführt durch die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) des Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt), gibt klare Regeln zur Bestimmung anzusetzender Windlasten für Bauwerke und Bauwerksteile. Daneben gibt es eine ganze Reihe weiterer baurechtlich relevanter Regelwerke für den Dachrand. Dazu zählen Normen als übergeordnete Vorgaben, übereinstimmend verabschiedet von Berufsverbänden, Sachverständigen, Wissenschaft und Bauaufsicht, wie auch Fachregeln von Berufsverbänden z.B. Dachdecker-, Klempner- oder Industrieverbänden.
Zu den relevanten Normen gehört die DIN 18531-1 „Abdichtung von Dächern sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen“. Darüber hinaus gilt die DIN 18339 „Klempnerarbeiten“, sofern die „VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen - Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV)“ vertraglich vereinbart ist. Als relevante Fachregeln gelten ohne Zweifel die „Fachregel für Abdichtungen“ und die „Fachregel für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk“, herausgegeben vom Zentralverband des deutschen Dachdeckerhandwerks ZVDH, sowie die Richtlinien für die Ausführung von Klempnerarbeiten an Dach und Fassade des Zentralverband Sanitär Heizung Klima ZVSHK.
Regeln gelten für alle
Alle genannten Normen und Regelwerke richten sich gleichermaßen an Planer, Verarbeiter und selbstverständlich auch an die Industrie. Denn aufgrund der Anforderungen werden bestimmte Produktmerkmale beeinflusst. Dazu gehören zum Beispiel das Quergefälle zum Dach bei Mauerabdeckungen oder die Möglichkeit thermischer Dehnungen unterschiedlicher Werkstoffe am Dachrand ohne schädigende Auswirkungen.
Immer den vollen Durchblick?
In den Jahren 2016 und 2017 wurden die meisten der genannten Regelwerke aktualisiert und angepasst. Bei so vielen Regeln und Normen stellt sich natürlich die Frage: Kennen sich hier noch alle Beteiligten aus? Manche der Änderungen sind in der Fülle der durchgeführten Anpassungen bei den Betroffenen eventuell „untergegangen“. Einige Änderungen bilden wiederum den technischen Standard ab, der vor einigen Jahren schon mal Gültigkeit hatte. Beispielsweise ist der Tropfkantenabstand von Dachrand- oder Mauerabdeckungen in der „Fachregel für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk“ nach elf Jahren wieder „zurückgeändert“ worden. Denn hier bestand eine Diskrepanz zur Klempnernorm DIN 18339, die in den letzten elf Jahren unabhängig von der Gebäudehöhe für die meisten eingesetzten Metalle einen Tropfkantenabstand von „mindestens 20 mm“ forderte.
Die „Fachregel für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk“ hat sich in den Jahren 2006 bis 2017 hiervon unterschieden. Sie forderte ab Gebäudehöhen von 8 m „mindestens 30 mm“ und ab einer Gebäudehöhe von 20 m „mindestens 40 mm“ Tropfkantenabstand. Sinnvollerweise ist hier die „Fachregel für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk“ mit der aktuellen Ausgabe von Juni 2017 wieder auf das in der Praxis bewährte Maß von „mindestens 20 mm“ – unabhängig von der Gebäudehöhe - zurückgegangen.
Grundlage der geforderten Bauleistung
Aus den aktualisierten Normen und Regelwerken ergeben sich teilweise deckungsgleiche, aber auch unterschiedliche Forderungen. Die ausführenden Gewerke orientieren sich dabei an dem, was ausgeschrieben wurde. Denn mit der Ausschreibung legt der Planer die Anforderungen für die Bauleistungen fest. Hier einfach alle Regelwerke zu benennen macht wenig Sinn.
Warum das so ist, soll folgendes Beispiel verdeutlichen: In der „Fachregel für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk“ werden unter „8. Abdeckungen“ für Mauerabdeckungen auf Haltern als „selbsttragende Profile“ „korrosionsbeständige Befestiger“ gefordert. Konkret heißt das, es müssen Edelstahl-Schrauben eingesetzt werden. Weiterhin fordert die Fachregel unter dem gleichen Punkt das „Vorliegen eines statischen Nachweises“. Hat der Planer in seiner Ausschreibung die „Fachregel für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk“ zu Grunde gelegt, müssen bei der Ausführung Edelstahlschrauben für die Halterbefestigung der Mauerabdeckungen zum Einsatz kommen und die statische Nachweisbarkeit der ausgeführten Leistung mit einem Dokument belegbar sein.
In den genannten Punkten ist eine Ausschreibung unter Angabe der DIN 18531 (sie fordert für Befestiger einen „ausreichenden Korrosionsschutz“) oder der DIN 18339 (sie fordert „korrosionsgeschützte Befestiger“, also z.B. verzinkte Schrauben, die in der Praxis ja häufig auch zum Einsatz kommen) evtl. passender. Darüber hinaus gilt der statische Nachweis in der DIN 18339 als eine „besondere Leistung“. Damit ist zugleich klar: Wird ein statisches Nachweisdokument gefordert, sind die entstehenden Zusatzkosten bei einer Beauftragung eines Statikers auch zusätzlich zu kalkulieren und zu bezahlen.
Industrieknowhow überprüfen
Nicht selten wird der Dachrand mit fertigen Systemen, die teilweise objektbezogen konfiguriert werden, ausgeführt. Aber auch bei der Zusammenarbeit mit kompetenten und erfahrenen Herstellern ist darauf zu achten, dass eindeutige Angaben zur Ausführung und Anzahl von Haltern gemacht werden. Neben der Halteranzahl und Halterausführung spielt selbstverständlich auch hier der Untergrund, in welchen die Schraube befestigt wird, eine wichtige Rolle.
Wissen, was man will
Die regelkonforme Ausführung von Dachrändern ist eine Expertenleistung. Neben den handwerklichen Kenntnissen spielt auch das Wissen um die jeweiligen Regelwerke und Normen, auf deren Grundlage die Ausschreibung erfolgte, eine entscheidende Rolle.
Die regelkonforme Ausführung von Dachrändern ist eine Expertenleistung.
Normen- und Regel-Vielfalt
(entspricht DIN 1055-4:2005-03, Teil 4 Windlasten)