Deutsches Institut für Urbanistik: Strategische Wärmeplanung wird für Deutschlands Kommunen immer wichtiger

Die Energiewende kann nur vollbracht werden, wenn auch eine Wärmewende gelingt. Dafür müssen die städtischen Wärmeversorgungssysteme umgebaut werden. Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu, www.difu.de) hat für das Umweltbundesamt untersucht, welchen Beitrag das Instrument der kommunalen Wärmeplanung dazu leisten kann.

Mehr als ein Drittel der Energie in Deutschland wird zum Heizen verbraucht: für Wohn- und öffentliche Gebäude, Gewerberäume, Fabriken und zum Erwärmen von Wasser. Umso schwerer wiegt, dass ausgerechnet für den Gebäudesektor die im Bundesklimaschutzgesetz verankerten Ziele in den vergangenen Jahren verfehlt wurden. Ohne eine treibhausgasneutrale Wärmeversorgung des Gebäudebestands wird die notwendige Energiewende jedoch nicht gelingen. Daher gilt es, zügig den Wärmebedarf mittels energetischer Sanierungen erheblich zu reduzieren und den verbleibenden Anteil aus erneuerbaren Energien und unvermeidbarer Abwärme über hocheffiziente Versorgungssysteme zu decken.

Hierbei ist die Planung in den Kommunen besonders wichtig. Langfristige, räumlich abgestimmte Strategien müssen entwickelt werden, um lokale Potenziale – erneuerbare Energien, Abwärme, vorhandene Infrastrukturen, spezifische Wärmebedarfe der Gebäude – für die Erreichung der Klimaziele zu nutzen. Städte und Gemeinden sind hierbei Schlüsselakteure, um einen Strategieprozess zu koordinieren, der zu treibhausgasneutralen und zugleich wirtschaftlichen Wärmeversorgungssystemen führt. Kommunen müssen die komplexen Veränderungsprozesse selbst aktiv und strategisch – unter Einbeziehung von Energieversorgern, Wohnungsunternehmen und Privateigentümern ­– gestalten. Eine kommunale Wärmeplanung gilt dabei als Leitinstrument für die Gestaltung der Wärmewende durch die Kommunen.

Im Auftrag des Umweltbundesamts hat das Difu daher verschiedene Wege der kommunalen Wärmeplanung aus Wissenschaft und Praxis untersucht. Das Gutachten zeigt den aktuellen Stand der Debatte zur kommunalen Wärmeplanung in Deutschland auf und fasst Ergebnisse relevanter Forschungsprojekte zusammen. Die Studie beleuchtet Aufgabenfelder innerhalb der kommunalen Wärmeplanung und stellt dazu ein Referenzmodell vor. Zudem werden Einsatzbedingungen, Umsetzungshemmnisse und Lösungswege auf kommunaler Ebene reflektiert.

Nachdem einige Nachbarländer – z.B. Dänemark, Niederlande, Österreich, Schweiz – kommunale Wärmeplanung teils seit Jahrzehnten praktizieren, wird sie nun auch in Deutschland in Wissenschaft und Praxis zum zentralen Thema. In einigen Bundesländern Deutschlands wie Baden-Württemberg ist Wärmeplanung für Kommunen bereits verpflichtend und damit Teil der kommunalen Daseinsvorsorge. Und es ist zu erwarten, dass die Bedeutung dieses Instruments weiter zunehmen wird und mehr Kommunen zur Wärmeplanung verpflichtet werden.

Das strategische Instrument der Wärmeplanung soll eine systematische, wirksame und bezahlbare Wärmewende ermöglichen. Es sorgt für eine treibhausgasneutrale Wärme- und Kälteversorgung des Gebäudebestands der Kommunen. Eine intelligente Kombination von Effizienzmaßnahmen und erneuerbarer Wärmeversorgung dient dabei als Grundlage für Stadtentwicklung und Energieplanung. Die rechnerische Verknüpfung von Wärmepotenzialen und „Wärmesenken“ gibt dabei einen Überblick für ein gesamtes Gemeindegebiet und zeigt damit lokal spezifische Handlungsmöglichkeiten auf. Eine kartografische Darstellung bietet für Bereiche mit netzgebundener oder auch dezentraler Wärmeversorgung Orientierung für künftige Planungs- und Investitionsentscheidungen.

Das Aufgabenspektrum innerhalb der Wärmeplanung ist vielfältig, u.a.: Erstellung von Wärmekatastern, Steuerung und Begleitung des Wärmenetzausbaus, Dekarbonisierung von Bestandsnetzen, Sicherung von Flächen für die Energieerzeugung und für Energiespeicher, Konzepte für die Sanierung öffentlicher Gebäude im Quartierskontext, Energiekonzepte bei Neubauquartieren.

Kommunale Wärmeplanung steht jedoch nicht für sich, sie ist ein zentrales Instrument, das künftig bei allen Planungen und Umsetzungsschritten der Stadtentwicklung berücksichtigt werden muss. Die Verknüpfung mit anderen Instrumenten und Verfahren der Stadtentwicklung und die Berücksichtigung der Wärmeplanung bei aktuellen Entwicklungsprojekten und stadtpolitisch wichtigen Themen wie sozialverträglicher Wohnraumversorgung ist dabei wichtig für das Gelingen.

Das Gutachten basiert auf der Auswertung von zehn Forschungs- bzw. Pilotvorhaben aus der Praxis sowie einem Workshop mit Fachleuten.

Thematisch passende Artikel:

Kommunen: Wärmeplanung nimmt bei knappen Ressourcen Fahrt auf

Die Ergebnisse der Kommunenbefragung 2024 des Kompetenzzentrums Kommunale Wärmewende (KWW) der Deutschen Energie-Agentur (dena) liegen vor. Die jährliche Umfrage zeigt den Status quo, Hürden und...

mehr

Neues Förderprogramm für die freiwillige kommunale Wärmeplanung - die Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg unterstützt und berät

Um in Baden-Württemberg die Wärmewende zu forcieren, beschloss die Landesregierung jüngst das Förderprogramm für die freiwillige kommunale Wärmeplanung in kleineren Gemeinden und in Landkreisen....

mehr

Vorsprung in kommunaler Wärmeplanung: Kelsterbach ist ein Vorreiter in Hessen

Die Stadt Kelsterbach beginnt nach einer bundesweiten Ausschreibung als eine der ersten südhessischen Kommunen mit der Erarbeitung eines Kommunalen Wärmeplans (KWP). Mit der Erstellung wurden die...

mehr
Ausgabe 04/2024

Lösungen für Energiewende im Gebäudesektor

Kürzungen im Bundeshaushalt, teilweise noch hohe Baukosten und Fachkräftemangel: Die Liste der Herausforderungen für die Energiewende im Gebäudebereich ist lang. Mit dem „Wärmeplanungsgesetz“...

mehr
Ausgabe 04/2024

Wärmewende kalt erwischt?

Kennen Sie die Ballade von der Unzulänglichkeit des menschlichen Planens von Berthold Brecht? Da heißt es: „Ja, mach nur einen Plan! Sei nur ein großes Licht! Und mach noch`nen zweiten Plan, Gehen...

mehr