Deutschland wohnt sich arm: Förderung von Wohneigentum soll Abrutschen in Altersarmut verhindern
18.04.2018Im Wohneigentum steckt eine effektive Chance zur Altersvorsorge. Genutzt wird sie in Deutschland allerdings zu wenig. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Wohnungsbau-Studie, die das Pestel-Institut (Hannover) in Berlin vorgestellt hat. Darin beleuchten die Wissenschaftler auch das von der GroKo geplante Baukindergeld: „Es kostet 4 Mrd. € staatliche Förderung pro Jahr. Trotzdem wird das Baukindergeld allein zu keiner spürbaren Steigerung der Wohneigentumsquote führen. Dabei liegt diese in Deutschland bei lediglich 45 % und damit im Europa-Vergleich ganz hinten. Vor allem aber verschenkt eine ‚Nur-Baukindergeld-Politik‘ für weite Teile der Bevölkerung die Möglichkeit einer verlässlichen Alterssicherung durch selbst genutztes Wohneigentum“, sagt der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther.
Es gebe weitaus mehr Bevölkerungsgruppen, für die eine Eigentumsförderung aus staatlicher Sicht mehr als sinnvoll sei, um deren Wohnkostenrisiko im Alter zu reduzieren. Hier hat die Studie insbesondere Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen im Blick, die sich ohne staatliche Unterstützung kein Wohneigentum leisten können. Ebenso Mieter in Großstädten und Metropolregionen.
Vor allem aber auch die geburtenstarken Jahrgänge der heute 45- bis 55-Jährigen, die ab 2030 in Rente gehen. Für diese Bevölkerungsgruppe prognostiziert die Studie ein hohes Risiko, durch Miete in Altersarmut zu rutschen: 40 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die ab 2030 in Rente gehen, bekommen demnach künftig weniger als 800 €pro Monat von der gesetzlichen Rentenversicherung – und das selbst bei 40 Beitragsjahren mit Vollzeitbeschäftigung.
„Mit der Rente sackt für diese Menschen das Geld, das sie monatlich zur Verfügung haben, rapide nach unten. Gleichzeitig sind Miete, Heiz- und Nebenkosten aber weiterhin fix“, sagt Günther. Gegen diese „konkrete Gefahr, sich arm zu wohnen“, könne eine staatliche Förderung für kleines Wohneigentum ein „Wohnschutzschirm“ sein: Über eine gut justierte Wohneigentumsförderung würde es dem Staat gelingen, Menschen davor zu bewahren, ihren Lebensstandard dramatisch absenken zu müssen oder sogar in die Grundsicherung im Alter abzurutschen. Der Staat könne damit langfristig auch Sozialleistungen – nämlich Wohngeld und Kosten der Unterkunft – sparen.
„Der Bund ist deshalb gut beraten, die Wohneigentumsförderung breit aufzustellen und als wichtige Säule der Sozialpolitik zu nutzen. Denn die eigenen vier Wände sind da und haben Bestand – unabhängig davon, wie die Rentenhöhe im Alter schwankt. Sie bieten die Sicherheit eines dauerhaften ‚Daches über dem Kopf‘ – ohne Angst vor Mieterhöhungen oder vor einer Kündigung“, sagt Pestel-Studienleiter Matthias Günther.
Für ein staatliches Förderprogramm beim Wohneigentum schlägt die Studie ein staatlich gefördertes Kreditprogramm vor. Dies müsse Menschen auch mit wenig Eigenkapital das Anschaffen von Wohneigentum ermöglichen. Wichtig seien dabei auch langfristig garantierte Zinsen auf niedrigem Niveau. Dazu gehört, so das Pestel-Institut, ebenso ein Bürgschaftsprogramm des Staates. Dies sollte mindestens 20 % der Baukosten bzw. des Kaufpreises abdecken. Damit würden Menschen, die von Haus aus wenig Eigenkapital mitbringen, eine Chance auf selbst genutztes Wohneigentum bekommen.
„So würde der Staat vielen Menschen die Startchance fürs Wohneigentum geben und damit den Grundstein für die eigenen vier Wände als solide Altersvorsorge legen“, sagt Günther. Statt Einkommensgrenzen beim Förderprogramm festzuschreiben, solle der Staat besser die geförderte Wohnfläche pro Person begrenzen.
Auftraggeber der Studie ist das Verbändebündnis Wohneigentum. In ihm haben sich sechs führende Verbände der Architekten, Ingenieure und Bauherren sowie der Bau- und Immobilienwirtschaft zusammengeschlossen. Sie fordern zudem bei der Anschaffung einer selbst genutzten Immobilie Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer. Zum Verbändebündnis gehören: die Bundesarchitektenkammer (BAK), die Bundesingenieurkammer (BIngK), der Verband Privater Bauherren (VPB), der Immobilienverband Deutschland (IVD), der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) und die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM).
Mehr zum Thema Wohneigentum gibt es unter www.verbändebündnis-wohneigentum.de