Building Intelligence

Bestandsmanagement mit Köpfchen

Oft genug fehlt es einfach an den für strategische Entscheidungen notwendigen Daten. Mit intelligenter Softwareunterstützung kommt man dennoch weg vom reinen Bauchgefühl. Gerade bei den drängenden Zielen zur Steigerung der Energieeffizienz spielt die Nutzung der sogenannten Building Intelligence eine wichtige Rolle, um den Immobilienbestand zukunftsorientiert weiterzuentwickeln.

Oftmals wird bei der Digitalisierung eines Gebäudes an Building Information Modeling gedacht. Das ist angesichts der Allgegenwärtigkeit des Themas wenig erstaunlich, aber zugleich nicht ausreichend. Denn egal ob eine Wertsteigerung der Immobilien, mehr Energieeffizienz oder eine Minimierung der Verkehrssicherheitsrisiken verfolgt wird, es geht in der Regel nicht um ein einzelnes Gebäude. Der Bestand ist letztlich der relevante Hebel für mehr Nachhaltigkeit und Wertschöpfung. Voraussetzung für ein effizientes Bestandsmanagement ist somit Skalierbarkeit. Und genau hier, wo BIM an seine Grenzen stößt, kann die Digitalisierung unter Nutzung von Building Intelligence ihr volles Potential entfalten.

Zum einen natürlich, indem dem Anwender wiederkehrende, standardisierte Aufgaben abgenommen werden. Diese Automatisierung hilft nicht allein, Zeit und Ressourcen zu sparen, sondern stellt zudem oftmals ein einheitliches Vorgehen sicher. Etwa bei einer an den tatsächlichen Bedarfen ausgerichteten Planung von Instandhaltungsmaßnahmen. So lässt sich auf Basis des Zustands der baulichen Elemente mittels digitaler Schablonen aus Wenn-dann-Bedingungen definieren, welche Maßnahmen zur Umsetzung der Instandhaltungsstrategien erforderlich sind. Anstatt jedes Objekt von Hand zu beplanen, werden diese Schablonen IT-gestützt über sämtliche Gebäude gelegt und liefern somit standardisierte Maßnahmenvorschläge. Der Anwender verfügt also automatisch über eine einheitliche Planungsgrundlage, die lediglich an die objektspezifischen Bedingungen anzupassen ist.

Aber mit IT-Unterstützung lässt sich auch die Qualität der bedarfs-, strategie- und renditeorientierten Planung verbessern. Und zwar durch die Nutzung von digitaler Intelligenz zur Beschaffung und Analyse von Daten.

Building Intelligence

Denn egal ob Planinstandhaltung oder energetische Sanierung, zuverlässige Informationen sind immer die Voraussetzung für zielgerichtete Entscheidungen. Aber wissen die Immobilienunternehmen wirklich, wie dick die Wärmedämmung jedes einzelnen ihrer Gebäude ist? Keine Frage, in der Praxis ist es kaum zu schaffen, all die für das Bestandsmanagement eigentlich erforderlichen Daten in durchgängiger Qualität und Tiefe vorzuhalten und auch zu pflegen. Erst recht nicht mit vertretbarem Aufwand. Liegen allerdings Informationen zum baulichen Zustand, Stromverbrauch oder der Fassadenfläche nur für einen Teil des Bestands vor, ist die zielgenaue Priorisierung von Maßnahmen schlicht unmöglich.

Die Lösung für dieses Dilemma besteht darin, auf sogenannte Building Intelligence zu vertrauen. Ein intelligenter Rechenkern, wie beispielsweise bei der Bestandsmanagementsoftware AiBATROS® von CalCon (www.calcon.de), ist nämlich in der Lage, da, wo die nötigen Daten fehlen, statistische Werte bereitzustellen. Diese Aufgabe übernimmt der Dependency Graph: ein komplexes Gebilde aus voneinander abhängigen Formeln, das man sich am besten als große Menge von Punkten vorstellt, die durch Linien verknüpft sind. Das System fügt diese je nach dem zu berechnenden Wert zu einer Formel zusammen und befüllt ihre Variablen mit sinnvollen Annahmen.

Intelligente Datenbeschaffung

Dadurch genügt es beispielsweise für jedes Gebäude sechs geometrische Grundgrößen zu erfassen: die ober- und unterirdische Bruttogrundfläche, die Anzahl der ober- und unterirdischen Geschosse, die Traufhöhe sowie die Gebäudegrundfläche. Aus diesen leitet die Software dann mittels statistischer Näherungen Vorschlagswerte für sämtliche zur Maßnahmenplanung erforderlichen Geometrien ab – von der Anzahl der Haupteingänge über die Heizleistung bis zur Länge der Regenrinne. Diese Vorschlagswerte für Massen und Dimensionierungen ermöglichen zusammen mit einer Zustandsbewertung der kostenintensiven Elemente eine bedarfsorientierte Maßnahmen- und Kostenplanung.

Falls man dennoch mehr Zeit investieren möchte, können diese statistischen Werte durch genauere Daten ersetzt werden – sofern solche irgendwo vorhanden sein sollten. Ein intelligenter Datenaustausch wird durch Programmierschnittstellen, sogenannte APIs, vereinfacht, die es der Software erlauben, mit anderen Systemen zu interagieren. Auf diese Weise lassen sich etwa kaufmännische Objektdaten wie der Mietzins aus ERP-Systemen nutzen, um Investitionsentscheidungen anhand der Ergebnisse einer Portfolioanalyse oder Investitionsrechnung zu optimieren. Oder Geodaten, um Maßnahmen zur energetischen Sanierung zu planen. Denn wenn beispielsweise der Grundwasserspiegel im Kataster mehr als 10 Meter beträgt, dann ist der Einbau einer Grundwasserwärmepumpe oftmals keine Option. Natürlich sind solche Werte ebenfalls aus Excel-Tabellen importierbar, doch der Vorteil einer automatisierten Synchronisation liegt nicht nur im geringeren Aufwand, sondern vor allem in der Aktualität der Daten.

Intelligente Datenanalyse

Über eine API können aber auch direkt spezifische Kennzahlen berechnet werden. Das ist insofern nützlich, als Daten an sich ja noch keine Erkenntnisse darstellen. Um zu einer validen Entscheidungsgrundlage zu gelangen, müssen sie zunächst aufbereitet, analysiert und weiterverarbeitet werden. Gerade die Umsetzung solcher Routineabläufe ohne manuellen Aufwand führt zu einem wesentlichen Effizienzschub. Der Dependency Graph enthält zum Beispiel eine Formel, um die Kosten für die Anbringung einer Wärmedämmung zu berechnen, die mit einer weiteren für die Dämmstoffdicke verbunden ist. Von dort geht es zu einer Formel zur Wärmeleitfähigkeit, die wiederum erforderlich ist, um die Dicke zu bestimmen. Am Ende verfügt der Anwender automatisch über eine Kostenschätzung für die geplante Maßnahme mit einer Genauigkeit von erfahrungsgemäß +/- 10 Prozent.

Die übersichtliche Aufbereitung der Daten in Form von interaktiven Grafiken und individuellen Dashboards oder Entscheidungsvorlagen wie Berichten und Auswertungen ist auf digitalem Wege ebenfalls deutlich einfacher. Eine Building Intelligence unterstützt strategische Entscheidungen jedoch nicht nur mit den notwendigen Informationen, sondern liefert auf deren Grundlage auch Prognosen und Handlungsempfehlungen. So zeigt die Kennzahl-basierte Budgetplanung, inwiefern sich die im Bestand verfolgten Ziele mit den geplanten Maßnahmen tatsächlich erreichen lassen. Ein aktuelles Beispiel für einen solchen KPI (Key Performance Indicator) ist der CO2-Ausstoß.

Ist etwa 2027 eine Dachsanierung beabsichtigt, veranschlagt das System eine Dämmung mit einer Stärke nach gesetzlichen Vorgaben, die vollflächig erfolgt, und berücksichtigt dabei die Sparren. Zudem ermittelt es den aus der Durchführung dieser Maßnahme resultierenden energetischen Zustand. Also wie hoch die CO2-Emissionen nach der Dämmung des Dachs sein werden. Einen schnellen Vergleich dieser resultierenden Werte mit den unternehmensindividuellen Zielwerten ermöglicht deren grafische Darstellung im Budgetplan. Dadurch wird sofort klar, ob das Budget zur Zielerreichung genügt und ob die Maßnahmen angepasst werden sollten.

Immobilienunternehmen können so mit Fokus auf ihre strategischen Ziele entscheiden, wo welche Maßnahmen erforderlich sind, um den Bestand erfolgreich zu entwickeln. Und dies mit Unterstützung digitaler Intelligenz besonders effizient. Die Alternative hierzu wäre, viel Zeit damit zu verbringen, jedes Objekt genau zu vermessen, um die entsprechenden Daten zu erheben. Da es sich aber kaum jemand leisten kann, erst 2045 anzufangen, Immobilien nachhaltiger zu machen, sind statistische Werte eindeutig die bessere Wahl.

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