Bezahlbares Wohnen ist zur Herausforderung geworden
Martin Dornieden, Vorsitzender des BFW Nordrhein-Westfalen, spricht Klartext. Diesmal geht es um die Novellierung des Baugesetzbuches.
Mehr bauen und schneller bauen ist in Nordrhein-Westfalen oberste Priorität. Und tatsächlich wurden in den letzten Jahren verschiedene Initiativen auf den Weg gebracht, die Kommunen konkret bei der Ausweisung von Bauland unterstützen. Die Digitalisierung der Genehmigungsverfahren ist im Prozess und wurde – coronabedingt – nochmals beschleunigt. Das neue Instrument der referenziellen Baugenehmigung ermöglicht beim seriellen Wohnungsbau innerhalb eines Quartiers die zigfache Reduzierung des behördlichen Aufwands auf eine einzige Baugenehmigung für viele gleiche Haustypen. Der Ansatz ist: mehr Bauland schaffen, Baurecht beschleunigen und kommunale Behörden entlasten.
Angesichts dieser positiven Lichtblicke in der deutschen Wohnungs- und Baupolitik ist es ernüchternd, wenn der Entwurf zur Novellierung des Baugesetzbuches sich in der Hauptsache auf die Regulierung vorhandener Baulandflächen konzentriert und zu allem
Überfluss sofort bebaubare
Flächen mit bestehendem Baurecht
erneut einer Bauleitplanung zuführen will. Hierdurch wird in Anbetracht überlanger Planungsverfahren kein Bauland mobilisiert und erst recht kein neues Bauland geschaffen. Das Verwalten von Mangelware hat schon bei der Mietpreisbremse nicht zum Erfolg geführt.
Bezahlbares Wohnen ist das Ziel gemeinsamer Bemühungen von Politik, Verwaltung und Immobilienwirtschaft beim Wohnungsbau. Im Rahmen kommunaler Baulandmodelle oder im Wege städtebaulicher Verträge übernimmt die bauende Immobilienwirtschaft hier seit Jahren Verantwortung und verpflichtet sich zum Bau öffentlich geförderter Wohnungen. Die Wirkung zeigt sich aber erst im Laufe der Jahre und muss weiterhin abgewartet werden. Viele Projekte kommen erst jetzt in den Bau. Hier werden wir nicht schneller, wenn nun auch in 34er-Gebieten öffentlich geförderter Wohnungsbau zur Pflicht gemacht werden kann.
Die Bezahlbarkeit des Wohnens kann aber nicht alleine durch die Errichtung öffentlich geförderter Wohnungen geschultert werden und sollte auch nicht die Aufgabe eines Wohnraumförderprogramms sein. Vielmehr braucht es eine nennenswerte Ausweitung des Angebots in stark nachgefragten Städten und – besser noch – eine massive Absenkung der Baukosten. Für letzteres braucht es politische Entschlossenheit. Die Baukosten in Deutschland sind zwischen 2004 und 2016 um 33 Prozent gestiegen. Bei den niederländischen Nachbarn sind es nur 6 Prozent. Bezahlbares Wohnen ist in Deutschland längst auch für mittlere Einkommensgruppen zur Herausforderung geworden.
Die Verkehrswende und der Klimaschutz stehen vor der Tür. Beides ist unabdingbar, wird Wohnen aber erneut verteuern – wenn der Gesetzgeber weitermacht wie bisher.
Es ist höchste Zeit, umzudenken und das deutsche Normungswesen und die vielzähligen Regulierungen auf den Prüfstand zu stellen.