Stopp der Neubauförderung lähmt auch die Energiewende

Der ehrenamtliche BFW-Präsident Andreas Ibel spricht Klartext.

Viele von uns werden sich noch an den 25. November 1973 erinnern: Kinder spielen auf Straßen und Autobahnen, Menschen sind unterwegs in Pferdewagen oder auf Fahrrädern. Deutschland hat seinen ersten autofreien Sonntag. Die Bundesregierung hatte mit dem Energiesicherungsgesetz an vier Sonntagen ein Fahrverbot verhängt. Auslöser der Ölkrise war der israelisch-arabische Jom-Kippur-Krieg, in dem die arabischen Öl-Förderländer ihre Ressource als politisches Druckmittel einsetzten.

Im Frühjahr 2022 haben wir wieder Krieg und wieder geht es auch um Energie, wieder wird die Energieversorgung zur politischen Waffe.

Noch sind wir nicht gesetzlich aufgefordert, kalt zu duschen oder unsere Heizungen abzustellen. Die hohen Energiepreise treiben uns aber schon ganz automatisch zu sparsamerem Verhalten. Doch wie lange halten wir, halten Gesellschaft und Wirtschaft das durch?

Die Bundesregierung bemüht sich um Alternativen, auch weit jenseits von bisher geltenden Überzeugungen. Gas-Importe aus Katar und den USA – per Schiff – sollen gesteigert werden, verhandelt durch einen grünen Energie- und Klimaminister.

Natürlich popagiert Bundesminister Habeck auch den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Rückenwind kommt aus Brüssel. Jetzt soll alles noch schneller gehen mit kohlenstofffreier und vor allem unabhängiger Energieversorgung für ganz Europa.

Aber dort, wo die Bundesregierung schnell und wirksam handeln könnte, da herrscht Schweigen und Tatenlosigkeit: beim Thema Neubauförderung nämlich.

Seit dem plötzlichen Stopp aller Programme der Bundesförderung für effiziente Gebäude am 24. Januar warten wir darauf, dass wenigstens die Förderung von KfW40-Gebäuden wieder aufgenommen wird. Wochenlang passierte nichts.  Jeden Tag, der verstrichen ist, sind klimaschonende, energiesparende und energieproduzierende Gebäude nicht gebaut worden. Nun soll die Neubauförderung wieder aufgenommen werden, mit halbierten Fördersätzen. Und das Gesamtbudget ist auf eine Milliarde Euro gedeckelt. Für KfW40-Häuser reicht das hinten und vorne nicht. Schnell werden die Fördertöpfe wieder leer sein. Bei diesen Aussichten werden viele Projekte sicher umgeplant und auf weniger ambitionierte Standards ausgerichtet.

Ähnliche Mechanismen sehen wir, wenn es um das Thema „Solardachpflicht“ geht. Wenn der Staat alle gewerblichen Hauseigentümer zu PV-Modulen auf dem Dach zwingt, ohne wirtschaftliche Vergütungsmodelle zu schaffen, dann wird sich jeder bis zuletzt dagegen wehren. Auf den Dächern landen dann gerade mal so viele Module, wie sein müssen und nicht so viele, wie sein können. Und das mit einem erheblichen Zeitverzug, denn alle werden warten, bis sie wirklich gezwungen sind.

Eine vollständige Liberalisierung des Mieterstroms und eine Weiterentwicklung hin zum Quartiersstrom mit marktangepassten Vergütungsmodellen würde dagegen einen deutlich anderen Effekt haben. Ganz ohne Förderung würde dann ein Run auf alle zur Verfügung stehenden Solarmodule einsetzen und der Ausbau der Erneuerbaren Energien würde im Gebäudesektor – und hier vor allem auch im Bestand – einen echten Schub bekommen.

Die Bundesregierung muss jetzt schnell handeln, wenn
sie es ernst meint mit Klimaschutz und Energieunabhängigkeit. Mit Blick auf den Frühling mag das Herunterdrehen der Heizung noch als persönliche Einsparmaßnahme funktionieren. Doch der Beginn der nächsten Heizperiode kommt schon in sechs Monaten wieder auf uns zu.

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