Bauen mit Kalksandstein

KARL: Solidarität und Nachhaltigkeit als Grundpfeiler

Das Hulsberg-Viertel in Bremen ist ein Ort im Wandel. Auf dem ehemaligen Gelände des Klinikums Bremen-Mitte soll bis Ende der 2020er Jahre ein neues, generationenübergreifendes Quartier für alle entstehen. Inmitten dieser Entwicklung zeigt das Wohnprojekt KARL, wie zukunftsweisendes Wohnen aussehen kann: gemeinschaftlich und nachhaltig – und das auf vergleichsweise kleinem Raum. Der Baustoff Kalksandstein bildet dabei die Grundlage für eine funktionale, wirtschaftliche und energieeffiziente Bauweise.

Seit ihrer Gründung verbindet die Mitglieder der Wohnungsbaugenossenschaft KARL ein Grundsatz: „Solidarisch bauen und wohnen“. Im Neuen Hulsberg-Viertel in Bremen-Mitte konnte dies verwirklicht werden. Im Rahmen eines Konzeptverfahrens der Stadt Bremen erhielt die Genossenschaft 2019 den Zuschlag für das 3.720 m2 große Grundstück an der Friedrich-Karl-Straße.

Mit der Planung wurde das Berliner Büro Praeger Richter Architekten beauftragt. Ziel war es, einen Entwurf zu entwickeln, der sich den Bedürfnissen des Quartiers und der Bewohner*innen anpasst, gleichzeitig aber auch kostengünstig, nachhaltig und inklusiv ist. „Im gemeinsamen Planungsprozess mit der Gruppe lag der Fokus auf kreativen Lösungen, die den Anforderungen der generationsübergreifenden Genossenschaft gerecht werden“, wie Henri Praeger von Praeger Richter Architekten betont. Das Ergebnis: ein viergeschossiges barrierearmes Gebäude mit Dachterrasse.

Gestalterischer und funktionaler Vermittler

Bereits an der Fassade ist der Bezug zum Quartier erkennbar. So wurde das Erdgeschoss in Anlehnung an die Klinkerfassaden der umgebenden Bestandsbauten mit um 90 Grad gedrehten Klinkerriemchen in Fischgrät-Anordnung verlegt. Die darüber liegenden Geschosse erhielten einen rötlichen Putz, dessen Farbton sich in den Fugen der Klinkerriemchenfassade wiederfindet. Auf diese Weise fügt sich das Gebäude in das Quartier mit seinen historischen Bestandsbauten ein, erhält jedoch seine ganz eigene Identität.

Ausgehend von dem Grundsatz „solidarisch bauen und wohnen“ der Genossenschaft KARL wurde das Erdgeschoss nicht nur optisch dem Viertel angepasst, auch die Räumlichkeiten stellen eine Verbindung zwischen der Hausgemeinschaft und dem umliegenden Quartier her: Neben einem Hobbyraum und dem mietbaren KARL-Raum befindet sich in der untersten Etage des Gebäudes noch eine Kita, sowie ein Café.

Wenig Raum, viel Gemeinschaft

Im ersten Obergeschoss der Anlage befindet sich die Inklusions-WG, die darauffolgenden Geschosse sind den Mitgliedern der Genossenschaft KARL zugeordnet: 50 Erwachsenen zwischen Mitte 30 und Anfang 70 sowie 20 Kindern und Jugendlichen – einer bunten Altersmischung also, der es gerecht zu werden galt. Um den Komplex für alle Menschen zugänglich zu machen, wurde das Wohnhaus rollstuhlfreundlich gestaltet. Statt klassischer Treppenhäuser entschieden sich Praeger Richter Architekten außerdem für hofseitige Laubengänge, die einerseits als barrierearme Erschließungszonen zu den Wohnungen dienen und andererseits von den Kindern als Spielfläche genutzt werden können.

Insgesamt verfügt der Komplex über zahlreiche Gemeinschaftsflächen, die ganze 25 Prozent der gesamten Wohnfläche einnehmen. „So können die Genossenschaftsmitglieder bei einem geringen Pro-Kopf-Flächenverbrauch von durchschnittlich 30 m2 zusätzlich etwa 200 m2 gemeinschaftliche Flächen und 1.200 m2 Außenfläche nutzen“, wie Henri Praeger hervorhebt.

Eine wirtschaftliche Lösung für alle

Die Bewohnerschaft zeichnet sich nicht nur durch eine vielfältige Altersstruktur, sondern auch durch unterschiedliche sozio-kulturelle Hintergründe aus. Diese heterogene Zusammensetzung spiegelte sich entsprechend in den unterschiedlichen Eigenkapitalbeträgen wider, die ins Projekt eingebracht werden konnten. Um allen Beteiligten eine Partizipation am Wohnprojekt ermöglichen zu können, war ein kosteneffizienter Ansatz nötig. Dies zeigte sich auch bei der Wahl der Baustoffe: Für die Innen- und Außenwände kam das großformatige Bausystem KS-Quadro von KS-Original zum Einsatz.

Hierbei handelt es sich um klar definierte Elemente, basierend auf einem 12,5er-Raster, die nach dem Baukastenprinzip miteinander kombiniert werden können. Aufgrund ihrer hohen Flexibilität eignen sie sich nicht nur für die Realisierung unterschiedlicher Grundrisse, auch kurzfristige Umplanungen während der Bauphase sind möglich. Die Großformate wurden auf kurzem Wege vom nahegelegenen Werk der KS-WE Kalksandsteinwerke GmbH & Co. KG „just in sequence“ auf die Baustelle geliefert. Um die 498 mm hohen und breiten Steine kraftsparend zu versetzen, kamen Minikräne zum Einsatz.

Mit nur einem Hub werden so mit KS-Quadro bis zu 0,5 m2 Mauerwerk realisiert, wodurch sich Lohnkosteneinsparungen von bis zu 50 Prozent gegenüber konventionellem Mauerwerk erzielen lassen. Das Nut-Feder-System ermöglicht zudem ein präzises Vermauern und erhöht dadurch die Ausführungssicherheit.

Den äußeren Abschluss der Außenwand bildet ein mineralisches Wärmedämm-Verbundsystem, das in Kombination mit dem massiven KS-Mauerwerk einen lückenlosen Wärmeschutz bietet, der zur dauerhaften Reduktion der CO2-Emissionen und des Energieverbrauchs beiträgt. Aufgrund seiner rein natürlichen Bestandteile Kalk, Sand und Wasser fördert der Kalksandstein außerdem ein gesundes Raumklima, indem er sowohl die Temperatur als auch die Raumluftfeuchte reguliert. Darüber hinaus konnte der Standard eines KfW-Effizienzhauses 40 erreicht werden.

Ein Modell für solidarisches Wohnen

Mit dem Wohnprojekt KARL betont die Genossenschaft nicht nur die ökologische und ökonomische, sondern vor allem die sozio-kulturelle Dimension von Nachhaltigkeit und zeigt wie Wohnen heute und in Zukunft aussehen kann: Es ist ein neues Zuhause für Menschen entstanden, die nicht nur zusammenwohnen, sondern zusammenleben wollen.

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