Wärmedämmverbundsystem

Wärmedämmung –
spricht was dagegen?

Die Verbraucherzentralen bieten seit 1978 im Rahmen eines vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projektes Energieberatung für Privathaushalte an. Seit einiger Zeit haben sie eine zunehmende Unsicherheit bei den Ratsuchenden beim Thema Wärmedämmung festgestellt, was auch mit der Berichterstattung in den Medien zu tun hat. Hans Weinreuter, Energiereferent der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e.V., fasst die häufigsten Fragen und ihre Antworten dazu zusammen.

Zieht Wärmedämmung Schimmel an?

Der Schimmelpilz, den man auf der Innenseite oder im Eckbereich von Außenwänden manchmal findet, braucht als Hauptwachstumsfaktor eine gewisse Feuchtigkeit. Als Nahrung reicht ihm meist schon der Tapetenkleister als organisches Material. Der entscheidende Parameter für die Feuchtekonzentration an der inneren Wandoberfläche ist die Oberflächentemperatur. Diese liegt an kalten Tagen bei ungedämmten Wänden mit hohem U-Wert mehr als 5° C niedriger als die Lufttemperatur in der Raummitte. Entsprechend steigt die relative Luftfeuchtigkeit dort an, weil die Luft weniger Wasserdampf speichern kann. Wichtig hierbei: Damit die Schimmelpilze wachsen können, reicht meist schon ein Anstieg der relativen Luftfeuchtigkeit auf 80% aus. Die Wand muss also gar nicht fühl- und sichtbar feucht werden, damit der Schimmel kommt. Das bestätigt auch die Erfahrung: in den meisten Häusern mit Schimmelbefall in den Wohnungen, sind die befallenen Stellen nicht fühlbar feucht.

Dämmt man die gleiche Wand, steigt die innere Oberflächentemperatur deutlich an auf Werte, die höchstens 1° C unter der Lufttemperatur liegen. Die relative Luftfeuchtigkeit steigt nur geringfügig an und Schimmelrisiko sinkt deutlich.

Kann eine gedämmte Wand nicht mehr atmen?

Die These der atmenden Wand - aufgestellt von Max von Pettenkofer im 19. Jahrhundert - wurde bereits 1928 von Dr. Raisch widerlegt. Das Ergebnis seiner Messungen: eine massive verputzte Wand ist luftdicht. Auch der Effekt des Feuchtetransports ist ausreichend untersucht. Durch Diffusionsvorgänge wandert eine gewisse Feuchtemenge durch die Poren einer Wand. Allerdings sind diese Mengen sehr gering im Vergleich zu den gesamten Feuchtemengen, die im Laufe einer Heizperiode innerhalb eines Wohngebäudes frei werden. Von den 1.000 bis 2.000 l, die während der Heizperiode nach draußen gehen, diffundieren nur etwa 2% durch die Gebäudehülle. Für das Raumklima ist diese geringe Menge nicht relevant. Übrigens ist der Dämmstoff Polystyrol genauso für Wasserdampf durchlässig wie weiches Holz – hartes Holz ist dichter, wird als Baustoff aber nie in Frage gestellt.

Werden unsere gedämmten Häuser zu dicht?

Wie sieht es an den Stellen aus, wo Bauteile aneinander stoßen und wo manchmal Fugen zu finden sind? Brauchen wir diese Fugen für einen gewissen Grundluftwechsel? In der Tat strömt die Luft durch diese Fugen problemlos hindurch und nimmt dabei viel Energie und Feuchtigkeit mit nach draußen. Durch eine 3 mm breite und 1 m lange Fuge geht eine um den Faktor 100 bis 200 größere Menge an Feuchtigkeit hindurch wie bei der Diffusion durch 1 m² Wandfläche. Aber dies ist nicht nur mit einem Energieverlust und Zugerscheinungen verbunden. Wenn es in Bauteilfugen in der Gebäudehülle zu Feuchte- und Schimmelbildung kommt, sieht man den Schimmel unter Umständen gar nicht, so dass ein nicht erkannter Bauschaden entsteht. Um solche Probleme zu vermeiden, muss eine Gebäudehülle möglichst luftdicht sein – und zwar unabhängig davon, ob und wie dick ein Haus gedämmt ist. Wir müssen aktiv lüften – entweder durch Öffnen und Schließen von Fenster und Türen oder mit Hilfe einer Lüftungsanlage.

Ist es nicht wichtiger, die Wärme durch massive Bauteile in den Häusern zu speichern als die Gebäudehülle umfassend zu dämmen?

Leider kann ein Speicher nur verzögernd aber nicht dämmend auf den Energieabfluss wirken. Außerdem muss jeder Speicher zunächst aufgeladen werden. Wie schnell er sich wieder entlädt, hängt von seiner Speichermasse, von seiner Oberfläche und von seiner äußeren Wärmedämmung ab. Massive Bauteile führen zu einer zeitlichen Verzögerung von einigen Stunden beim Abkühlen oder Aufheizen, so dass die Wirkungen auf das Raumklima insbesondere im Sommer durchaus positiv sind. Es sei denn, es kommt viel Sonnenstrahlung den ganzen Tag über durch große Glasflächen oder Dachflächenfenster ins Haus. Dann haben es auch die Speichermassen schwer, diese Energiemenge wegzupuffern. Die komplizierte Wechselwirkung zwischen Dämmen und Speichern ist schon im 19. Jahrhundert genau untersucht und mathematisch dargestellt worden. Spätere Messungen bestätigen die Theorie.

Werden solare Gewinne durch Dämmen ausgesperrt? Macht die Dämmung deshalb keinen Sinn?

Im Zusammenhang mit dem Speichern von Wärme in massiven Bauteilen wird auch gerne darauf hingewiesen, dass eine gedämmte Wand keine Sonnenstrahlung von außen aufnehmen kann. Daher wäre das Dämmen kontraproduktiv. Im Übrigen würde dieser Effekt bei den Verordnungen und Normen, die für die Berechnung von Energieverlusten und Gewinnen von Gebäuden zur Anwendung kommen, nicht berücksichtigt. Es ist richtig, dass eine ungedämmte Wand auch während der Heizperiode Energie durch die Sonnenstrahlung von außen aufnimmt und dass eine Wärmedämmung diese Aufnahme deutlich reduziert. Der damit verbundene Energiegewinn ist jedoch vergleichsweise gering, weil das Strahlungsangebot während der Heizperiode in unseren Breiten relativ niedrig ist. Im Vergleich dazu ist die Energiemenge, die durch die Wärmedämmung eingespart wird, um ein vielfaches größer. Diese Energieflüsse sind messtechnisch relativ einfach zu erfassen, so dass diese Zusammenhänge lange geklärt sind. Und seit 2002 wird dieser Effekt auch bei den Berechnungen im Zusammenhang mit der Energieeinsparverordnung und den nachgelagerten Normen entsprechend berücksichtigt.

Erhöht eine Außenwanddämmung mit einem Wärmedämmverbundsystem (WDVS) aus Polystyrol das Brandrisiko und gefährdet sie damit die Bewohner?

In mehreren Fernsehbeiträgen wurden in den letzten Jahren spektakuläre Bilder von brennenden Wohnhäusern gezeigt, bei denen auch die Außenwanddämmung eine Rolle spielte. Es entstand dabei der Eindruck, dass vor allem ein WDVS mit Polystyrol die Risiken für die Bewohner im Brandfall deutlich erhöht. Analysiert man das Thema Brandrisiko etwas genauer, kommt man zu einem anderen Ergebnis. Es gibt ca. 180.000 Brände im Jahr in Deutschland – davon ca. 80% in Wohngebäuden. Die allermeisten Brände in Wohnhäusern entstehen in den Räumen aufgrund von defekten elektrischen Geräten, durch Fehler bei der Elektroinstallation oder durch nicht beachtete Zigaretten oder Kerzen. Als erstes fängt dann das Mobiliar und die Inneneinrichtung Feuer. Nach ca. 10 bis 15 Min. verpuffen die Brandgase und zerstören die Fensterscheiben. Die unverbrannten Pyrolysegase strömen nach draußen, entzünden sich unter Sauerstoff und brennen als Fackel vor dem Fenster nach oben. Nach 2-3 Min. werden die nächst höheren Fenster zerstört und der Brand wandert in die nächste Etage – und zwar unabhängig davon, ob die Wand gedämmt ist oder nicht. Ein WDVS kann je nach Situation in diesem Zuge anfangen mit zu brennen – das dauert jedoch meist zwanzig bis dreißig Minuten. Die Geschwindigkeit der Brandausbreitung im Raum hängt im Wesentlichen von der inneren Brandlast ab. Diese wird von der Möblierung und von Teppichböden und Treppenhäusern aus brennbarem Material bestimmt. Die größte Gefahr für die Bewohner geht dabei von den Brandgasen aus. Diese führen innerhalb weniger Minuten zu einer Rauchvergiftung, die tödlich sein kann, wenn man nicht möglichst schnell das Haus verlässt. Das bedeutet, dass die Sicherheit der Bewohner nicht davon abhängt, ob irgendwann die Außenwanddämmung anfängt zu brennen oder nicht. Entscheidend ist, dass die Bewohner möglichst schnell das brennende Haus verlassen, bevor sie zu viele Rauchgase eingeatmet haben. Schaumkunststoffe sind im Brandfall übrigens wesentlich relevanter, wenn sie in Polstermöbeln und Matratzen verarbeitet sind und nicht in Form von Dämmstoffen auf der Außenwand.

Ist eine Außenwanddämmung mit einem WDVS aus Polystyrol wenig ökologisch und am Ende Sondermüll?

Um eine ökologische Bewertung von Dämmstoffen vorzunehmen, werden in der Regel die folgenden Faktoren betrachtet:

– der Ressourcen- und Energieaufwand bei der Herstellung und die Inhaltsstoffe

– die Energieeinsparung und sonstige Aspekte während der Nutzungsphase

– die Möglichkeiten der Verwertung und Entsorgung

Dämmstoffe aus nachwachsendem Material sind beim Ressourcenaufwand qualitativ klar im Vorteil. Betrachtet man den Energieaufwand bei der Herstellung, ist das Ergebnis nicht mehr so eindeutig. So benötigen beispielsweise Dämmplatten aus nachwachsenden Holzfasern mehr Energie bei der Produktion als Dämmplatten aus Polystyrol. Generell gilt jedoch, dass sämtliche Dämmmaterialien während ihrer Nutzungsphase am Gebäude ein Vielfaches der Energie einsparen, die für ihre Produktion eingesetzt werden muss. Bei der Materialzusammensetzung gibt es praktisch keinen Dämmstoff, der nur aus einer Komponente besteht. Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen im Hinblick auf Brandschutz, Feuchtebeständigkeit und Druckfestigkeit werden Zusatzstoffe und -materialien hinzugefügt. Dies schließt zum Beispiel auch bei Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen eine Wiederverwertung oder einfache Deponierung oft aus. Naturnahe Dämmstoffe werden zum Beispiel oft mit grundwasserrelevantem Borsalz behandelt, um die Brandschutzeigenschaften zu verbessern. Betrachtet man die Entsorgung, so gilt für die mineralischen Dämmstoffe, dass sie in der Regel auf speziellen Bauschuttdeponien deponiert werden. Synthetische und nachwachsende Dämmstoffe werden meist thermisch verwertet. Kein Dämmstoff wird als Sondermüll klassifiziert. Auch wenn bei einer Gesamtbewertung naturnahe Dämmstoffe sicher am besten abschneiden, sollte man sich vor einer einfachen Schwarz-Weiß-Malerei hüten. So sind z.B. auch die Anbaubedingungen von Baumwolle oder die langen Transportwege von Schafwolle aus Neuseeland kritisch zu bewerten. Aus all diesen Gründen halten wir den Einsatz von WDVS aus Polystyrol für vertretbar, wenn wir unsere Klimaschutzziele erreichen wollen – nicht zuletzt auch aus Kostengründen.

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