Tageslichtsysteme im Wohnungsbau
Tageslicht kann nicht nur über die Fenster ins Innere eines Gebäudes gelangen. Moderne, mit extrem leistungsfähigen Reflexionsfolien ausgestattete ‚Lichtröhren‘ leiten das Licht tief ins Gebäude.
Wenn Wohnraum am Markt angeboten wird, spielen Menge und Qualität der Belichtung der Immobilie meist eine große Rolle. Gerne wird von „freundlichen, hellen“ Räumen gesprochen, die sich „nach Süden“ orientieren und deshalb idealerweise „lichtdurchflutet“ sind. Lage, großflächige Verglasungen, Dachfenster, Loggien und Balkone haben die Aufgabe, möglichst viel Licht ins Innere der Wohnung zu lassen und intensive Blickbeziehungen zwischen innen und außen zu ermöglichen.
Seit die Menschen gelernt haben, mit Hilfe von Fenstern Maueröffnungen zu verglasen – über Jahrhunderte ein Privileg ausschließlich der Reichen und Mächtigen – wird versucht, Wohnräume und Arbeitsplätze möglichst hell zu gestalten, um den Aufenthalt darin erträglich und angenehm werden zu lassen.
Licht und Psyche
Die Zusammenhänge zwischen Helligkeit und Wohlbefinden sind lange bekannt. Längst wissen die Arbeitspsychologen auch, dass es einer gewissen Helligkeit (Lichtstärke) bedarf, um die Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten und Unfälle zu vermeiden. Diese anfängliche, eindimensionale Betrachtung führte zu manchen Fehlschlüssen, gemäß dem Motto, viel hilft viel; oder anders gesagt: je heller desto besser. Die Erfindung der Leuchtstofflampe, die viel Licht bei verhältnismäßig geringen Energiekosten versprach, führte zu „billigen“ Beleuchtungslösungen, wie wir sie noch heute in einigen Discount-Läden nachvollziehen können. Interessanterweise fühlen sich die Menschen in derart stark ausgeleuchteten Räumen aber nicht wohl, was bedeutet, dass die Frage der Beleuchtung komplexer ist.
Die seit Jahrtausenden evolutionär in uns abgespeicherte Referenz für Licht ist das natürliche Licht, das Tageslicht. Und wenn man früher versucht hat, diesem technisch möglichst nahe zu kommen, hat man dabei meist vergessen, dass Tageslicht dynamisch ist. Es unterscheidet sich nach Regionen, nach Jahres- und Tageszeiten, nach meteorologischen Gegebenheiten usw. „Das“ Tageslicht gibt es also nicht, und dennoch ist Tageslicht für Mensch und Tier das gesündeste Licht, das Licht, nach dem wir deshalb streben und dem wir uns gerne so oft wie möglich aussetzen.
Baulicher Kompromiss: das Fenster
Dies ist der Grund, warum helle Immobilien freundlich wirken und sich besser vermarkten lassen. Um Räume zu belichten, greift man gerade im mehrgeschossigen Wohnungsbau zwangsläufig zu einem Mittel der zweiten Wahl, dem Fenster. Dieses ermöglicht zwar in hervorragender Weise die eingangs erwähnten Blickbeziehungen zwischen innen und außen, belichtet aber über eine vertikale Fläche. Im Freien hingegen kommt das Tageslicht stets von oben. Befinden wir uns in der Natur und unser Aufenthaltsort wird durch eine kleine vertikale Fläche mit Tageslicht versorgt, stehen wir vermutlich in einem dichten Wald oder in einer Höhle.
Tageslicht sollte im Idealfall also von oben kommen. In einem Bungalow ist das unproblematisch, aber im zweiten Stock eines viergeschossigen Wohnblocks scheint dieser Wunsch unerfüllbar.
Tageslicht tief ins Gebäude leiten
Um zusätzlich zum Fenster Tageslicht ins Gebäude zu leiten, wurden die so genannten Solatube (Sonnenröhren) entwickelt. Diese sammeln mit Hilfe einer Acrylglaskuppel auf dem Dach (oder in der Fassade) Tageslicht ein und leiten es über eine stark reflektierende Röhre ins Gebäude. Die Kuppel ist als Prismenkuppel ausgebildet, wodurch eine Lichtmenge genutzt werden kann, die dem Vielfachen derer entspricht, die ein planes Fenster hindurch lassen würde. Die so eingesammelte große Menge an Tageslicht wird über viele Meter, selbst durch Knickungen der Röhre hindurch, geleitet. Die Leistungsfähigkeit der Tuben – und damit die mögliche Systemlänge – wird durch den Reflexionsgrad auf der Röhreninnenseite bestimmt. Metallisch bedampfte Materialien (wie ein normaler Spiegel) weisen Reflexionsgrade von 95 % bis max. 98 % auf. Die mit einem Multilayerfilm laminierten Röhren hingegen erreichen Reflexionsgrade von bis zu 99,7 %. Was auf den ersten Blick vernachlässigbar erscheint, entscheidet in der Praxis über die professionelle Anwendbarkeit; denn anders herum gerechnet sind die Verluste bei metallisch bedampften Oberflächen bereits nach der ersten Reflexion ca. 7–16 mal höher.
Das transportierte Licht tritt schließlich über einen Diffusor aus, der eine breite, blendfreie und schattenarme Lichtstreuung in den Raum hinein ermöglicht. Nicht sichtbare und schädliche Lichtfrequenzen wie UV-und IR-Strahlung werden durch den Multilayerfilm, bei dem jede Schicht für die Reflektion einer bestimmten Bandbreite des Lichts verantwortlich ist, nicht transportiert.
Tageslicht – überall erhältlich
Sofern die Planung rechtzeitig beginnt, können Tageslichtröhren nicht nur im Neubau, sondern auch bei Umbau und Renovierung zum Einsatz kommen. Und aufgrund der möglichen Leitungslängen hochwertiger Systeme ist es möglich, fast überall im Gebäude in den Genuss von natürlichem Licht zu kommen. Anwendungsbeispiele sind innen liegende Bäder und Flure sowie Treppenhäuser und Lagerräume. Aber auch Heizungskeller (keine Explosionsgefahr), Hauswirtschaftsräume und Tiefgaragen können mit Tageslichtröhren ausgestattet werden, insbesondere dort, wo unterirdische Gebäudeteile über die sichtbare Kubatur hinausragen. Hier vermittelt das schattenfrei strahlende Tageslicht über seine technischen Vorteile hinaus, auch subjektiv ein Gefühl der Sicherheit.
Sichere, weltweit erprobte Systeme
Techniker und Entwickler der Lichtröhren von Solatube schauen inzwischen auf mehrere Jahrzehnte Erfahrung und einige Millionen verbauter Systeme zurück und wissen, dass die Durchdringung von Dachhaut oder Fassade dank der zahlreich zur Verfügung stehenden Form- und Passstücke problemlos möglich ist. Sie bieten neben der Unterstützung bei Planung und Dimensionierung der Systeme ausgebildeten Handwerkern Montageschulungen an, in deren Verlauf die bauphysikalisch und handwerklich korrekte Handhabung vermittelt wird, damit der Verarbeiter die Tageslichtsysteme routiniert und schadensfrei installieren kann.
Und die Wärme bleibt drinnen
Immer wieder taucht im Zusammenhang mit den Lichtröhren die Frage nach der Energieeffizienz auf. Die Solatube-Tageslichtsysteme selbst benötigen keinerlei Energie. Und bei der Durchdringung der Gebäudehülle treten lediglich sehr geringe Wärmeverluste auf. Das liegt vor allem an dem dem geometrisch günstigen Verhältnis von geringem Querschnitt zu relativ großer Länge des Systems. Die Röhren sind zudem luftdicht verschlossen, so dass eine Auskühlung des Gebäudes über Konvektion (Lufttransport) unmöglich ist. Die tatsächlichen U-Werte sind im Einzelfall zu berechnen. Hier lassen sich allgemeine Aussagen nicht treffen, weil die Arten der Anwendung und der Einsatzgebiete, aber auch die verschiedenen Systeme selbst sich zu stark von einander unterscheiden. Grundsätzlich kann aber gesagt werden, dass die Dämmwirkung der Installationen mit zunehmender Länge deutlich zunimmt. Im Einfamilienhaus liegen die U-Werte so bereits unter 1,3 W/m2K. Durch gedämmte Dachanschlüsse und einen speziellen Kuppelbau können selbst sehr kurze Systeme sogar U-Werte von 0,5 W/m2K erzielen.
Resümee
Licht erhöht die Akzeptanz von Wohnraum in starker Weise. Kunstlicht kann diese Akzeptanz nicht hervorrufen, denn nur Tageslicht wird als natürlich empfunden und vermittelt ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit. Tageslicht gelangt traditionell über Fenster in die Räume. Fenster stellen - lichttechnisch gesehen – vertikale Beleuchtungsflächen dar, während das Tageslicht im Freien immer von oben kommt. Lichtröhren wie die Solatube sind in der Lage, mit vertretbarem technischen Aufwand Tageslicht tief in Gebäude zu führen und dort auch fensterlose Räume natürlich zu belichten. Die Systeme sind erprobt, sicher und wartungsfrei und eignen sich für Anwendungen im Bestand wie im Neubau.