Energy Strategic Asset Management

Strategisch und wirtschaftlich

Mit EU-Fördermitteln realisierte die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt die Entwicklung eines energetischen Asset Management Systems: ESAM (Energy Strategic Asset Management) soll Immobilienunternehmen eine Ent­­scheidungsgrundlage liefern, um energieeffiziente Modernisierungen strategisch zu planen und wirtschaftlich durchzuführen.

Wohnungsunternehmen analysieren mit kritischem Blick die Energiewerte ihrer Immobilienbestände. So stellen sie immer häufiger fest, dass ältere, an sich gut vermietbare Bestände hohe Verbrauchsdaten aufweisen. Im Sinne der Konkurrenzfähigkeit, einer langfristigen Bestandssicherung und Werterhaltung sowie strengerer Klimaschutz-Vorgaben ist hier Handeln gefragt. Dabei muss sich die Wohnungswirtschaft mit konkurrierenden Faktoren auseinander setzen: Zum einen stellt sie Finanzierungsmittel für die laufende Instandhaltung bereit, aktualisiert somit Ausstattungsstandards und modernisiert die technische Infrastruktur. Zum an­­deren muss sie – ganz im Sinne eines zu­­kunftsorientierten, strategischen Asset-Managements – energetische Investitionen im Rahmen von Modernisierungen berücksichtigen.

Europäische Vielseitigkeit im sozialen Wohnungsbau
Nicht nur für deutsche Wohnungsunternehmen ist diese Aufgabe von beachtlicher Bedeutung: Die europäischen sozialen Wohnungsbauträger bewirtschaften insgesamt ca. 35 Mio. Mietwohnungen, in denen mehr als 120 Mio. Menschen leben. Hier besteht ein hohes Potenzial zur Energieeinsparung.
Dies hat auch die EU-Kommission erkannt und initiierte das Förderprogramm „Intelligente Energie Europa“ (IEE). Zwischen 2006 und 2008 förderte sie das Projekt ESAM (Energy Strategic Asset Management). Dessen Ziel ist die Integration energetischer Parameter in ein immobilienwirtschaftliches Asset Management. Denn: Bisher ist der soziale Wohnungsbau in den europäischen Ländern sehr unterschiedlich organisiert. Das Gros der Sozialwohnungsbetreiber bewirtschaftet seinen Bestand langfristig mit Methoden und Werkzeugen zur strategischen Anlagenverwaltung (SAM). Dabei werden sowohl finanzielle und ökonomische Kriterien als auch technische, soziale und marktrelevante Parameter berücksichtigt. Energetische Aspekte fehlten bisher jedoch weitgehend. Mit dem Vorsatz, dies zu ändern, engagierten sich erfolgreich 15 Unternehmen aus sechs europäischen Ländern mit vielseitigen Pilotprojekten. Für ESAM standen ihnen insgesamt 1,34 Mio. € zur Verfügung. Im Rahmen des EU-Projekts entwickelte sie sechs Module für das strategische Asset Management.
Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt mit ihrer Marke NH Projektstadt engagiert sich schon seit Jahren bei zahlreichen EU-Projekten. Sie analysierte für ESAM 2009 Wohnungen in den Frankfurter Stadtteilen Schwanheim, Goldstein und Niederrad aus eigenem Bestand. Die energetischen Informationen wurden auf der Grundlage eines vom IWU – Institut für Wohnen und Umwelt (Darmstadt) entwickelten „vereinfachten Verfahrens“ zur Erstellung eines bedarfsorientierten Energieausweises geliefert. Datenbasis waren hinterlegte Gebäudetypologien sowie unternehmensbezogene Daten.

Optimierte Investitionsentscheidungen dank passgenauer Verfahren
Basierend auf den Erfahrungen des EU-Pi­­lotprojektes entwickelte die NH ProjektStadt verschiedene praxisorientierte Ver­­fahren zur energetischen Optimierung von Wohnungsbeständen – angefangen von der Einzelimmobilie bis hin zur Quartiersent­wicklung. Ebenso kreierte sie ein internetbasiertes „Energy Awareness System“ zur Verbrauchskontrolle für Bewohner und Nutzer. Alle vier Verfahren sind eingetragene Marken.

Einfach und praktisch für kleinere Projekte
Die einfachste Variante ist „E pur“: Mit ihr können die einzelnen Immobilien auf jeweils optimale energetische Maßnahmen untersucht werden, wenn strategische Entscheidungen für die Modernisierung schon getroffen sind oder es sich um einen kleinen Bestand handelt.
Die energetische Komponente baut auf dem „vereinfachten Verfahren“ des IWU, Darmstadt auf. Grundsätzlich werden mindestens drei Varianten untersucht: Außen- und Vollmodernisierung sowie eine Modernisierung auf energetischem Niveau für Neubauten nach EnEV 2009.
Grundlage für die wirt­schaftliche Bewertung ist ein dynamisches Rechenmodell, das die eingesparte Energie und die zu erwartende Ertragssituation nach der Modernisierung kalkuliert. Dies umfasst den gesamten Lebenszyklus der Immobilie: Für die ersten zehn Jahre werden alle relevanten Einnahmen und Ausgaben prognostiziert und perspektivisch betrachtet. An­­schließend wird die endliche Rente bis zum Ende der Restnutzungsdauer kalkuliert. Ebenso können verschiedene Modelle der Nebenkostenabrechnung – von „klassisch“ über „warmmietenneutral“ bis hin zu Pauschalmodellen – untersucht, kalkuliert und in ihren Risiken bewertet werden.

Den gesamten Bestand im Blick
Energetische Modernisierungen können langfristig nur realisiert werden, wenn sie in einen unternehmerisch legitimierten, ökonomischen und sozialen Gesamtzusammenhang eingebettet sind. Unter dieser Prämisse erweiterte die NH ProjektStadt „E plus“ und kreierte „SAM plus E“ (Strategisches Asset Management plus Energetische Optimierung). Dieses Verfahren analysiert und vergleicht die verschiedenen Investitionen und ihre langfristige Wirtschaftlichkeit. Es bietet der Wohnungswirtschaft somit eine fundierte und klar an der Praxis orientierte Grundlage für unternehmerische Entscheidungen. Dabei wird der optimale Einsatz unternehmerischer Mittel angestrebt, um in großem Maßstab ein Maximum an CO₂-Einsparung pro eingesetztem € zu realisieren.
Die Kalkulationen des ESAM-Projekts belegen, dass die „Warmmietenneutralität“ einen deutlichen Schub für energetisch anspruchsvolle Mo­­dernisierungen – ohne Mehrkosten für die Mieter – ermöglicht. Dabei wird davon aus­gegangen, dass die zum Zeitpunkt der Moder­nisierung rechnerisch belegbare Heizkosteneinsparung dem Investor zur Refinanzierung zur Verfügung steht. Spätere Einsparungen – beispielsweise aufgrund steigender Energiepreise – kommen dem Mieter zugute. Im Vergleich zu nicht energetisch modernisierten Wohnungen wird die Warmmiete somit langfristig niedriger. Mit dem geltenden Mietrecht in Deutschland ist eine solche Vorgehensweise noch nicht möglich.

Nicht nur der Bestand zählt
Mit dem Verfahren „SAM plus E/Q“ geht die NH ProjektStadt noch einen Schritt weiter und integriert zusätzliche Analyseebenen. Dadurch wird integriertes, strategisches Handeln unterstützt, dass über die Optimierung von Bestands­inves­ti­tionen hinaus auch eine stimmige ökonomische und soziale Quartiersentwicklung bewirkt.
Grundlage von „SAM plus E/Q“ sind branchenübliche Portfolio-Management-Sys­teme. Die darauf aufbauenden, fachlichen Betrachtungsebenen (wohnungswirtschaftlich, städtebaulich, ökonomisch, sozialpolitisch, ökologisch, etc.) gleichen verschiedenen Layern, die im Zuge der Analyse übereinander gelegt werden. Die aus dem Bewertungsprozess resultierenden Entwicklungscluster führen zu unterschiedlichen Handlungsstrategien.

Unterstützung für den Endverbraucher
Eine umfassende energetische Optimierung von Wohnungsbeständen geht über die reine Portfolio-Optimierung hinaus. Ein internetbasiertes Informationssystem bezieht ergänzend auch die Bewohner und Nutzer ein: Das „Energy Awareness System“ analysiert das konkrete Nutzungsverhalten. Darauf aufbauend, werden den Mietern Hilfen angeboten, die es ihnen erleichtern, ihre Verbräuche ohne Komfortverlust zu minimieren.

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