Rechtsprechung
Bebauungsplan; Rechtsschutzbedürfnis; Plannachbar; enger konzeptioneller Zusammenhang; Einzelhandelsausschluss
VwGO § 47 Abs. 2
Leitsatz:
Ob für einen Normenkontrollantrag ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, richtet sich nach den jeweiligen Interessen im Einzelfall. Es kann ausreichend sein, dass die Unwirksamkeit eines Bebauungsplans das Gewicht eines Abwägungspostens bei einer bereits absehbaren Planung verändert, die im engen konzeptionellen Zusammenhang mit dem angegriffenen Plan steht.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 25.15
VGH Mannheim - 03.03.2015 - AZ: VGH 5 S 1591/13
In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. September 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Dr. Külpmann
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 3. März 2015 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans für ein Fachmarktzentrum, der Sondergebiete für Einzelhandelsbetriebe und deren jeweils maximale Verkaufsfläche festsetzt. Die Festsetzungen sind durch bestandskräftig genehmigte und verwirklichte Vorhaben bereits ausgenutzt. Nach der Begründung des Plans beabsichtigt die Antragsgegnerin, Lebensmitteleinzelhandel auf einem zwar in der Nähe, aber außerhalb des Plangebiets liegenden Grundstück auszuschließen, um Anforderungen der Raumordnung an die zulässige Verkaufsfläche in ihrem Gemeindegebiet Rechnung zu tragen. Der Antragsteller ist Miteigentümer dieses benachbarten Grundstücks, das derzeit für einen Lebensmittelmarkt genutzt wird.
2 Der Verwaltungsgerichtshof hat den Bebauungsplan wegen Fehlern in der Abwägung für unwirksam erklärt. Der Antragsteller sei antragsbefugt, weil zwischen dem Plan und dem geplanten Einzelhandelsausschluss ein enger konzeptioneller Zusammenhang im Sinne des Senatsurteils vom 16. Juni 2011 - 4 CN 1.10 - (BVerwGE 140, 41) bestehe. Ihm, dem Antragsteller, stehe auch in Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Denn bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans komme der Konzeption, Lebensmitteleinzelhandel im Bereich des Fachmarktzentrums zu konzentrieren, in der Abwägung über den Bebauungsplan für das Grundstück des Antragstellers geringeres Gewicht zu (VGH Mannheim, Urteil vom 3. März 2015 - 5 S 1591/13 - BauR 2015, 1273).
II
3 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
4 1. Die Beschwerde sieht grundsätzlichen Klärungsbedarf für die Frage,
ob ein enger konzeptioneller Zusammenhang zweier Planungen ein Rechtsschutzbedürfnis begründen kann, wenn das durch die angegriffene Planung zugelassene Vorhaben bereits bestandskräftig genehmigt und vollständig umgesetzt ist und keine Möglichkeit besteht, das durch die Planung zugelassene Vorhaben noch zu verhindern.
5 Auf diese Frage lässt sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation antworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf (BVerwG, Beschlüsse vom 24. August 1999 - 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270> und vom 16. November 2004 - 4 B 71.04 - NVwZ 2005, 449 <450>).
6 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Antragsbefugnis bejaht, die Beschwerde zieht dies nicht in Zweifel. Bei bestehender Antragsbefugnis ist regelmäßig auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse gegeben. Das Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses soll nur verhindern, dass Gerichte in eine Normprüfung eintreten, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist, weil es seine Rechtsstellung nicht verbessern kann (BVerwG, Beschluss vom 4. Juni 2008 - 4 BN 13.08 - BRS 73 Nr. 51 Rn. 5). Es ist aber nicht erforderlich, dass die begehrte Erklärung einer Norm als unwirksam unmittelbar zum eigentlichen Rechtsschutzziel führt (BVerwG, Urteile vom 23. April 2002 - 4 CN 3.01 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 156 S. 87 und vom 16. April 2015 - 4 CN 6.14 - juris Rn. 15). Ist ein Bebauungsplan durch eine genehmigte oder genehmigungsfreie Maßnahme vollständig verwirklicht, so wird der Antragsteller allerdings in der Regel seine Rechtsstellung durch einen erfolgreichen Angriff auf den Bebauungsplan nicht mehr aktuell verbessern können (BVerwG, Beschluss vom 28. August 1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 <92>). Ungeachtet dessen richtet es sich nach den jeweiligen Interessen im Einzelfall, ob das Rechtsschutzbedürfnis fehlt (BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 1989 - 4 NB 1.89 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 37), die beantragte Rechtsverfolgung also nutzlos ist (BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2011 - 4 CN 1.10 - BVerwGE 140, 41 Rn. 33).
7 Die Konzeption der Antragsgegnerin, Lebensmitteleinzelhandel in dem Bereich des Fachmarktzentrums zu konzentrieren und in unmittelbarer Nachbarschaft auszuschließen, ist bei der Entscheidung über einen Ausschluss von Lebensmitteleinzelhandel auf dem Grundstück des Antragstellers abzuwägen (vgl. zu Zentrenkonzepten nach § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB BVerwG, Urteile vom 29. Januar 2009 - 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 Rn. 24 ff. und vom 27. März 2013 - 4 C 13.11 - BVerwGE 146, 137 Rn. 11; ebenso UA S. 16 f.). Welches Gewicht ein solches Konzept hat, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab, etwa davon, mit welcher Häufigkeit und in welchem Umfang es bereits durchbrochen worden ist (BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2009 - 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 Rn. 28). Wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend angenommen hat, ist sein Gewicht aber auch davon abhängig, ob es durch einen Bebauungsplan planerisch für die Zukunft und damit auch bei Änderungen des tatsächlichen Bestandes gesichert ist oder ihm lediglich ein baurechtlich unanfechtbar genehmigter Bestand entspricht. Dieses unterschiedliche Gewicht als Abwägungsposten reicht aus, um bei bestehender Antragsbefugnis auch das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen. Denn es genügt, wenn bei Unwirksamkeit einer Planung die Gemeinde möglicherweise einen Bebauungsplan mit günstigeren Festsetzungen aufstellen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2002 - 4 CN 3.01 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 156 S. 88).
8 Der aufgeworfenen Frage kommt auch im Hinblick auf das von der Beschwerde angeführte Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig vom 22. Oktober 2009 - 1 KN 15/08 - (NordÖR 2010, 111) keine grundsätzliche Bedeutung zu. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig hatte in dieser Entscheidung das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag verneint, mit dem ein Antragsteller außerhalb des Plangebiets seine Abwägungsposition in einem sein Grundstück betreffenden, noch laufenden Bebauungsplanverfahren verbessern wollte (a.a.O. S. 112). Dieser Fall lag indes schon in tatsächlicher Hinsicht anders. Denn während vorliegend der Planung ein Einzelhandelsausschluss für das Grundstück des Antragstellers zugrunde liegt (UA S. 14), diente die Planung für das Grundstück des Antragstellers im Fall des Oberverwaltungsgerichts Schleswig dem Schutz eines Nahversorgungszentrums außerhalb des räumlichen Umgriffs des angegriffenen Bebauungsplans (a.a.O. juris Rn. 8 <insoweit nicht in NordÖR 2010, 111 abgedruckt>). Unabhängig davon rechtfertigt der Hinweis auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig nicht die Annahme grundsätzlicher Bedeutung, weil diese das Senatsurteil vom 16. Juni 2011 - 4 CN 1.10 - (BVerwGE 140, 41) nicht berücksichtigen konnte und - jedenfalls nicht erkennbar - ihr auch das kurz zuvor ergangene Senatsurteil vom 29. Januar 2009 - 4 C 16.07 - (BVerwGE 133, 98) nicht zugrunde liegt.
9 2. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen Divergenz zuzulassen.
10 Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlich, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14).
11 a) Die Beschwerde entnimmt dem Senatsbeschluss vom 8. Februar 1999 - 4 BN 55.98 - (Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 130) und dem in der gleichen Sache ergangenen Senatsurteil vom 28. April 1999 - 4 CN 5.99 - (Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 134) den Rechtssatz, dass ein Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen ist, wenn ein Antragsteller Festsetzungen bekämpft, auf deren Grundlage bereits Vorhaben genehmigt und verwirklicht worden sind. Selbst wenn dieser Rechtssatz den genannten Entscheidungen zu entnehmen wäre, würde er sie nicht tragen. Denn die Entscheidungen betrafen einen Sachverhalt, in welchem die Erreichung wesentlicher Planungsziele noch ausstand, der Bebauungsplan als erst torsohaft verwirklicht worden war (BVerwG, Beschluss vom 8. Februar 1999 a.a.O. S. 3 und Urteil vom 28. April 1999 a.a.O. S. 12).
12 b) Die Revision ist auch nicht wegen einer Divergenz zu dem Senatsbeschluss vom 9. Februar 1989 - 4 NB 1.89 - (Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 37) zuzulassen. Die Beschwerde möchte diesem Urteil den Rechtssatz entnehmen, dass ein Antragsteller seine Rechtsstellung dann nicht mehr verbessern kann, wenn der Normenkontrollantrag der Vorbereitung eines Verfahrens gegen die Verwirklichung der Festsetzung des Bebauungsplanes dient, die beabsichtigte Rechtsverfolgung aber offensichtlich aussichtslos ist. Von diesem Rechtssatz ist der Verwaltungsgerichtshof nicht abgewichen. Denn er hat nicht angenommen, der Normenkontrollantrag des Antragstellers diene dazu, Rechtsschutzverfahren gegen die bereits errichteten Vorhaben vorzubereiten.
13 c) Schließlich legt die Beschwerde keine Divergenz zu dem Senatsurteil vom 16. Juni 2011 - 4 CN 1.10 - (BVerwGE 140, 41) dar. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht, wie ihm die Beschwerde unterstellt, das Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag mit dem Vorliegen eines engen konzeptionellen Zusammenhangs begründet, sondern mit der Annahme, der Konzeption der Antragsgegnerin, den Einzelhandel zu konzentrieren, werde in der Abwägung für den Bebauungsplan für das Grundstück des Antragstellers ein geringeres Gewicht zukommen.
14 3. Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Revision auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
15 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Gatz
Dr. Külpmann
Normenkontrolle; Rechtsvorschrift; untergesetzliche Rechtsvorschrift; Rechtsvorschrift des Landesrechts; nachträgliche Unwirksamkeit; Funktionslosigkeit; Antragsfrist; Einführung der Antragsfrist; nachfolgende Verkürzung der Antragsfrist; Jahresfrist; teleologische Reduktion; Zwecke des Normenkontrollverfahrens; Verfahrensökonomie; Rechtsschutz; zeitliche Begrenzung; Erlass der Rechtsvorschrift; enger zeitlicher Zusammenhang; inzidente Normenkontrolle; inzidente Überprüfung; Verfahrensmangel; Entscheidung ohne mündliche Verhandlung; unzulässige Normenkontrolle
VwGO § 47 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 1
EMRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1
Leitsatz:
Die Regelung in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wonach der Normenkontrollantrag nur innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift gestellt werden kann, gilt auch dann, wenn der Antragsteller geltend macht, die Rechtsvorschrift - hier: im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO - sei erst nach ihrer Bekanntmachung wegen Funktionslosigkeit unwirksam geworden.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 31.14
VGH München - 26.08.2014 - AZ: VGH 14 N 14.104
In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Juni 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz und Dr. Decker beschlossen:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. August 2014 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.
Gründe
1 Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
2 1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.
3 Als klärungsbedürftig wirft die Beschwerde die Frage auf,
ob die Antragsfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auch dann anwendbar ist, wenn die mittels Normenkontrollantrag angefochtene Rechtsvorschrift, eine gemeindliche Baumschutzverordnung im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, funktionslos geworden ist.
4 Die Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Sie lässt sich auf der Grundlage vorhandener Rechtsprechung mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 28. Mai 1997 - 4 B 91.97 - Buchholz 407.4 § 5 FStrG Nr. 10 = juris Rn. 4) ohne weiteres im Sinne des Verwaltungsgerichtshofs beantworten.
5 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich zur Begründung seiner Auffassung, dass die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auf den Normenkontrollantrag der Antragstellerin anwendbar und bereits seit Jahren verstrichen sei, auf den Beschluss des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juli 2013 - 7 BN 1.13 - (Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 187) gestützt. In diesem Beschluss (a.a.O. Rn. 9 ff.) hat sich der 7. Senat dahingehend festgelegt, dass die Regelung in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wonach der Normenkontrollantrag innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift gestellt werden kann, jedenfalls für Normenkontrollanträge nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO auch dann gelte, wenn der Antragsteller geltend macht, die Rechtsvorschrift sei erst nach ihrer Bekanntmachung infolge einer Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse rechtswidrig geworden. Die in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum umstrittene, in der Rechtsprechung des 4. Senats (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71 <75>) bisher offen gelassene Frage, welche Bedeutung dem Fristerfordernis im Fall von Normenkontrollanträgen nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zukommt, wenn die Feststellung der Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans beantragt wird, hat er demgegenüber ausdrücklich unentschieden gelassen.
6 Um eine Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO geht es auch im vorliegenden Fall, weil die Baumschutzverordnung, gegen die sich die Antragstellerin wendet, eine andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne dieser Regelung ist. Anders als in der Entscheidung des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) beruft sich die Antragstellerin vorliegend allerdings auf die nachträgliche Funktionslosigkeit der von ihr angegriffenen Baumschutzverordnung. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch angenommen, die Rechtsprechung des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts beanspruche auch insofern Geltung; der Fall der Funktionslosigkeit einer Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO sei mit demjenigen der nachträglichen Rechtswidrigkeit "insoweit vergleichbar". Dass diese Annahme zutrifft, liegt auf der Hand und bedarf nicht der Bestätigung in einem Revisionsverfahren.
7 Einer Nichtanwendung des Fristerfordernisses für nachträglich rechtswidrig gewordene Rechtsvorschriften hat der 7. Senat (a.a.O. Rn. 10) bereits mit Blick auf den Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO eine Absage erteilt und hierbei hervorgehoben, dass dies unabhängig davon gelte, welche Gründe für die Unwirksamkeit der Rechtsnorm der Antragsteller geltend macht. Das weitere Argument (a.a.O. Rn. 11), auch den Gesetzgebungsmaterialien könnten keine Anhaltspunkte für eine einschränkende Auslegung des Fristerfordernisses entnommen werden, im Gegenteil sei die Einführung der Antragsfrist und ihre nachfolgende Verkürzung als Beleg für die Vorstellung des Gesetzgebers anzusehen, dass die prinzipale Normenkontrolle nur in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erlass der Rechtsvorschrift zulässig sein soll, greift ebenfalls unabhängig von der Art der geltend gemachten nachträglichen Unwirksamkeitsgründe. Auf funktionslos gewordene Rechtsnormen übertragbar ist ferner die Überlegung (a.a.O. Rn. 12), auch Sinn und Zweck der Normenkontrolle rechtfertigten es nicht, das Fristerfordernis auf Anträge, mit denen die nachträglich eingetretene Rechtswidrigkeit einer Rechtsnorm geltend gemacht wird, nicht anzuwenden, obwohl das Fristerfordernis dazu führe, dass ein nachträgliches Rechtswidrigwerden mit einem Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO in aller Regel nicht geltend gemacht werden könne. Gleiches gilt für die Erwägung (a.a.O. Rn. 13), den Anforderungen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) sei genügt, weil die Gerichte im Rahmen der bestehenden Klagemöglichkeiten die Wirksamkeit einer Rechtsvorschrift, soweit entscheidungserheblich, auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO inzident prüfen müssten. Die Begründung (a.a.O. Rn. 14) schließlich, die durch die Nichtanwendung einer Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO entstehende Lücke könne im Wege der Rechtsfortbildung nicht ohne weiteres geschlossen werden, weil insbesondere im Falle einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse unklar sei, durch welches Ereignis die Frist (erneut) in Lauf gesetzt werden sollte, und auch der Prüfungsmaßstab zu modifizieren wäre, ist gerade für funktionslos gewordene Rechtsnormen paradigmatisch. Alles zusammengenommen hat der Verwaltungsgerichtshof deshalb zu Recht angenommen, dass auf der Grundlage der Entscheidung des 7. Senats (a.a.O.) auch im vorliegenden Fall von der Unzulässigkeit des Normenkontrollantrags wegen Verfristung auszugehen ist.
8 Gründe, die eine erneute Befassung des Bundesverwaltungsgerichts mit den aufgeworfenen Fragen erforderlich machen könnten (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. August 1997 - 1 B 145.97 - Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 67), namentlich neue Gesichtspunkte, die in der Entscheidung des 7. Senats nicht angesprochen sind, legt die Beschwerde nicht dar. Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts habe in seinem Urteil vom 3. Dezember 1998 (4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71 <75 f.>) angenommen, dass Erfordernisse der Prozessökonomie nicht gegen, sondern für die Prüfung der Funktionslosigkeit im Normenkontrollverfahren sprechen würden, trifft dies für sich genommen zwar zu. Welche Bedeutung die mit dem 6. VwGO-Änderungsgesetz vom 1. November 1996 (BGBl. I S. 1626) eingeführte zweijährige Antragsfrist für die Entscheidung über einen Antrag auf Feststellung der Funktionslosigkeit hat, hatte der 4. Senat jedoch ausdrücklich unentschieden gelassen (a.a.O. S. 75); von der durch das Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3316) geregelten Verkürzung der Antragsfrist auf ein Jahr hatte er im Entscheidungszeitpunkt noch keine Kenntnis. Gerade in der Einführung einer Antragsfrist einschließlich ihrer nachfolgenden Verkürzung hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts indes - wie dargestellt - einen entscheidenden Anhaltspunkt für die Vorstellung des Gesetzgebers gesehen, dass die prinzipale Normenkontrolle nur in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erlass der Rechtsvorschrift zulässig sein soll. Dieser auf Herstellung von Rechtssicherheit (BT-Drs. 13/3993 S. 10 und 16/2496 S. 17 f.) gerichtete aktualisierte gesetzgeberische Wille, mag er auch rechtspolitisch umstritten sein, darf bei der Bestimmung des Zwecks der prinzipalen Normenkontrolle nicht ausgeblendet werden. Es geht dem Gesetzgeber eben nicht mehr allein darum, die Verfahrensökonomie und den Rechtsschutz des Einzelnen zu verbessern (so noch BT-Drs. 3/1094 S. 6), sondern auch darum, das Instrument der Normenkontrolle generell zeitlich zu beschränken (BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 2013 - 7 BN 1.13 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 187 Rn. 14). Schon von daher verbietet sich eine teleologische Reduktion des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Das nimmt die im Schrifttum (namentlich von Schenke, NVwZ 2014, 341 <342>) geübte Kritik an der Entscheidung des 7. Senats nicht hinreichend zur Kenntnis. Nach Ablauf der Jahresfrist sind Rechtsschutzsuchende generell auf die Möglichkeit einer inzidenten verwaltungsgerichtlichen Überprüfung entscheidungserheblicher untergesetzlicher Rechtsnormen i.S.v. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zu verweisen. Soweit dies in den "äußerst seltenen Fällen" funktionslos gewordener Rechtsnormen dazu führen wird, dass die Feststellung der Unwirksamkeit infolge Funktionslosigkeit im Rahmen der prinzipalen verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle "in aller Regel" nicht möglich sein wird (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71 <75 f.>), ist dies als Folge der gesetzgeberischen Entscheidung hinzunehmen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht (BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 2013 - 7 BN 1.13 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 187 Rn. 13).
9 2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Ein Verfahrensmangel ist nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargelegt.
10 Die Beschwerde macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof hätte über den Normenkontrollantrag nicht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden dürfen. Die Entscheidung durch Beschluss verstoße gegen § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO i.V.m. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK. Aus diesen Vorschriften folge der Grundsatz, dass über einen Normenkontrollantrag, mit dem sich der Eigentümer eines Grundstücks gegen eine Rechtsnorm wende, die unmittelbar sein Grundstück betreffe, aufgrund einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden sei. Die Antragstellerin habe auch nicht auf eine mündliche Verhandlung verzichtet oder sich mit einer Entscheidung durch Beschluss einverstanden erklärt. Der Verwaltungsgerichtshof stütze sich vielmehr darauf, dass allein wegen Versäumung der Antragsfrist der Normenkontrollantrag unzulässig sei. Damit entscheide der Verwaltungsgerichtshof als Vorfrage für die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags auch über die Frage der Funktionslosigkeit der Verordnung. Ein Verfahrensmangel ist mit diesem Vortrag nicht schlüssig dargelegt. Der Vortrag der Beschwerde verfehlt die einschlägigen rechtlichen Maßstäbe (siehe hierzu etwa BVerwG, Beschlüsse vom 10. November 1992 - 3 B 52.92 - Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5 und vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26).
11 Die in § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorgesehene Entscheidungsform des Beschlusses soll es dem Normenkontrollgericht ermöglichen, in dafür geeigneten Fällen in vereinfachter und beschleunigter Weise über die Gültigkeit der angegriffenen Rechtsvorschrift zu befinden (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1988 - 7 NB 3.88 - BVerwGE 81, 139 <142> m.w.N.). Ein Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn das Gericht das Rechtsschutzbegehren als offensichtlich unzulässig einstuft (BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2014 - 2 BN 1.13 - juris Rn. 6). Hiervon ist der Verwaltungsgerichtshof vorliegend ausgegangen. Unter Zugrundelegung dieser für die Beurteilung von Verfahrensrügen generell maßgeblichen (vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 27. Mai 1982 - 2 C 50.80 - Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 197) und - wie dargelegt - überdies zutreffenden Rechtsauffassung konnte der Verwaltungsgerichtshof ohne Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK durch Beschluss entscheiden.
12 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Petz
Dr. Decker
Normenkontrollantrag; Präklusion; Einwendung; Bebauungsplan; Auslegungsbekanntmachung; Umweltinformationen
BauGB § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1, § 214 Abs. 1 Nr. 2, § 215
Abs.1 Nr. 1
UIG § 2 Abs. 3
VwGO § 47 Abs. 2a
Leitsatz:
Ausführungen in einem Umweltbericht zum umweltbezogenen Zustand eines Plangebietes sind auch dann umweltbezogene Informationen im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB, wenn der Umweltbericht zu der Einschätzung gelangt, die beabsichtigte Planung wirke sich auf diesen Zustand nicht aus.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 4 CN 1.15
OVG Bautzen - 09.12.2014 - AZ: OVG 1 C 10/13
In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz, Petz, Dr. Decker und Dr. Külpmann für Recht erkannt:
Auf die Revision der Antragstellerin wird das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2014 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe
I
1 Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist der Bebauungsplan Nr. 325 "Z. Straße/G.straße - Nutzungsarten" der Antragsgegnerin, der die Einzelhandelsnutzung regelt. Die Antragstellerin, die L. Dienstleistung GmbH & Co. KG, ist Eigentümerin eines Grundstücks im Plangebiet.
2 Der im Planaufstellungsverfahren erstellte Umweltbericht untersuchte die Aspekte "Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt", "Boden und Wasser", "Luft und Klima", "Landschaft", "Mensch/menschliche Gesundheit/Erholung" und "Kultur und sonstige Sachgüter" und gelangte zu der Einschätzung, die Durchführung des Plans werde keine erheblichen Umweltauswirkungen haben, weil nur die Nutzung bereits vorhandener baulicher Anlagen geregelt werde.
3 Die öffentliche Auslegung des Planentwurfs und seiner Begründung machte die Antragsgegnerin in ihrem Amtsblatt vom 10. September 2011 bekannt mit dem Hinweis, dass umweltbezogene Stellungnahmen und Informationen, "soweit sie für die Planung wesentlich sind", nicht vorlägen. Binnen der Auslegungsfrist erhob der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin "namens und in Vollmacht der L. Vertriebs-GmbH & Co. KG" Einwendungen. Der Bebauungsplan wurde im Jahr 2012 beschlossen, ausgefertigt und am 1. September 2012 bekannt gemacht.
4 Das Oberverwaltungsgericht hat den im März 2013 gestellten Normenkontrollantrag als unzulässig abgelehnt. Die Antragstellerin sei nach § 47 Abs. 2a VwGO präkludiert, weil sie keine Einwendungen erhoben habe. Beachtliche Mängel des Auslegungsverfahrens, die den Eintritt der Präklusion hindern könnten, lägen nicht vor, insbesondere sei die Bekanntmachung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB ausreichend gewesen.
5 Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision. Die Antragsgegnerin verteidigt das angegriffene Urteil.
II
6 Die zulässige Revision hat Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag unter Verstoß gegen Bundesrecht als unzulässig abgelehnt. Die fehlende Spruchreife führt zur Zurückverweisung (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
7 Das Oberverwaltungsgericht hält dem Normenkontrollantrag zu Unrecht § 47 Abs. 2a VwGO entgegen. Danach ist der Antrag einer natürlichen oder juristischen Person, der einen Bebauungsplan zum Gegenstand hat, unzulässig, wenn die den Antrag stellende Person nur Einwendungen geltend macht, die sie im Rahmen der öffentlichen Auslegung (§ 3 Abs. 2 BauGB) oder im Rahmen der Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 und § 13a Abs. 2 Nr. 1 BauGB) nicht oder verspätet geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können, und wenn auf diese Rechtsfolge im Rahmen der Beteiligung hingewiesen worden ist. Eine Präklusion nach § 47 Abs. 2a VwGO setzt darüber hinaus voraus, dass die von § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB geforderte ortsübliche Bekanntmachung des Orts und der Dauer der Auslegung des Planentwurfs sowie der Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, ordnungsgemäß erfolgt ist (BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2014 - 4 CN 1.13 - BVerwGE 149, 88 Rn. 19 und vom 11. September 2014 - 4 CN 3.14 - NVwZ 2015, 301 Rn. 12). Denn § 47 Abs. 2a VwGO soll nur einer Gemeinde zugutekommen, die das Ihre getan hat, die Planbetroffenen zur Erhebung von Einwendungen anzustoßen. Ob ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB innerhalb der Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 214 Abs. 1 Nr. 2 BauGB gerügt worden ist, spielt insoweit keine Rolle (BVerwG, Urteil vom 11. September 2014 a.a.O. Rn. 13).
8 Der Antragstellerin kann § 47 Abs. 2a VwGO nicht entgegen gehalten werden, weil die Bekanntmachung zur Auslegung des Planentwurfs hinsichtlich der Angaben zu den verfügbaren Arten umweltbezogener Informationen die Anforderungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB verfehlt. Ihr lag schon ein unzutreffender rechtlicher Maßstab zugrunde, weil die Antragsgegnerin sich für befugt hielt, zwischen wesentlichen und unwesentlichen Informationen zu unterscheiden. Das Bekanntmachungserfordernis erstreckt sich indes auch auf Umweltinformationen, die in Stellungnahmen enthalten sind, welche die Gemeinde für unwesentlich hält (BVerwG, Urteil vom 11. September 2014 - 4 CN 1.14 - ZfBR 2015, 159 Rn. 11).
9 Die Bekanntmachung war zudem in der Sache unzutreffend. Die Einschätzungen des Umweltberichts zum gegenwärtigen umweltbezogenen Zustand des Gebietes mit Blick auf einzelne Teilaspekte und seine Einschätzung, der Bebauungsplan wirke sich auf diese Teilaspekte nicht aus, waren verfügbare Umweltinformationen im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB. Ein solches weites Verständnis entspricht dem weiten Begriff der Umweltinformationen in anderen Rechtsgebieten, wie er etwa in § 2 Abs. 3 UIG Ausdruck gefunden hat (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2008 - 4 C 13.07 - BVerwGE 130, 223 Rn. 11), und trägt der von § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB verfolgten Anstoßwirkung Rechnung (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2013 - 4 CN 3.12 - BVerwGE 147, 206 Rn. 19 f.). Das Gesetz verlangt für diese Anstoßwirkung, die in den vorhandenen Stellungnahmen und Unterlagen behandelten Umweltthemen nach Themenblöcken zusammenzufassen und diese in der Bekanntmachung schlagwortartig zu charakterisieren (BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2013 a.a.O. Rn. 23). Eine nach diesen Vorgaben durchgeführte Bekanntmachung von betrachteten, aber für nicht beeinträchtigt angesehenen Umweltbelangen kann die Öffentlichkeit veranlassen, die Berücksichtigung weiterer, nicht genannter und damit nicht untersuchter Belange zu fordern oder eine abweichende Beurteilung der betrachteten Belange zu verlangen. Dabei ist es umso wichtiger, die interessierte Bevölkerung zu veranlassen, etwaige Umweltbelange, die der Gemeinde bisher unbekannt waren, in das Verfahren einzuführen und so zur Grundlage der Abwägungsentscheidung zu machen, je weniger Umweltinformationen die Gemeinde im Rahmen eines Bauleitplanverfahrens bis zur förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung erlangt hat (BVerwG, Urteil vom 11. September 2014 - 4 CN 1.14 - ZfBR 2015, 159 Rn. 14). Ob die Anstoßwirkung auch durch die hier gewählte Formulierung erreicht werden konnte, wie die Antragsgegnerin geltend gemacht hat, spielt angesichts der gesetzlichen Vorgaben keine Rolle.
10 Für eine Entscheidung in der Sache fehlen tatrichterliche Feststellungen, so dass das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen war (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
Prof. Dr. Rubel
Dr. Gatz
Petz
Dr. Decker
Dr. Külpmann
Bebauungsplanung; Erforderlichkeit; Abwägung; Konflikttransfer; Umlegung; Abwägungsergebnisfehler
VwGO § 101 Abs. 2, § 137 Abs. 1 und 2
BauGB § 1 Abs. 3 Satz 1, Abs. 7, § 45
Leitsatz:
Eine amtliche Umlegung nach §§ 45 ff. BauGB ist im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 30 Abs. 1 BauGB) nur zur Umsetzung der darin getroffenen Festsetzungen zulässig. Deswegen darf die ungeklärte Erschließung überplanter Grundstücke nicht im Wege des Konflikttransfers einem nachfolgenden amtlichen Umlegungsverfahren vorbehalten werden.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 4 CN 4.14
OVG Münster - 27.05.2013 - AZ: OVG 2 D 37/12.NE
In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Mai 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz, Petz, Dr. Decker und Dr. Külpmann
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:
Auf die Revision der Antragstellerin wird das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. Mai 2013 geändert. Der am 7. Dezember 2011 bekannt gemachte Bebauungsplan Nr. V 18 „Holtkamp“ wird für unwirksam erklärt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Gründe
I
1 Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit des am 7. Dezember 2011 bekannt gemachten Bebauungsplans Nr. V 18 "Holtkamp" der Antragsgegnerin (im Folgenden "Bebauungsplan").
2 Der Bebauungsplan überplant ein ca. 10,1 ha großes, bisher unbebautes Areal südlich der He. Straße (Landesstraße L 778) und westlich der Ho. Straße. Er setzt hierzu vier sich von Osten nach Westen erstreckende Gewerbegebiete mit den Bezeichnungen GE 1 bis GE 4 fest. Er setzt zudem Straßenverkehrsflächen fest, und zwar teilweise auf der Ho. Straße, von der aus die Gewerbegebiete über das Gewerbegebiet GE 1 von Osten her an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden werden, und teilweise entlang der Grenze des Plangebiets (im Norden) zur Verbreiterung der He. Straße jenseits eines Flächenstreifens zum Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen. Eine innere Erschließung der Baugebiete sieht der Bebauungsplan nicht vor. Nach der Begründung des Plans ist Anlass der Planung eine private, betriebsbezogene Projektentwicklung, die der Standortsicherung eines vorhandenen arbeitsplatzintensiven Gewerbebetriebs (im folgenden "Projektträger") dient und die nachhaltige Entwicklung des Betriebs an dem gewachsenen Standort vorsieht.
3 Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, das teilweise im GE 3, teilweise im GE 4 liegt. Es ist an einen Landwirt verpachtet, der es bewirtschaftet. Es wird derzeit über eine landwirtschaftliche Zu-/Ausfahrt zur He. Straße erschlossen. Die übrigen Grundstücke im Plangebiet gehören dem Projektträger, dessen betriebliche Anlagen auf benachbarten Grundstücken stehen und der seine Grundstücke im Plangebiet als Erweiterungsflächen vorhält.
4 Die Antragstellerin erhob gegen den Bebauungsplan fristgerecht Normenkontrollantrag, der in der Vorinstanz erfolglos blieb.
5 Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Antragstellerin, der Bebauungsplan verstoße gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bzw. § 1 Abs. 7 BauGB, weil es diesem an einem schlüssigen Erschließungskonzept fehle. Der Bebauungsplan liefere keine Rechtsgrundlage dafür, das Grundstück der Antragstellerin gegen deren Willen einer Nutzung durch den Projektträger zum Zweck der Werkserweiterung zuzuführen.
6 Die Antragsgegnerin verteidigt das angefochtene Urteil.
II
7 Die zulässige Revision der Antragstellerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. §§ 141, 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist begründet. Das angefochtene Urteil verstößt gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).
8 Das Normenkontrollgericht hat angenommen, der Bebauungsplan sei in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden, insbesondere leide der Bebauungsplan trotz fehlender Festsetzungen zur Innenerschließung an keinen Abwägungsfehlern. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die fehlende Innenerschließung im Wege eines Umlegungsverfahrens nach §§ 45 ff. BauGB herbei geführt werden könne. Diese Annahme verletzt Bundesrecht.
9 1. Mit Bundesrecht im Einklang steht allerdings die vorinstanzliche Ansicht, dass der Bebauungsplan nicht gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verstößt.
10 Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB dürfen Bauleitpläne nur aufgestellt werden, sobald und soweit dies für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dem Kriterium der städtebaulichen Rechtfertigung kommt nach der Rechtsprechung des Senats dieselbe Funktion zu wie demjenigen der Planrechtfertigung im Planfeststellungsrecht, nämlich die Planung, die ihre Rechtfertigung nicht in sich selbst trägt, im Hinblick auf die damit verbundenen Rechtseinwirkungen in Einklang mit den gesetzlich zulässigen Planungszielen zu bringen und auf diese Weise grundsätzlich zu rechtfertigen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 14. Februar 1975 - 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <60> m.w.N.). Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind danach Pläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, sowie Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 4 CN 4.13 - BVerwGE 150, 101 Rn. 14 m.w.N.). In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 3. Juni 1971 - 4 C 64.70 - BVerwGE 38, 152 <157>). Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich (BVerwG, Urteil vom 21. März 2002 - 4 CN 14.00 - BVerwGE 116, 144 <147>), das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bebauungsplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für deren städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden (zusammenfassend: BVerwG, Urteil vom 27. März 2013 - 4 C 13.11 - BVerwGE 146, 137 Rn. 9).
11 Das Oberverwaltungsgericht hat im angefochtenen Urteil zur städtebaulichen Erforderlichkeit der Planung ausgeführt, vor dem Hintergrund des Planungsanlasses, wie er in der Planbegründung zum Ausdruck komme, verfolge die Antragsgegnerin mit der Planung die städtebaulich legitimen Belange der Wirtschaft nach § 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a und c BauGB, indem sie infrastrukturelle Standortpolitik zugunsten des Projektträgers betreibe, damit dieser seinen Standort im Gebiet der Gemeinde sichern könne. Es handele sich hierbei weder um eine sog. Gefälligkeitsplanung noch um eine unzulässige Vorratsplanung (UA S. 10, 13 und 14). Da der Bebauungsplan eine realistische Vollzugsperspektive aufweise, sei er auch nicht dauerhaft vollzugsunfähig (UA S. 12). Der Bebauungsplan sei daher als "konkret projektbezogener Angebotsbebauungsplan" zur Ermöglichung einer Werkserweiterung durch den Projektträger städtebaulich gerechtfertigt (UA S. 11).
12 An diese Wertungen ist der Senat gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO). Er ist nicht befugt, die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts durch eine eigene Wertung zu ersetzen (BVerwG, Urteil vom 6. Juni 2002 - 4 CN 6.01 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 111 S. 36). Hieran ändert die Rüge der Antragstellerin nichts, das angefochtene Urteil beruhe auf einem Verstoß gegen die gerichtliche Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung, wie sie die Revision mit Verweis auf die Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision geltend macht, sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel grundsätzlich nicht begründen (stRspr; vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 1999 - 9 B 407.99 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 11). Ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz setzt deswegen voraus, dass das Gericht Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. Denn erst in diesem Fall fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts sowie für die Überprüfung seiner Entscheidung darauf, ob die Grenze einer objektiv willkürfreien, die Natur- und Denkgesetze sowie allgemeine Erfahrungssätze beachtenden Würdigung überschritten ist (BVerwG, Urteile vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <208 f.> m.w.N. und vom 6. Februar 1975 - 2 C 68.73 - BVerwGE 47, 330 <361>; Beschluss vom 18. Mai 1999 - 7 B 11.99 - juris Rn. 4). Solche Mängel macht die Revision der Sache nach aber nicht geltend. Sie liegen auch nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil sowohl mit der Frage befasst, ob der Bebauungsplan gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verstößt, weil er eine unzulässige Vorratsplanung darstelle, als auch mit der Frage nach etwaigen Erweiterungsabsichten des Projektträgers (UA S. 13). Dass es dabei der Meinung der Antragstellerin nicht gefolgt ist, führt auf keinen Verfahrensfehler.
13 2. Die weitere Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Bebauungsplan leide auch nicht an beachtlichen Abwägungsfehlern (§ 1 Abs. 7 BauGB), steht dagegen mit Bundesrecht nicht im Einklang.
14 a) Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969 - 4 C 105.66 - BVerwGE 34, 301 <308 f.>). In der Rechtsprechung ist ferner geklärt, dass jeder Bebauungsplan grundsätzlich die von ihm selbst geschaffenen oder ihm sonst zurechenbaren Konflikte zu lösen hat, indem die von der Planung berührten Belange zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden. Die Planung darf nicht dazu führen, dass Konflikte, die durch sie hervorgerufen werden, zu Lasten Betroffener letztlich ungelöst bleiben (BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 - 4 C 8.12 - BVerwGE 147, 379 Rn. 17 m.w.N.). Dies schließt eine Verlagerung von Problemlösungen aus dem Bebauungsplanverfahren auf nachfolgendes Verwaltungshandeln indes nicht aus; Festsetzungen eines Bebauungsplans können auch Ausdruck einer "planerischen Zurückhaltung" sein (BVerwG, Urteil vom 5. August 1983 - 4 C 96.79 - BVerwGE 67, 334 <338> m.w.N.). Die Grenzen zulässiger Konfliktverlagerung auf die Ebene des Planvollzugs sind allerdings überschritten, wenn bereits im Planungsstadium absehbar ist, dass sich der offengelassene Interessenkonflikt in einem nachfolgenden Verfahren nicht sachgerecht wird lösen lassen (BVerwG, Urteile vom 11. März 1988 - 4 C 56.84 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG Nr. 30 S. 4 ff. und vom 12. September 2013 a.a.O.). Ein Konflikttransfer ist mithin nur zulässig, wenn die Durchführung der Maßnahmen zur Konfliktbewältigung auf einer nachfolgenden Stufe möglich und sichergestellt ist. Ob eine Konfliktbewältigung durch späteres Verwaltungshandeln gesichert oder wenigstens wahrscheinlich ist, hat die Gemeinde prognostisch zu beurteilen, da es um den Eintritt zukünftiger Ereignisse geht. Ist insoweit bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung die künftige Entwicklung hinreichend sicher abschätzbar, so darf sie dem bei ihrer Abwägung Rechnung tragen (BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 1994 - 4 NB 25.94 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 75 S. 11 f.).
15 Löst der Bebauungsplan von ihm aufgeworfene Konflikte nicht, obwohl ein Konfliktlösungstransfer unzulässig ist, so führt dies zur Fehlerhaftigkeit der Abwägungsentscheidung (BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 a.a.O. Rn. 17, 21). Lässt sich die planerische Lösung der Gemeinde unter keinem denkbaren Gesichtspunkt begründen, fehlt es mithin an der Begründbarkeit der gemeindlichen Planung, dann führt dies zudem zu einem Fehler (auch) im Abwägungsergebnis. Denn ein solcher Fehler ist dann anzunehmen, wenn eine fehlerfreie Nachholung der erforderlichen Abwägungsentscheidung schlechterdings nicht zum selben Ergebnis führen könnte, weil andernfalls der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen würde, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht, mithin die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit überschritten würden (BVerwG, Urteil vom 22. September 2010 - 4 CN 2.10 - BVerwGE 138, 12 Rn. 22). Anders als Mängel im Abwägungsvorgang (vgl. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2, § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 BauGB) ist ein Mangel im Abwägungsergebnis stets beachtlich; er führt unabhängig vom Vorliegen weiterer Mängel der Abwägung zur (Teil-)Unwirksamkeit des Bebauungsplans (BVerwG, Beschluss vom 16. März 2010 - 4 BN 66.09 - BauR 2010, 1034 Rn. 31).
16 b) Nach den (bindenden) Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts weist der Bebauungsplan die Besonderheit auf, dass die Erschließung der vier Gewerbegebiete ausschließlich von Osten von der Ho. Straße aus über das Grundstück des Projektträgers erfolgen soll. Das Grundstück der Antragstellerin liegt in der Mitte des Plangebiets; es wird derzeit landwirtschaftlich genutzt und ist über eine landwirtschaftliche Ausfahrt zur He. Straße erschlossen. Nach Anlegung des Grüngürtels entfällt die Anbindung an die He. Straße und wird das Grundstück der Antragstellerin von jeglicher Erschließung abgeschnitten. Nicht nur, dass die Antragstellerin schon jetzt die im Bebauungsplan festgesetzte gewerbliche Nutzung mangels Erschließung nicht aufnehmen kann (vgl. § 30 Abs. 1 BauGB), ginge ihr dann auch die landwirtschaftliche Nutzbarkeit verloren, weil eine Zu-/Abfahrt auch über die He. Straße nicht mehr möglich wäre. Es entstünde eine nicht nutzbare "Gewerbegebietsinsel", weil dem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt. Eine solche Planung ist mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht vereinbar; sie vernachlässigt in nicht zu vertretender Weise die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentümerinteressen der Antragstellerin, überschreitet mithin die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit.
17 Die Lösung des Problems der fehlenden Innenerschließung konnte - anders als das Oberverwaltungsgericht meint - nicht im Wege eines Konflikttransfers einem nachfolgenden Umlegungsverfahren vorbehalten werden. Die Durchführung eines Umlegungsverfahrens ist rechtlich nicht zulässig, weil der Bebauungsplan selbst keine Festsetzungen zur Innenerschließung enthält. Diese sind aber erforderlich, weil die amtliche Umlegung nach §§ 45 ff. BauGB - das gilt in gleicher Weise für eine vereinfachte Umlegung nach §§ 80 ff. BauGB (vgl. Burmeister/Aderhold, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand November 2014, zu § 80 Rn. 25) - im Bereich qualifizierter Bebauungspläne (§ 30 Abs. 1 BauGB) nur zur Verwirklichung der darin getroffenen Festsetzungen zulässig ist. Das Umlegungsverfahren ist kein Verfahren, in dem Konflikte, die im Bebauungsplan unbewältigt geblieben sind, gelöst werden können. Die Umlegung ist, wie § 46 Abs. 1 BauGB ("zur Verwirklichung eines Bebauungsplans") belegt, eine dem Vollzug des Bebauungsplans dienende Maßnahme (BGH, Urteil vom 12. März 1987 - III ZR 29/86 - BGHZ 100, 148 <150>), ein Instrument zur Planverwirklichung. Die Umlegung ist somit von der Planung abhängig; sie ist - im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans - ein planakzessorisches Instrument (Breuer, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 45 Rn. 33; Dieterich, Baulandumlegung, 5. Aufl. 2006, Rn. 28) und dient dazu, den Grund und Boden entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans so zu gestalten, dass dessen Verwirklichung möglich ist (siehe auch Begründung des Entwurfs eines Bundesbaugesetzes, BT-Drs. 3/336 S. 73). Im Wege des Tauschs sollen Grundstücke, deren Lage, Form und Größe sich für eine Bebauung oder sonstige Nutzung nach Maßgabe des Bebauungsplans als ungeeignet oder unzweckmäßig erweisen, in der Weise neu gestaltet werden, dass die im Bebauungsplan festgesetzte Nutzung durchführbar ist. Eine Umlegung zur Bereitstellung von Verkehrsflächen kann danach nur unter der Voraussetzung zulässig sein, dass die Flächen im Bebauungsplan ausgewiesen sind (Dieterich a.a.O. Rn. 31). Auch § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BauGB zeigt, dass eine Umlegung entsprechende Festsetzungen im Bebauungsplan voraussetzt. Nur dann ist es überhaupt i.S.v. § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BauGB möglich, vorweg Flächen für Straßen, Wege etc. aus der Umlegungsmasse auszuscheiden. Ohne solche Festsetzungen ist aber (auch) eine Erschließungsumlegung ausgeschlossen.
18 3. Dieser Abwägungsergebnisfehler führt zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans.
19 In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen - nach den allgemeinen Grundsätzen über die teilweise Nichtigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften (vgl. auch § 139 BGB) - dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit eines Bebauungsplans führt, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und außerdem hinzukommt, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (BVerwG, Urteil vom 19. September 2002 - 4 CN 1.02 - BVerwGE 117, 58 <61>; Beschlüsse vom 18. Juli 1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <230>, vom 20. August 1991 - 4 NB 3.91 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 59, vom 25. Februar 1997 - 4 NB 30.96 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 116 S. 77, vom 6. November 2007 - 4 BN 44.07 - juris Rn. 3, vom 22. Januar 2008 - 4 B 5.08 - BRS 73 Nr. 22 Rn. 8 und vom 24. April 2013 - 4 BN 22.13 - BRS 81 Nr. 77 S. 463). Dieser Rechtsprechung ist auch zu entnehmen, dass die Teilunwirksamkeit eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme zur Gesamtunwirksamkeit darstellt (stRspr, z.B. BVerwG, Beschluss vom 29. März 1993 - 4 NB 10.91 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 75 S. 128).
20 Gemessen an diesen Grundsätzen ist von der Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen. Eine bloße Teilunwirksamkeit scheidet bereits deshalb aus, weil dann ein Planungstorso zurückbliebe. Nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ging es der Antragsgegnerin darum, ein ca. 10 ha großes Gebiet als Erweiterungsfläche für den Projektträger auszuweisen und damit - auf lange Sicht - zu sichern. Es handelt sich also um ein einheitliches planerisches Gesamtkonzept. Dieses lässt sich nicht in zwei selbständige Teile (GE 1 und 2 sowie GE 3 und 4) aufspalten, ohne die Gesamtplanung in Frage zu stellen.
21 Da sich die Revision der Antragstellerin danach bereits aus materiellen Gründen als begründet erweist, kommt es nicht mehr darauf an, ob der von ihr auch insofern geltend gemachte Verstoß des Oberverwaltungsgerichts gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gegeben ist.
22 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Gatz
Petz
Dr. Decker
Dr. Külpmann
Flächennutzungsplan; Normenkontrolle; Zulässigkeit der -; Porphyrsteinbruch; Großrutschung; Hangabflachung; Beeinträchtigung der Kammlinie; Erhaltung des Landschaftsbildes; Begrenzung der Abbaufläche; Konzentrationsflächenplanung; Ausschlusswirkung; Ergänzung durch Bebauungsplan; grundsätzliche Bedeutung; Abwägungsgebot; Eigentümerinteressen; Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials; Abbaupotentiale; privilegierte Nutzung; "substanziell Raum schaffen"; FFH-Gebiet; Natura 2000-Gebiet; erhebliche Beeinträchtigungen; FFH-Vorprüfung; FFH-Verträglichkeitsprüfung; Verlagerung auf ein nachfolgendes immissionsschutzrechtliches Verfahren; Verfahrensmängel; Beweiswürdigung; Amtsermittlungsgrundsatz; rechtliches Gehör
VwGO § 47 Abs. 1 Nr. 1 analog, § 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1
Satz 1, § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3, § 133 Abs. 3 Satz 3
BauGB § 1 Abs. 4, Abs. 7, § 2 Abs. 3, § 35 Abs. 3 Satz 3
BNatSchG § 34 Abs. 1
Leitsatz:
Die Prüfungsanforderungen im Rahmen einer nach § 34 Abs. 1 BNatSchG erforderlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung sind sachnotwendig von den im Rahmen der Planung verfügbaren Detailkenntnissen abhängig, die Festlegung gegebenenfalls erforderlicher Kohärenzsicherungsmaßnahmen ist an die Leistungsgrenzen des jeweiligen planerischen Instruments gebunden. Nach Maßgabe dieser Erkenntnis- und Leistungsgrenzen der Planung kann eine nach § 34 Abs. 1 BNatSchG erforderliche FFH-Verträglichkeitsprüfung auch auf ein nachfolgendes immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren verlagert werden.
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 32.13
VGH Mannheim - 29.01.2013 - AZ: VGH 3 S 2485/11
In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. März 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz und Dr. Decker
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 29. Januar 2013 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 60 000 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Gegenstand des Verfahrens ist die 1. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin für den Bereich "Porphyrsteinbruch mit Wachenberg" (im Folgenden: Flächennutzungsplan-Änderung).
2 Die Antragstellerin ist die Pächterin von Grundstücken der Beschwerdeführerin in den Verfahren 4 BN 30. und 31.13, auf denen seit 1893 ein Quarzporphyr-Steinbruch betrieben wird. Derzeit betreibt sie den Steinbruch auf der Grundlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aus dem Jahr 1983. In südlicher Richtung wird der Steinbruch durch die Kammlinie des Wachenbergs begrenzt, südwestlich grenzt die Wachenburg an das Steinbruchgelände an, unmittelbar westlich davon beginnt das Stadtgebiet der Antragsgegnerin.
3 In der Raumnutzungskarte des Regionalplans "Unterer Neckar" ist das Gebiet um den Wachenberg als schutzbedürftiger Bereich für den Abbau oberflächennaher Rohstoffe festgelegt. Für die ihn umgebenden Flächen sieht die Raumnutzungskarte einen Regionalen Grünzug und zugleich eine schutzbedürftige Fläche für die Forstwirtschaft vor.
4 Bei einer Großrutschung im Jahre 2003 lösten sich entlang der rund 230 m hohen Steinbruchwand im Süden des Geländes ca. 2 000 m3 Gesteinsmaterial. Die oberste Abrisslinie reicht zum Teil bis zu 60 m über die 1983 genehmigte Abbaugrenze hinaus und berührt die Kammlinie des Wachenbergs. Das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau empfahl daraufhin zur Vermeidung weiterer Rutschungen die Reduzierung der Generalneigung der Steinbruchwände von 60° auf 50°. Diese Empfehlung aufgreifend beantragte die Antragstellerin eine immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung zur Erweiterung des Steinbruchs in südlicher Richtung, wobei durch die Abflachung des Hangs etwa 70 % der Kammlinie zwischen Wachenburg und Wachenberg verändert und auch die Kuppe des Wachenbergs selbst angeschnitten werden sollten. Die Antragsgegnerin verweigerte wegen der damit einhergehenden Veränderungen des Landschaftsbildes ihr gemeindliches Einvernehmen. Das zuständige Landratsamt lehnte daraufhin die beantragte Änderungsgenehmigung mit Bescheid vom 5. Mai 2008 ab, wies aber darauf hin, dass es den Antrag ansonsten für genehmigungsfähig halte.
5 Bereits im Jahre 2007 fasste die Antragsgegnerin den Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans für den Bereich "Porphyrsteinbruch mit Wachenberg", zur angefochtenen punktuellen Änderung des Flächennutzungsplans in einem Parallelverfahren sowie zum Erlass einer Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplans. In seiner Sitzung vom 29. September 2010 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Änderung des Flächennutzungsplans und den Bebauungsplan als Satzung. Am 22. Oktober 2010 wurden die vom Regierungspräsidium Karlsruhe erteilte Genehmigung der Flächennutzungsplan-Änderung sowie der Beschluss des Bebauungsplans bekannt gemacht. Wesentliches Ziel der Änderung des Flächennutzungsplans ist es, die Zielvorgaben des Regionalplans zu konkretisieren und das charakteristische Landschaftsbild zu erhalten, das grundlegender Bestandteil der Stadtsilhouette der Antragsgegnerin sei. Dazu wird entlang der südlichen Begrenzungslinie der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung von 1983 eine "Fläche für die obertägige Gewinnung von Porphyrgestein (§ 5 Abs. 2 Nr. 8 BauGB)" dargestellt, die im nördlichen Bereich über jene im bisherigen Flächennutzungsplan und über die nördliche Begrenzungslinie der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung von 1983 hinausragt. Jenseits der Abbaufläche schließt sich eine Fläche für Wald an. In der Begründung zur Änderung des Flächennutzungsplans verweist die Antragsgegnerin auf eine mit der Darstellung der Abbaufläche verbundene Standortzuweisung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB.
6 Den gegen die Änderung des Flächennutzungsplans gerichteten Normenkontrollantrag der Antragstellerin hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen, die Revision hat er nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich Antragstellerin mit der Beschwerde.
II
7 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
8 Der Senat kann offen lassen, inwieweit der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 10 f.) die Statthaftigkeit der Normenkontrolle gegen den Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin zu Recht bejaht hat. Gestützt auf die bisherige Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Urteil vom 26. April 2007 - 4 CN 3.06 - BVerwGE 128, 382 und Beschluss vom 23. Oktober 2008 - 4 BN 16.08 - BauR 2009, 475) ist er davon ausgegangen, dass der Normenkontrollantrag der Antragstellerin gegen die Flächennutzungsplan-Änderung insgesamt statthaft sei, weil diese nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unmittelbare Außenwirkung entfalte und mithin eine einem Bebauungsplan vergleichbare Funktion erfülle, so dass für ihre gerichtliche Kontrolle § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO entsprechend anzuwenden sei. Mit Urteil vom 31. Januar 2013 - 4 CN 1.12 - (BVerwGE 146, 40 Rn. 15 ff., 19), das im Zeitpunkt der Verkündung des angegriffenen Urteils noch nicht ergangen war, hat der Senat jedoch einschränkend klargestellt, dass die analoge Anwendung des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auf die im Flächennutzungsplan zum Ausdruck kommende planerische Willensentscheidung der Gemeinde begrenzt ist, die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für Vorhaben außerhalb der ausgewiesenen Konzentrationsflächen eintreten zu lassen; statthaft ist mithin nur der Antrag, die Darstellungen des Flächennutzungsplans für unwirksam zu erklären, soweit darin der Wille der Gemeinde zum Ausdruck kommt, dass mit der Ausweisung von Positivflächen für privilegierte Nutzungen nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB die Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB erreicht werden sollen. Die Darstellung der Positivflächen selbst ist demgegenüber kein möglicher Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle analog § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO.
9 Inwieweit der Verwaltungsgerichtshof die Revision in dem angegriffenen Urteil deshalb im Ergebnis zu Recht nicht zugelassen hat, weil der Normenkontrollantrag der Antragstellerin von vornherein bereits unstatthaft war, kann der Senat offen lassen, weil die seitens der Beschwerde geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO auch für sich genommen die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen.
10 1. Die geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.
11 a) Der behauptete Verstoß gegen die Grundsätze richterlicher Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist nicht schlüssig dargetan.
12 Die Beschwerde rügt, der Verwaltungsgerichtshof habe die artenschutzrechtliche Stellungnahme der Planungsgruppe Natur und Umwelt (PGNU) fehlinterpretiert, indem er davon ausgegangen sei, dass es sich hierbei um eine FFH-Vorprüfung im Vorfeld einer FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs. 1 BNatSchG i.V.m. § 1a Abs. 4 BauGB handele. Die Fachgutachter hätten selbst angenommen, dass für eine zukünftige Erweiterung des Steinbruchs in Richtung Nordwesten u.a. eine FFH-Verträglichkeitsprüfung zu erstellen sei, für die aber kein Raum mehr sei, wenn die Gutachter zuvor - wie der Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegt habe - festgestellt hätten, dass die Erweiterung gar nicht geeignet sei, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen. Einen Verfahrensmangel zeigt die Beschwerde damit nicht auf. Die Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Mangel leidet, ist vom materiell-rechtlichen Standpunkt der Vorinstanz aus zu beurteilen, auch wenn dieser Standpunkt verfehlt sein sollte (z.B. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 1996 - 11 B 150.95 - Buchholz 424.5 GrdstVG Nr. 1). Bei der Beantwortung der Frage, ob die Änderung des Flächennutzungsplans gegen § 1a Abs. 4 BauGB verstoße, hat sich der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 15) von der Rechtsauffassung leiten lassen, dass es keine Bestimmungen gebe, die eine Formalisierung der nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG gebotenen Vorprüfung vorschreiben würden. Ausgehend von diesem Rechtsstandpunkt hat er die von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebene artenschutzrechtliche Stellungnahme der PGNU als FFH-rechtliche Vorprüfung gewertet. Die von der Beschwerde behauptete Fehlinterpretation dieser Untersuchung ist schon von daher nicht als Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz zu werten, auch wenn die PGNU - wie von der Beschwerde behauptet - ihrer Untersuchung diese Qualität selbst nicht zugemessen, sondern für eine zukünftige Erweiterung des Steinbruchs in Richtung Nordwesten u.a. eine Natura 2000-Verträglichkeitsprüfung für erforderlich gehalten haben sollte.
13 Einen Verfahrensmangel zeigt die Beschwerde auch nicht auf, soweit sie sich ferner dagegen wendet, dass der Verwaltungsgerichtshof unbeanstandet gelassen habe, dass die Antragsgegnerin der Anregung der Gutachter nicht gefolgt sei, im Bereich um die Fledermausstollen einen "Korridor" zu schaffen, der nicht in die Darstellung Abbaufläche einbezogen werden solle. Die Beschwerde macht geltend, nach Auffassung der Fachgutachter sei der Schutz der Fledermäuse auf zwei kumulativ zu verstehenden Wegen sicherzustellen gewesen, nämlich erstens dadurch, dass das Stollensystem zuzüglich Sicherheitsabstand vom Abbau generell aus der Konzentrationszone auszunehmen gewesen sei, und im Übrigen durch weitere Maßnahmen, etwa Einschränkungen bei Sprengungen oder sonstiger Abbautätigkeit. Der Verwaltungsgerichtshof habe diese Erwägungen der Fachgutachter zum Schutz der Fledermäuse zwar aufgegriffen, aber ganz offensichtlich fehlinterpretiert. Der Sache nach wendet sich die Beschwerde auch insoweit gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung, der sie ihre eigene, hiervon abweichende Würdigung entgegensetzt. Ein Verfahrensmangel ist damit nicht dargetan (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 1995 - 9 B 645.94 - juris). Konkreter Vortrag dazu, inwieweit richterliche Beweiswürdigungsregeln verletzt worden sein könnten, fehlt.
14 b) Ohne Erfolg bleiben auch die Verfahrensrügen, mit denen sich die Beschwerde dagegen wendet, dass der Verwaltungsgerichtshof in der Begründung des in Bezug genommenen Urteils im Verfahren 3 S 2533/10 die Prognose der Antragsgegnerin über die Möglichkeit der Erhaltung des Landschaftsbildes bei Durchführung der Planung als ermittlungsfehlerfrei gebilligt habe.
15 Nach Auffassung der Beschwerde lasse sich die "Feststellung" des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Prognose der Antragsgegnerin über die Möglichkeit der Erhaltung des Landschaftsbildes bei Durchführung der Planung nicht ermittlungsfehlerhaft sei, auf der Grundlage des vorliegenden Akteninhalts nicht treffen. Ihr Vortrag erschöpft sich dabei im Wesentlichen wieder darin, nach Art eines Vortrags in der Tatsacheninstanz Argumente dafür anzuführen, warum nicht die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtshofs, sondern ihre eigene, hiervon abweichende Beweiswürdigung richtig sei. Ein die Zulassung der Revision rechtfertigender Verfahrensmangel ist auch damit nicht dargetan.
16 Gleiches gilt für die hieran anknüpfende Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO). Die Beschwerde macht geltend, selbst wenn der Verwaltungsgerichtshof auf der Grundlage der bisherigen Sachverständigenäußerungen nicht zu der - von ihr für richtig gehaltenen - Schlussfolgerung gelangt wäre, hätte er jedenfalls ein Sachverständigengutachten einholen müssen, um zu klären, in welcher Weise sich die nach allen schriftlichen Sachverständigengutachten nicht auszuschließenden Hangrutschungen auf den Erhalt der Kammlinie bzw. das bestehende Landschaftsbild auswirken könnten. Sie meint, eines Beweisantrages der Antragstellerin habe es hierzu nicht bedurft, derartige Ermittlungen wären vielmehr von Amts wegen durchzuführen gewesen. Zumindest auf den Beweisantrag der Antragstellerin hin wäre dieser Frage nachzugehen gewesen. Einen Verfahrensmangel zeigt die Beschwerde auch mit diesem Vortrag nicht auf. Sie lässt bereits im Unklaren, ob die Antragstellerin einen entsprechenden Beweisantrag im Normenkontrollverfahren gestellt hat. Abgesehen davon legt die Beschwerde nicht dar, warum sich dem Verwaltungsgerichtshof eine weitere Sachaufklärung durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 1975 - 6 B 4.75 - Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 17). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs (UA S. 13 unter Verweis auf das Urteil im Verfahren 3 S 2533/10, UA S. 15 ff.) lagen der Antragsgegnerin bis zum Satzungsbeschluss mindestens neun Gutachten oder Stellungnahmen zur Standfestigkeit der Steinbruchwände vor, die sie ausgewertet und auf die sie größtenteils Bezug genommen habe. Auf der Grundlage dieser Gutachten habe die Antragsgegnerin beim Satzungsbeschluss davon ausgehen dürfen, dass bei Realisierung ihrer Planung keine Veränderung der Kammlinie des Wachenbergs hin zur Wachenburg durch eine einzige Großrutschung oder sukzessive Rutschungen in einem Umfang drohe, die der Veränderung der Kammlinie im Fall einer Erteilung der erweiterten Abbaugenehmigung gleich- oder auch nur nahekäme. Zur Begründung dieser Feststellungen hat der Verwaltungsgerichtshof zentrale Aussagen der Gutachten herausgegriffen und richterlich gewürdigt (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO); eigene Fachkunde hat er sich hierbei - entgegen der Behauptung der Beschwerde - nicht zugemessen. Der Sache nach richtet sich die Kritik der Beschwerde auch hier wieder gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung. Die Beschwerde führt Gründe an, warum der Verwaltungsgerichtshof das Ergebnis seiner Beweiswürdigung nicht oder nicht vollständig auf die vorliegenden Gutachten und Stellungnahmen habe stützen können. Konkrete Angaben dazu, warum die vorliegenden Gutachten und Stellungnahmen als Grundlage der Beweiswürdigung unzureichend gewesen sein und einer Ergänzung durch weitere Sachverständigengutachten bedürfen sollen, fehlen.
17 c) Ein Verfahrensfehler ist schließlich auch nicht dargetan, soweit sich die Beschwerde gegen die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs wendet, das Vorhandensein einer rekultivierten Kippe an der Südwestböschung des Steinbruchs sei von der Antragstellerin bis zum Satzungsbeschluss nicht vorgetragen worden und habe sich der Antragsgegnerin auch nicht aufdrängen müssen, weshalb offen bleiben könne, ob dieser Umstand wegen der bestandskräftigen Abbaugenehmigung von 1983 rechtlich überhaupt zu einem Abbauhindernis führen würde.
18 Die in diesem Zusammenhang behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) ist nicht schlüssig dargelegt. Die Beschwerde versucht zu begründen, warum das Vorhandensein einer rekultivierten Kippe für die Antragsgegnerin doch ohne Weiteres erkennbar, wenn ihr nicht gar bekannt gewesen sei. Dass der Verwaltungsgerichtshof wesentlichen vorinstanzlichen Sachvortrag unbeachtet gelassen oder nicht in Erwägung gezogen hätte, wird nicht einmal behauptet. Mit dem weiteren Vortrag, indem der Verwaltungsgerichtshof aktenwidrig ausgeschlossen habe, dass sich die Antragsgegnerin im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses mit der Frage habe befassen müssen, ob das von ihr angenommene Abbaupotential in diesem Bereich aus artenschutzrechtlichen Gründen gar nicht zur Verfügung stehe, habe er der Antragstellerin den diesbezüglichen Einwand abgeschnitten, wendet sich die Beschwerde wiederum gegen eine aus ihrer Sicht unzutreffende vorinstanzliche Rechtsanwendung. Dem Vorwurf der Aktenwidrigkeit fehlt schon deshalb jede Substanz, weil es bei der Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass sich die Antragsgegnerin im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht mit der Frage habe befassen müssen, ob das von ihr angenommene Abbaupotential in diesem Bereich zur Verfügung steht, nicht - wie die Beschwerde selbst zum Ausdruck bringt ("musste") - um Tatsachenfeststellung, sondern um rechtliche Würdigung geht.
19 2. Die Rechtssache hat auch nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.
20 a) Für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig hält die Beschwerde die Fragen,
ob die Anforderungen an die Ermittlungs- und Bewertungspflicht nach § 2 Abs. 3 BauGB im Rahmen der Ausweisung von Konzentrationsflächen "im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB" (gemeint ist: mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) davon abhängig sind, ob auf höherer Planungsebene diese Fläche bereits als Konzentrationsfläche vorgesehen ist, oder ob nicht vielmehr im Gegenteil die kleinräumigere Planung auf niedrigerer Planungsebene in besonderem Maße aufgerufen ist, die auf höherer Planungsebene mit entsprechendem gröberen Raster vorgenommenen Darstellungen unter besonderer Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten erneut und vertieft auf ihre Realisierungsfähigkeit zu prüfen,
und ferner, ob schon allein der Umstand, dass mit dem Abbau begonnen wurde, dazu berechtigt, geringere Anforderungen an die Ermittlung und Bewertung im Sinne des § 2 Abs. 3 BauGB zu stellen.
21 Die Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision. Sie bedürfen, soweit sie überhaupt vom Einzelfall unabhängig zu beantworten sind, nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren.
22 Die sich aus § 1 Abs. 7 und § 2 Abs. 3 BauGB ergebenden Anforderungen an den Abwägungsvorgang bei der Darstellung einer Konzentrationszone mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB sind in der Rechtsprechung des Senats zur Konzentrationsflächenplanung von Windenergieanlagen geklärt. Sie lassen sich auf eine Konzentrationsflächenplanung für den Abbau von Bodenschätzen übertragen. Soll danach eine planerische Entscheidung die Wirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB auslösen - hiernach stehen öffentliche Belange einem Vorhaben i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 5 Halbs. 2 BauGB in der Regel entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist -, verlangt das Abwägungsgebot die Entwicklung eines schlüssigen Gesamtkonzepts, das sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt. Die gemeindliche Entscheidung muss nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gründe es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von solchen Vorhaben freizuhalten (stRspr zu Windenergieanlagen; vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 CN 1.11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 9 m.w.N.). Nach dem Modell des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bedingen die positive und negative Komponente der Darstellung von Konzentrationsflächen einander. Das Zurücktreten der Privilegierung in Teilen des Plangebiets lässt sich nur rechtfertigen, wenn die Gemeinde sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Der Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers ist bei der Darstellung von Konzentrationsflächen Rechnung zu tragen; für die privilegierte Nutzung ist in substanzieller Weise Raum zu schaffen (BVerwG, Urteile vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 - BVerwGE 117, 287 <294 f.> und vom 13. März 2003 - 4 C 4.02 - BVerwGE 118, 33 <37>).
23 Es versteht sich von selbst und bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, dass sich die planende Gemeinde bei der Entwicklung eines schlüssigen gesamträumlichen Konzepts die Abwägungsentscheidung eines rechtsgültigen Regionalplans zunutze machen kann. Gibt bereits der Regionalplan positive Standortzuweisungen vor, die es rechtfertigen, den übrigen Planungsraum von der privilegierten Nutzung freizuhalten, ist die planende Gemeinde berechtigt und nach Maßgabe des Anpassungsgebots (§ 1 Abs. 4 BauGB) gegebenenfalls auch verpflichtet, sich an diesem regionalplanerischen gesamträumlichen Planungskonzept zu orientieren. Das gilt auch hinsichtlich der - von der Beschwerde in anderem Zusammenhang aufgeworfenen - Frage, ob durch die Darstellung von Konzentrationsflächen ausreichende Mengen des abzubauenden Bodenschatzes zur Verfügung gestellt werden, die eine mittelfristige Versorgung der Region oder des Gemeindegebiets gewährleisten. Das enthebt die planende Gemeinde, die von der Ermächtigung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB Gebrauch macht, selbstverständlich nicht von der Notwendigkeit, die entsprechend dem jeweiligen Konkretisierungsgrad der Planung und den jeweils verfügbaren Detailkenntnissen der Abwägung zugänglichen öffentlichen Belange nach Maßgabe der § 1 Abs. 7 und § 2 Abs. 3 BauGB gegen das Interesse des Eigentümers oder des Steinbruchbetreibers abzuwägen, den Außenbereich für den Abbau von Bodenschätzen in Anspruch zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2010 - 4 C 7.09 - BVerwGE 137, 74 Rn. 46 - zur Windenergienutzung).
24 Auf der Hand liegt ferner, dass das Vorhandensein eines bestandskräftig genehmigten und noch im Gange befindlichen Gesteinsabbaus in der Regel ein Indiz dafür sein kann, dass die betreffenden Flächen für den Gesteinsabbau geeignet sind. Das räumt auch die Beschwerde ein. Auf den Einwand der Antragstellerin, ein bestehender Gesteinsabbau könne auch dadurch gekennzeichnet sein, dass der vorhandene Bodenschatz nahezu ausgebeutet ist und damit gerade für die mittelfristige Planung kein ausreichendes Bodenschatzvorkommen mehr zum Abbau freigegeben sei, hat der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 18 f.) im Normenkontrollurteil mit der Feststellung geantwortet, dass im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Bauleitplans immerhin noch Potentiale vorhanden gewesen seien. Ob diese Antwort den Anforderungen an die Ermittlungs- und Bewertungspflicht des § 2 Abs. 3 BauGB genügt, ist eine Frage des Einzelfalls und einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
25 b) Auch mit der Frage,
ob bei der Darstellung von Abgrabungskonzentrationsflächen mit der Rechtswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB der privilegierten Nutzung in substanzieller Weise Raum verschafft wird, wenn auf den dargestellten Flächen überhaupt noch Abbaumaterial zur Verfügung steht, ohne dass es auf den Umfang der noch ausbeutbaren Restflächen und Restmengen überhaupt auch nur ankommen kann,
zeigt die Beschwerde rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf nicht auf.
26 Der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 18) hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass es auf die Größe der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Bauleitplans noch vorhandenen Gesteinspotentiale nicht ankommen könne, solange - wie hier - überhaupt noch Potentiale vorhanden seien. Die Antragsgegnerin habe eine große Gesamtabbaufläche dargestellt, nämlich nahezu den gesamten Nordhang des Wachenbergs einschließlich der nördlichen Hangsohle. Ausgenommen worden von der Darstellung der Abbaufläche sei nur Gesteinspotential im Bereich der Kammlinie und südlich davon. Somit sei mutmaßlich deutlich mehr als die Hälfte des kreisrunden Porphyrschlots in die Darstellung der Abbaufläche einbezogen worden. Auf der dargestellten Fläche habe seit über 100 Jahren Gesteinsabbau stattgefunden. Dass dieser Abbau die Potentiale zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung des Flächennutzungsplans schon weitgehend ausgeschöpft habe, könne nicht in Frage stellen, dass die Darstellung der Gesamtabbaufläche der privilegierten Nutzung in substanzieller Weise Raum verschafft habe.
27 Die Beschwerde meint, der Verwaltungsgerichtshof habe zu Unrecht angenommen, dass es für die Annahme eines Abwägungsfehlers unerheblich sei, wenn eine Konzentrationsfläche (mit der Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) dargestellt werde, in der kaum mehr Abbaupotential bestehe. Im Rahmen der Abwägung komme es nicht nur darauf an, dass irgendwelche abbaubaren Restmengen vorhanden seien, sondern auch darauf, dass durch die Darstellung von Konzentrationsflächen ausreichende Mengen des abzubauenden Bodenschatzes für eine ausreichende Versorgung der Region oder zumindest des Gemeindegebiets für einen mittelfristigen Zeitraum zur Verfügung gestellt würden.
28 Es bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um zu bestätigen, dass der Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichtshofs mit Bundesrecht im Einklang steht. Die Bewertung, ob eine Konzentrationsflächenplanung für die betreffende Nutzung in substanzieller Weise Raum schafft, obliegt grundsätzlich den Tatsachengerichten. Deren Kriterien sind revisionsgerichtlich hinzunehmen, wenn sie nicht von einem Rechtsirrtum infiziert sind, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder ansonsten für die Beurteilung des Sachverhalts schlechthin ungeeignet sind (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 - 4 BN 1.11 - BVerwGE 145, 231 Rn. 18 und Beschluss vom 22. Mai 2014 - 4 B 56.13 - ZfBR 2014, 583 Rn. 10). Das ist hier nicht der Fall. Der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 18) ist unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 4.02 - BVerwGE 118, 33 <37>) zutreffend davon ausgegangen, dass das Erfordernis, der privilegierten Nutzung "substanziell Raum zu schaffen", dem Ausschluss einer bloßen Verhinderungsplanung dient, die vorgeblich Konzentrationszonen schafft, deren (eigentlicher) Zweck aber ein weitreichender Ausschluss der privilegierten Nutzung ist. Dass er hierfür lediglich der Relation zwischen der dargestellten Fläche für den Gesteinsabbau und der Fläche, auf der sich überhaupt Gesteinsvorkommen findet, eine Indizwirkung beigemessen hat, nicht hingegen der Größe der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Bauleitplans auf diesen Flächen noch vorhandenen Gesteinspotentiale, ist nicht von einem Rechtsirrtum beeinflusst. Denn die weitgehende Ausschöpfung der vorhandenen Gesteinspotentiale ist nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs eine Konsequenz des bereits über 100 Jahre andauernden Gesteinsabbaus, hat nach Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs also mit der Regelungsabsicht des Plangebers - der Erhaltung des durch die Kammlinie des Wachenbergs geprägten Landschaftsbildes als Teil der Stadtsilhouette - nichts zu tun und deutet insbesondere nicht auf eine gezielte Verhinderungsplanung hin.
29 In der Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2014 - 4 B 56.13 - ZfBR 2014, 583 Rn. 6 f.) geklärt ist ferner, dass die für die Konzentrationszonen bestimmten Flächen nicht so beschaffen sein müssen, dass sie eine bestmögliche Ausnutzung gewährleisten, sondern dass es ausreicht, wenn an dem Standort die Voraussetzungen für eine dem Zweck angemessene Nutzung gegeben sind. Von Letzterem ist der Verwaltungsgerichtshof ersichtlich ausgegangen mit der Feststellung, dass im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bauleitplan noch Potentiale vorhanden gewesen seien. Der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte eines Grundstücks muss es grundsätzlich hinnehmen, dass ihm eine möglicherweise rentablere Nutzung planungsbedingt verwehrt wird (BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 4.02 - BVerwGE 118, 33 <44>). Soweit die Beschwerde schließlich meint, im Rahmen der Abwägung komme es auch darauf an, dass durch die Darstellung von Konzentrationsflächen für einen mittelfristigen Zeitraum ausreichende Mengen des abzubauenden Bodenschatzes für eine ausreichende Versorgung der Region oder zumindest des Gemeindegebiets zur Verfügung gestellt würden, beruft sie sich der Sache nach auf entsprechende Grundsätze der Raumordnung (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 Satz 4 ROG), die für die gemeindliche Bauleitplanung über das Anpassungsgebot (§ 1 Abs. 4 BauGB) Bedeutung erlangen. Dass die Flächennutzungsplan-Änderung insoweit Probleme aufwerfen könnte, hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht festgestellt.
30 c) Hilfsweise für den Fall der - oben unter 1.a) begründeten - Erfolglosigkeit ihrer auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zum FFH-rechtlichen Gebietsschutz bezogenen Verfahrensrügen greift die Beschwerde die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs auch mit einer Grundsatzrüge an. Für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig hält sie die Frage,
ob bei der Darstellung von Konzentrationszonen in einem Flächennutzungsplan mit der Rechtswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB die abschließende Prüfung, ob das Vorhaben bzw. Teile davon nach "§ 34 BauGB" (gemeint ist: § 34 BNatSchG) geeignet sind, das Natura 2000-Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, in ein nachfolgendes immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren verlagert werden kann, wenn bereits aufgrund einer Vorprüfung feststeht, dass Teile des durch die Konzentrationsfläche dargestellten Abbaugebiets nicht abgebaut werden können.
31 Auch diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung.
32 Wörtlich genommen würde sich die Frage in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Denn von der Prämisse, bereits aufgrund der durchgeführten Vorprüfung stehe fest, dass Teile des durch die Konzentrationsfläche dargestellten Abbaugebiets nicht abgebaut werden können, ist der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 14 ff.) nicht ausgegangen. Er hat vielmehr angenommen, dass eine abschließende Betrachtung der Beeinträchtigung von Erhaltungszielen der Natura 2000-Gebiete bei Anlagen, die - wie hier - einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürften, in aller Regel Probleme bereite. Die Beeinträchtigung der Erhaltungsziele hänge bei solchen Anlagen wesentlich von Art und Umfang ihrer spezifischen Immissionen ab, hier etwa davon, in welcher Entfernung zu den Fledermausstollen in welcher Häufigkeit mit welcher Stärke gesprengt werde. Die hierauf bezogenen Vorkehrungen zum Schutz der Fledermauspopulation könne der Flächennutzungsplan nicht "darstellen". Sie könnten und müssten ins immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren verlagert werden. Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs entscheidet sich die Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit FFH-rechtliche Hindernisse einem Abbau im Bereich um den Fledermausstollen entgegenstehen, mithin erst auf der Grundlage einer im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens durchzuführenden FFH-Verträglichkeitsprüfung.
33 Aber selbst wenn man zugunsten der Beschwerde unterstellt, dass sie die Frage, ob die abschließende FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs. 1 BNatSchG in ein nachfolgendes immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren verlagert werden kann, auch unabhängig von der von ihr formulierten einschränkenden Prämisse beantwortet wissen will, bliebe der Grundsatzrüge der Erfolg versagt. Die aufgeworfene Frage ist, soweit einer rechtsgrundsätzlichen Klärung zugänglich, nicht klärungsbedürftig.
34 Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 - 4 C 8.12 - BVerwGE 147, 379 Rn. 17 m.w.N.) verlangt das im Abwägungsgebot wurzelnde Gebot planerischer Konfliktbewältigung, dass jeder Bauleitplan grundsätzlich die von ihm selbst geschaffenen oder ihm sonst zurechenbaren Konflikte zu lösen hat, indem die von der Planung berührten Belange zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden. Die Planung darf nicht dazu führen, dass Konflikte, die durch sie hervorgerufen werden, letztlich ungelöst bleiben. Dies schließt eine Verlagerung von Problemlösungen aus dem Bauleitplanverfahren auf nachfolgendes Verwaltungshandeln nicht aus. Hierfür können auch die nach dem Konkretisierungsgrad der Planung verfügbaren Detailkenntnisse sowie die Leistungsgrenzen des jeweiligen planerischen Instruments sprechen (zu instrumentellen Leistungsgrenzen bei der Konfliktbewältigung allgemein BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2012 - 4 C 11.11 - BVerwGE 145, 290 Rn. 35; zu den Leistungsgrenzen planerischer Instrumente vgl. etwa Beschluss vom 7. September 1988 - 4 N 1.87 - BVerwGE 80, 184 <187>). Die Grenzen zulässiger Konfliktverlagerung auf die Ebene des Planvollzugs sind allerdings überschritten, wenn bereits im Planungsstadium absehbar ist, dass sich der offen gelassene Interessenkonflikt in einem nachfolgenden Verfahren nicht sachgerecht wird lösen lassen (BVerwG, Urteil vom 11. März 1988 - 4 C 56.84 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG Nr. 30 S. 4 ff. und Beschluss vom 14. Juli 1994 - 4 NB 25.94 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 75 S. 11). Im Übrigen richtet sich das erforderliche Maß der Konkretisierung der planerischen Festsetzungen danach, was nach den Umständen des Einzelfalls für die städtebauliche Ordnung erforderlich ist und dem Gebot gerechter Abwägung der konkret berührten privaten Interessen und öffentlichen Belange entspricht (BVerwG, Urteil vom 11. März 1988 - 4 C 56.84 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG Nr. 30 S. 4 ff.).
35 Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs (UA S. 17), dass entsprechend diesen rechtlichen Maßstäben auch eine nach § 34 Abs. 1 BNatSchG erforderliche FFH-Verträglichkeitsprüfung auf ein nachfolgendes immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren verlagert werden kann, findet in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinreichende Anhaltspunkte. Zwar ist die FFH-rechtliche Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs. 1 BNatSchG - anders als das im Abwägungsgebot wurzelnde Gebot planerischer Konfliktbewältigung - ein naturschutzrechtlich obligatorischer Verfahrensschritt (BVerwG, Urteil vom 10. April 2013 - 4 C 3.12 - BVerwGE 146, 176 Rn. 10 m.w.N.), wobei die betreffenden Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes gemäß § 1a Abs. 4 BauGB auch bei der Aufstellung von Bauleitplänen zwingend anzuwenden sind. Aber auch die naturschutzrechtlichen Prüfungsanforderungen sind sachnotwendig von den im Rahmen der Planung verfügbaren Detailkenntnissen abhängig und an die Leistungsgrenzen des jeweiligen planerischen Instruments bei der Festlegung gegebenenfalls erforderlicher Kohärenzsicherungsmaßnahmen gebunden. Das hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts jüngst (Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 55; zu den Grenzen zulässigen Konflikttransfers vgl. auch BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 50) bestätigt: Die Pflicht zur Prüfung der Verträglichkeit von möglicherweise ein Schutzgebiet beeinträchtigenden menschlichen Tätigkeiten hänge davon ab, dass diese Pflicht auch erfüllt werden könne; es müsse die Möglichkeit bestehen, die betreffenden Tätigkeiten etwa anhand von Planungen, Konzepten oder einer feststehenden Praxis auf ihre Vereinbarkeit mit den Erhaltungszielen des Schutzgebiets zu überprüfen. In die gleiche Richtung geht auch die Rechtsprechung des erkennenden 4. Senats (Urteil vom 19. Dezember 2013 - 4 C 14.12 - BVerwGE 149, 17 Rn. 34), wonach eine im Verfahren über die Planfeststellung eines Flughafens unterbliebene FFH-Verträglichkeitsprüfung im Verfahren über die Festlegung von Flugrouten erforderlichenfalls nachgeholt werden darf und muss. Im Einklang mit dieser Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof (UA S. 17) darauf abgehoben, dass der Schutz der Fledermäuse nur im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren bewerkstelligt werden könne, weil einerseits die Beeinträchtigung der Erhaltungsziele eines FFH- oder Vogelschutzgebiets bei einem immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Steinbruchbetrieb wesentlich von Art und Umfang der spezifischen Immissionen abhänge und andererseits der Flächennutzungsplan Vorkehrungen zum Schutz der Fledermauspopulation auch nicht darzustellen vermag.
36 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Petz
Dr. Decker