Schlechter hätte der Start nicht sein können
Der ehrenamtliche BFW-Präsident Andreas Ibel spricht Klartext. Diesmal geht es um den überraschenden Stopp der Bundesförderung für effiziente Gebäude.
Der 24. Januar 2022 wird uns sicher noch einige Zeit in den Knochen stecken bleiben. Sieben Tage vor dem bekanntgegebenen Termin schließt die KfW an jenem Montag ihr Antragportal für alle Programme der Bundesförderung für effiziente Gebäude und schickt damit die gesamte Immobilienbranche in Schockstarre.
24.000 ordnungsgemäß gestellte Anträge werden über Nacht fraglich gestellt, zahllose bleiben in der Pipeline stecken, die in den letzten Januartagen noch finalisiert werden sollten. Schlechter hätte der baupolitische Start der Ampelkoalition nicht sein können.
Inzwischen hat sich die Bundesregierung wenigsten ein wenig besonnen. Gestellte Anträge werden bearbeitet und beschieden. In einem Rechtsstaat sollte das doch aber eine Selbstverständlichkeit sein.
Wie es weitergeht, bleibt bisher im Ungefähren. Förderung von Sanierungsmaßnahmen sollen weiterlaufen, der Neubau aber bekommt nur noch Peanuts: bis Jahresende stehen 1 Mrd. Euro zur Verfügung. Was genau gefördert wird und in welcher Höhe wissen wir bisher nicht. Angesichts der bekannten Antragsflut muss man aber kein Einstein sein, um auszurechnen, dass nur noch in engen Grenzen gefördert wird. Ohnehin steht ausschließlich der KfW40-Standard zur Debatte. Zu befürchten ist aber, dass es mindestens KfW40 EE oder 40+ sein muss, bevor Förderung fließt. Und auch dann werden die Fördersätze sicher deutlich reduziert – auf die Hälfte, vielleicht sogar auch auf ein Drittel.
Spätestens ab Januar 2023 soll dann ein neues Fördersystem kommen. Die ersten Vorzeichen lassen nichts Gutes erahnen. Das Effizienzhaus 55 zum gesetzlichen Standard und damit wieder technisch-theoretische Merkmale eines Gebäudes als Grundlage für die Förderung zu machen und nicht tatsächliche CO2-Emissionen systemisch zu betrachten, wird uns den ambitionierten Zielen bei Klimaschutz und Wohnungsbau nicht näherbringen.
Es mag Projekte, Regionen und Märkte geben, in denen sich der EH55-Standard wirtschaftlich ohne Förderung realisieren lässt. Aber gerade dort, wo es dringend neue Wohnungen braucht, Grundstückpreise besonders hoch sind und jeder Cent für Mieterinnen und Mieter zählt, treibt der EH55-Standard Baukosten nach oben, ohne wirklich CO2 einzusparen. Eine Reihe von Studien in den vergangenen Jahren belegen: trotz immer dickerer Gebäudehülle und immer besseren Fenstern sinken Energieverbrauch und CO2-Ausstoß kaum. Heiz- und Lüftungsverhalten von Nutzern lassen sich eben nicht über KfW-Standard regulieren.
Wir brauchen eine klimaneutrale Energieversorgung. Anders werden wir Klimaschutz und bezahlbaren Wohnungsbau nicht zusammenbringen. Der Ansatz der Bundesregierung, ab 2025 neu eingebaute Heizungen auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien zu betrieben, geht in diese Richtung. Faktisch verfolgt man damit aber eine „All Electric“-Strategie, heißt: Wärmeversorgung auf Strombasis und dann bleibt nur noch die Wärmepumpe. Im Neubau mag das noch angehen. Für den Bestand ist eine solche Strategie absurd.
Wir müssen breiter denken, echte Technologieoffenheit erlauben und auch fördern. Nah- und Fernwärme, Bio-Methan und vor allem auch Wasserstoff. Ja, die Produktion von Wasserstoff braucht viel Energie. Diese über Elektrizität direkt zu verwerten, ist effizienter. Doch wir müssen Energie eben auch speichern, transportieren und in bestehenden Systemen – in Bestandsgebäuden – nutzen können. Und da bietet Wasserstoff eine Lösung.
Bleibt zu hoffen, dass die neue Bundesregierung aus dem 24.Januar gelernt hat und nun vorher mit uns Praktikern aus der Immobilienwirtschaft spricht, bevor so weitreichende wie schädliche Entscheidungen getroffen werden.