„Wir wollen die Branche digital weiter nach vorne bringen“
Im Interview mit dem Bundesbaublatt beleuchtet Dr. Manfred Alflen, Vorstandvorsitzender der Aareon AG, den fortschreitenden digitalen Wandel, die Vorteile neuer Technologien sowie moderne ERP-Systeme.
Durch die Covid-19-Pandemie ist ein neuer Digitalisierungsschub entstanden. Welche Veränderungen sehen Sie hier für die Immobilienwirtschaft?
Dr. Manfred Alflen: In der Tat hat die Covid-19-Pandemie zu einer weiteren Digitalisierung der Arbeitswelt geführt. Wer hier bereits digital aufgestellt war bzw. sich schnell auf die neue Situation eingestellt hatte, konnte seinen Geschäftsbetrieb fortsetzen. Insbesondere in den Zeiten des ersten Lockdowns haben viele Unternehmen fast ausschließlich aus dem Homeoffice agiert. Das gilt auch für Immobilienunternehmen.
Als IT-Dienstleister war es uns ein Anliegen, unseren Kunden in dieser Situation zu helfen. Wir haben in diesem Kontext viele zusätzliche Webinare angeboten und unsere Kunden beispielsweise bei der Umsetzung der Vorgaben aus dem Konjunkturpaket, wie der Senkung der Umsatzsteuer oder dem Aufschub der Mietzahlung, unterstützt. Unseren Wodis-Sigma- sowie SAP®- und Blue-Eagle-Kunden haben wir für die Arbeit im Homeoffice Aareon Cloud Connect angeboten.
Hier ermöglicht ein Browser-basierter Remote-Zugriff auf die Aareon Cloud die Nutzung dieser ERP-Lösungen von jedem beliebigen Standort aus mit Internetanschluss. Die im September 2020 eingeführte neue ERP-Produktgeneration Aareon Wodis Yuneo trägt dem bereits Rechnung. Auf diese kann der Anwender ortsunabhängig und von jedem Endgerät zugreifen.
Das Fazit in dieser zuvor ungeahnten Situation mit zahlreichen Herausforderungen ist mit Blick auf die weitere Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft durchaus positiv: Wir haben festgestellt, dass auch während der Pandemiezeit Projekte fortgesetzt wurden bzw. neue Projekte starteten. Die Unternehmen haben hier schnell und flexibel agiert und sich auf die neue Situation eingestellt.
Der digitale Wandel setzt sich also quasi durch die Pandemie beschleunigt fort – was müssen Unternehmen aus Ihrer Sicht beachten?
Dr. Manfred Alflen: Wichtig ist es, einen Plan für den unternehmensspezifischen digitalen Transformationsprozess zu haben. Wir nennen das eine digitale Agenda. Diese orientiert sich an den Zielen der Unternehmensstrategie, an dem Digitalisierungsstand des Unternehmens sowie an der Softwarearchitektur im Unternehmen. Dabei gilt es, entsprechende Prioritäten zu setzen, das heißt die richtigen Stellschrauben zu berücksichtigen, um Mehrwerte herbeizuführen. Denn letztlich ist Digitalisierung kein Selbstzweck. Im Ergebnis sollen digitale Prozesse die vernetzte Zusammenarbeit vereinfachen und digitale Lösungen den Anwendern dienen. Digitalisierungsprojekte sollten also gut geplant sein, und die Mitarbeiter müssen in diesen Veränderungsprozess integriert werden.
Neue Technologien sind weiter auf dem Vormarsch – welche Vorteile bieten sie?
Dr. Manfred Alflen: Neue Technologien sind bereits in der Immobilienbranche angekommen. Hierzu zählen beispielsweise virtuelle Wohnungsbesichtigungen, die gerade auch in Zeiten der Pandemie noch mehr an Bedeutung gewonnen haben, datenbasiertes Quartiersmanagement, Smart Buildings oder Robotik im Bau. Unter Nutzung von künstlicher Intelligenz hat Aareon zum Beispiel im vergangenen Jahr die virtuelle Assistentin Neela eingeführt – zunächst als Chatbot.
Hier ist ein wesentliches Ziel, die künstliche Intelligenz für die Beantwortung von Standardanfragen von Mietern oder Eigentümern zu nutzen. Dies bietet sowohl Vorteile für den Kunden, der schnell und unkompliziert eine Antwort erhält, als auch für die Mitarbeiter des Immobilienunternehmens, die dadurch mehr Zeit für komplexe Anfragen haben. Ein weiterer Pluspunkt eines virtuellen Assistenten ist, dass er mit jeder Frage dazulernt und im Laufe der Zeit immer mehr Fragen direkt beantworten kann.
Im Zuge der Nutzung neuer Technologien gewinnt auch die digitale Anbindung von Gebäuden immer mehr an Bedeutung – welche Potenziale sehen Sie bei der vorausschauenden Wartung?
Dr. Manfred Alflen: Es stimmt, nachdem in den letzten Jahren insbesondere die Mitarbeiter von Immobilienunternehmen, Geschäftspartner und Mieter oder Eigentümer durch die Digitalisierung vernetzt wurden, stehen nun Gebäude und deren technische Anlagen immer mehr im Fokus. Das ist auch verständlich, denn die Instandhaltung von Gebäuden ist ein wesentlicher Kostenfaktor. Durch die smarte Anbindung von Gebäudetechnik an das digitale Ökosystem und die intelligente Datenauswertung können Immobilien deutlich effektiver verwaltet werden.
Dabei basiert die vorausschauende Wartung auf Daten, die über Sensoren und Kameras von der zu wartenden Gebäudetechnik in Echtzeit erhoben werden, sowie auf schon vorhandenen Daten aus Dokumentationsunterlagen. Im Idealfall stehen diese Daten bereits im ERP-System des Unternehmens zur Verfügung, ansonsten können analoge Daten auch digitalisiert werden. Über spezielle Algorithmen werden die Daten zusammengeführt, analysiert und ausgewertet. Dabei lernt das System durch jede neue Information dazu und kann diagnostizieren, wann und welche Reparaturen oder Wartungen erforderlich sind, und automatisch die richtigen Prozesse einleiten.
Im vergangenen Jahr hat Aareon die neue ERP-Produktgeneration Aareon Wodis Yuneo eingeführt. Welche Mehrwerte und weiteren Potenziale eröffnet das ERP-System?
Dr. Manfred Alflen: Das Jahr 2020 war für uns ein besonderes Jahr mit Blick auf unsere ERP-Systeme. Zum einen haben wir den Betrieb des ERP-Systems GES im Aareon Rechenzentrum planmäßig zum Ende des Jahres eingestellt. Die letzten Kunden waren bereits zum 1. Juli migriert. Damit ging eine Ära in unserer Unternehmensgeschichte zu Ende. Quasi fast gleichzeitig haben wir die neue Produktgeneration Wodis Yuneo auf den Markt gebracht. Vorhin sprachen wir ja bereits von neuen Technologien. Diese haben wir hier ebenfalls schon berücksichtigt.
Beispielsweise profitieren Anwender von einem neuen Oberflächendesign. Das Arbeiten funktioniert über wenige Bedienmuster intuitiv und das Cockpit kann durch verschiedene Einstellungsoptionen angepasst werden. Auch bietet Wodis Yuneo zum Beispiel Zugang zu intelligenten Tools sowie Analytik-Komponenten. Über bestimmte Algorithmen können beispielsweise Routineaufgaben automatisiert und Fehler vermieden werden. Zudem denkt das System mit und kann Nutzern Hinweise und Empfehlungen geben. Und dank webbasierter Technologie können Anwender alle Daten jederzeit im Büro, im Homeoffice oder mobil abrufen.
Welche Ziele verfolgt Aareon im Jahr 2021?
Dr. Manfred Alflen: Wir werden unsere Wachstumsstrategie weiterverfolgen, um unser Angebotsportfolio für unsere Kunden und deren Stakeholder auszubauen. Ziel ist es, für die Kunden Mehrwerte zu schaffen. Dabei setzen wir auf unsere eigene Forschung und Entwicklung, planen aber auch, wie schon in der Vergangenheit, weitere Akquisitionen zu realisieren. Wir wollen unsere Kunden bei ihrer Digitalisierung unterstützen und somit die gesamte Branche digital weiter nach vorne bringen.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
„Wichtig ist es, einen Plan für den unternehmensspezifischen digitalen Transformationsprozess zu haben. Wir nennen das eine digitale Agenda.“
„Durch die smarte Anbindung von Gebäudetechnik an das digitale Ökosystem und die intelligente Datenauswertung können Immobilien deutlich effektiver verwaltet werden.“