Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“: Einbruch bei den Baugenehmigungen – Spitzenpolitiker ignorieren alarmierende Zahlen

Politik ignoriert Alarmsignal beim Wohnungsbau: In der heißen Wahlkampfphase schalten die Parteispitzen angesichts alarmierender Nachrichten zum deutlichen Rückgang bei den Baugenehmigungen im ersten Halbjahr 2017 auf stumm. Das kritisiert der Koordinator der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“, Dr. Ronald Rast. Er bezieht sich dabei auf die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zu den Baugenehmigungen: Demnach sind im ersten Halbjahr dieses Jahres bundesweit 13.400 Wohnungen weniger genehmigt worden als in den ersten sechs Monaten des Vorjahres – ein Rückgang von 7,3 %.

Die bekanntgewordenen Zahlen aus Nordrhein-Westfalen erschüttern, so die Aktion, noch mehr: Im bevölkerungsreichsten Bundesland gab es im ersten Halbjahr 2017 einen Rückgang von 16,7 % bei den Baugenehmigungen gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres (Quelle: IT.NRW). Die Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“, in der sich 30 Organisationen und Verbände der Architekten und Planer sowie der Bau- und Immobilienwirtschaft zusammengeschlossen haben, warnt vor einer gefährlichen „Trendwende beim Wohnungsbau“.

„Die Zahlen sind alarmierend. Und eine Stellungnahme der Politik: Fehlanzeige. Das zeigt: Spitzenpolitiker haben die Bedeutung des Themas Wohnungsbau und damit den Ernst der Lage für den sozialen Frieden noch nicht erkannt“, sagt Rast.

Immerhin brauche Deutschland 400.000 neu gebaute Wohnungen pro Jahr – 120.000 mehr, als im gesamten letzten Jahr überhaupt gebaut worden seien. „Dass jetzt trotz der angekündigten Wohnungsbau-Offensive der Bundesregierung die Zahl der Baugenehmigungen schon wieder wegknickt, muss alle Wahlkämpfer in Deutschland wachrütteln. Denn für alle Menschen, die umziehen müssen und in Ballungsräumen eine neue Wohnung suchen oder dort bereits horrende Mieten bezahlen, ist das Thema Wohnraum ein Top-Thema bei dieser Bundestagswahl“, so Rast.
 
Besonders drastisch sei mit 22,2 % der Rückgang bei Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden – das trifft über 5.700 Wohneinheiten allein im ersten Halbjahr. Ebenso mit 9,5 % der Rückgang bei den Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser: Allein hier wurden 4.800 Wohnungen im ersten Halbjahr weniger genehmigt. „Beim Neubau von Eigenheimen erleben wir aktuell eine Entwicklung, die nicht nur auf so genannte Basiseffekte durch vorgezogene Baugenehmigungen im ersten Halbjahr 2016 zurückzuführen ist. Tatsache ist: Die Rahmenbedingungen für die Schaffung von Wohneigentum passen einfach nicht. Deshalb rückt für viele Menschen das Wohneigentum in weite Ferne“, macht Ronald Rast deutlich. Gerade die typische ‚Nestbauer-Generation‘ der 25- bis 40-Jährigen gehöre zu den Verlierern, wenn es um das Anschaffen von Wohneigentum gehe. Absolut wurden von Januar bis Juni 2017 im Vorjahresvergleich 13.366 Baumaßnahmen an Wohnungen weniger genehmigt.

„Dass sich Bundesbauministerin Barbara Hendricks als einzige Stimme aus der ersten politischen Reihe äußert und dabei das einzige – zudem hauchdünne – Plus in der aktuellen Statistik von 1,8 % bei den genehmigten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern als positiv wertet, ist nicht mehr als der Griff nach dem wohnungsbaupolitischen Strohhalm“, sagt Rast. Die Zahl der Baugenehmigungen von Mehrfamilienhäusern hätte mit Blick auf den Wohnungsmangel in Metropolregionen, Groß- und Unistädten eigentlich deutlich höher – als die im ersten Halbjahr bewilligten 82.100 Bauanträge – ausfallen müssen.

„Die neu gewählte Bundesregierung ist gut beraten, dem Wohnungsbau im Herbst eine absolut hohe Priorität einzuräumen. Er muss schon bei den Koalitionsverhandlungen zur Chefsache werden. Nur so wird es gelingen, die Weichen für mehr bedarfsgerechten Wohnungsbau wirklich in die richtige Richtung zu stellen. Das beginnt mit einer stärkeren Gewichtung des Wohnungsbaus am Kabinettstisch – mit einem eigenständigen Bauministerium“, fordert Koordinator Rast.

Darüber hinaus sei eine Reihe von Maßnahmen notwendig, um einen deutlichen Anstieg der Zahlen beim Wohnungsneubau zu erreichen. „Und das muss gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode passieren. Denn der Wohnungsbau funktioniert nicht per Knopfdruck. Er braucht Vorlauf. Wenn die neue Bundesregierung am Ende ihrer Amtszeit in vier Jahren Erfolge verbuchen will, muss sie gleich zum Start effektive Neubau-Impulse setzen“, so Rast.
 
Hierzu seien Mittel für mindestens 80.000 zusätzlich gebaute Sozialmietwohnungen pro Jahr erforderlich – in der gemeinsamen und kontinuierlichen Zuständigkeit von Bund und Ländern. Neben diesen Sozialmietwohnungen wird aber noch weiterer bezahlbarer Wohnraum insbesondere in den Ballungsgebieten benötigt. Dafür sind auch eine Erhöhung der AfA von derzeit 2 auf 3 % für eine sachgerechte Abschreibung moderner Wohngebäude und weitere regional wirksame Anreize erforderlich.

Ebenso ein schlankeres und über die Ländergrenzen hinweg geltendes Baurecht sowie der Verzicht auf Gesetze, die die Kosten beim Wohnungsbau weiter nach oben treiben. Zudem müsse es steuerliche Anreize sowie eine deutliche Erhöhung und Vereinfachung der KfW-Förderung für die Gebäudesanierung geben. „Es ist erschreckend, dass die Zahl der Genehmigungen für Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden im ersten Halbjahr so gravierend eingebrochen ist. Insbesondere die altersgerechte und energetische Sanierung droht dabei auf der Strecke zu bleiben“, warnt Ronald Rast.

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