Wenn nur noch die Abrissbirne hilft
In einer Serie mit dem BMUB präsentieren wir Projekte aus der Bauforschung. In Teil 20 geht es um eine Bewertungsmethode zur transparenten Darstellung der zu erwartenden Kosten und Ausführungsdauern bei Abbruchmaßnahmen.
Anlass/ Ausgangslage
Der Abbruch von Bauwerken und Bauteilen sowie das Bauen im Bestand stellen eine komplexe Aufgabe dar, bei der eine Fülle von Randbedingungen und Anforderungen u.a. hinsichtlich Ökonomie, Ökologie und Technik zu berücksichtigen sind. So ist es im Zuge der Kostenplanung erforderlich, eine möglichst präzise Kostenbestimmung und Ausführungsdauer zu generieren. Die gegenwärtig verfügbaren Werkzeuge berücksichtigen die zuvor erwähnte Komplexität nicht umfänglich.
Gegenstand des Forschungsvorhabens
Das Forschungsvorhaben diente der Weiterentwicklung der am Institut für Baubetrieb der TU Darmstadt entwickelten Bewertungsmatrix zur „technischen und ökonomischen Bewertung von Abbruchverfahren im Industriebau“. Die Weiterentwicklung dieses Werkzeugs richtete sich zum einen auf die Anwendung bei weiteren Gebäudetypologien außerhalb des Industriebaus und kann im Ergebnis auch beim Bauen im Bestand genutzt werden.
Ferner dient das neue Werkzeug der transparenten Darstellung bzw. Aufschlüsselung der zu erwartenden Abbruchkosten und Ausführungsdauern. Es wurden zusätzlich der neueste Stand der Technik beim Abbruch und die aktuell geltenden rechtlichen Vorschriften mit einbezogen. Analog der Betrachtung der Ausführungsdauern und Kosten sind die Bestimmung der ökologischen Auswirkungen bestimmter Abbruchverfahren sowie die Gewichtung dieser zueinander möglich.
Die Realisierung des Forschungsvorhabens erfolgte in vier inhaltlich aufeinander aufbauenden Arbeitspaketen (P1, P2, P4 und P5) sowie in zwei weiteren Berichterstattungsmodulen (P3 und P6).
Arbeitspaket 1 (P1): Abbildung des Status Quo der Grundlagen mittels Literaturrecherche
Im ersten Schritt des Forschungsvorhabens wurde mittels einer Literaturrecherche der derzeitige Stand der Technik im Bereich Abbruchtechnologie untersucht. In diesem Zusammenhang wurden die einzelnen Abbruchtechniken unter Beachtung von Einsatzmöglichkeiten und -effizienzen untereinander verglichen. Darüber hinaus wurde ein Überblick der geltenden rechtlichen und umweltrechtlichen Belange und Vorschriften im Kontext von Abbrucharbeiten erarbeitet.
Arbeitspaket 2 (P2): Themenschwerpunkt Ökonomie: Ermittlung von Kostenkriterien
Einen weiteren Schwerpunkt der Untersuchung stellte die Identifikation kostentreibender Positionen von Abbruchmaßnahmen dar. Erkenntnisse über jene Kriterien, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Preisbildung und Ausführungsdauer bei Abbrucharbeiten und beim Bauen im Bestand haben sowie die am Markt vorherrschenden Modelle zur Preisbildung bei Abbruchmaßnahmen wurden durch die Analyse bzw. Nachkalkulation vorliegender Angebote gewonnen. Diese Erkenntnisse wurden mit Aussagen, die im Rahmen von Experteninterviews ermittelt werden konnten, verglichen. Die Auswahl der Angebote sowie der Interviewpartner erfolgte mit weiteren externen Projektbeteiligten (BASF SE, Krebs+Kiefer Ingenieure GmbH, Schleith GmbH).
Arbeitspaket 4 (P4): Themenschwerpunkt Zeit: In-Situ-Untersuchungen
Exemplarisch wurden ausgewählte Abbruchprojekte mit dem Arbeitsstudium nach REFA ausgewertet. So konnten Zeitaufwandswerte zu Abbrucharbeiten unter Beachtung der vorherrschenden Randbedingungen ermittelt werden. Die Auswahl und Festlegung der Anzahl der gewählten In-Situ-Untersuchungen hinsichtlich geeigneter Projekte fand in Abstimmung mit den zuvor genannten externen Beteiligtenstatt. Anhand einer quantitativen Auswertung von verschiedenen Baustellen konnten allgemeine Zeitaufwandswerte für Abbrucharbeiten an verschiedenen Bauteilen in Abhängigkeit der Abmessungen, der Bausubstanz, der Höhenlage etc. generiert und Parameter identifiziert werden, die maßgeblich an der Preisbildung bei Abbruchmaßnahmen beteiligt sind.
Arbeitspaket 5 (P5): Weiterentwicklung Bewertungsmatrix
Die Zusammen- bzw. Überführung der Ergebnisse der Literaturrecherche, der Experteninterviews sowie der In-Situ-Untersuchungen in die Weiterentwicklung der Bewertungsmatrix bildete die Kernphase des Forschungsprojekts. Das Ergebnis stellt ein EDV-gestütztes Datenbanksystem dar, welches eine Kosten- und Terminplausibilisierung ermöglicht. Analog der Betrachtung der Ausführungsdauern und Kosten ist zudem die Bestimmung der ökologischen Auswirkungen verschiedener Abbruchverfahren sowie die Gewichtung dieser zueinander möglich. Die Anwendung des Datenbanksystems ermöglicht somit die Anfertigung einer Rangfolge alternativer Abbruchverfahren für ein bestimmtes Abbruchprojekt unter Berücksichtigung der individuellen Projektziele.
Arbeitspaket 6 (P6): Zusammenstellung der Ergebnisse, Endbericht
Zum Abschluss des Forschungsprojektes wurden die Ergebnisse aufbereitet und in Form eines Endberichts zusammengefasst.
Das Ergebnis des Forschungsvorhabens in Form des EDV-gestützten Datenbanksystems steht auf dem Server des Instituts für Baubetrieb der TU Darmstadt als Excel-Datei zum Download zur Verfügung.
Fazit
Der Abbruch und das Bauen im Bestand sind gekennzeichnet durch ein komplexes Zusammenspiel von gesetzlichen Regeln, technischen, ökonomischen und ökologischen Anforderungen. Die Zielsetzung des Forschungsvorhabens, diese Anforderungen in eine Bewertungsmatrix für Abbruchverfahren zu integrieren, wurde erreicht. Die Gesamtheit der ermittelten Aufwands- und Leistungswerte ergänzt maßgeblich den gegenwärtigen Stand des Wissens. Die Dominanz des Hydraulikbaggereinsatzes mit adäquaten Anbaugeräten ist auszudeuten.
Besonders hinzuweisen ist auf die Erweiterung der Bewertungsmatrix hinsichtlich des „Ökologischen Bewertungsmoduls“ sowie auf die Möglichkeit des Downloads des Software-Tools.