Circular Economy statt Kreislaufkollaps
Der Immobiliendienstleister Drees & Sommer greift Themen auf, die die Branche bewegen.
Noch nie zuvor stand das Thema Circular Economy so hoch auf der politischen Agenda wie in diesen Tagen. Dafür sorgten unter anderem der im März 2020 beschlossene Green Deal der EU und die EU Taxonomy. Dort ist Circular Economy als wichtiger Baustein und Anforderung definiert und gilt als entscheidender Faktor in Sachen Klimaschutz und Ressourcenschonung.
Vor diesem Hintergrund steht vor allem die Bau- und Immobilienwirtschaft als größter Verbraucher der weltweiten Rohstoffe vor der Aufgabe, sämtliche Investitionen, Prozesse und Vorhaben hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit zu überdenken. Zwar werden heute im Zuge von Abbruch- oder Umbauarbeiten einige Baumaterialien recycelt, allerdings bei Weitem nicht genug, um zur Lösung der Rohstoff- und Umweltprobleme beizutragen.
Einen Ausweg aus dieser Sackgasse weist das Cradle to Cradle-Designprinzip, kurz C2C. Es bildet die Grundlage für die Circular Economy, also eine echte Kreislaufwirtschaft, und beschreibt die potenziell unendliche Zirkulation von Materialien und Nährstoffen in Kreisläufen. Nach Cradle to Cradle werden alle Produkte bereits im Design- und im Herstellungsprozess so gestaltet, dass alle Inhaltsstoffe chemisch unbedenklich, sortenrein trennbar und demontierbar sind.
Zum Beispiel kann ein nach C2C-Kriterien hergestellter Teppichboden vollständig in Einzelteile zerlegt und ohne Qualitätsverlust restlos recycelt werden. Übertragen auf die Bauindustrie bedeutet C2C, dass die in Gebäuden gebundenen Rohstoffe in Zukunft so verbaut werden, dass sie am Ende der Nutzungszeit wieder als Ausgangsstoff für neue, hochwertige Produkte dienen.
Moringa: Das erste Cradle to Cradle-Wohnhochhaus
Deutschlands
Bedenkt man, dass wir über 90 Prozent unserer Lebenszeit in Gebäuden verbringen – und einen Großteil davon in unseren Häusern und Wohnungen, ist es erstaunlich, wie wenig wir heute über die Materialien in Innenräumen wissen. Diese können zum Beispiel Schadstoffe enthalten, welche die Gesundheit und das Wohlbefinden maßgeblich beeinträchtigen. Wie wichtig gerade diese Aspekte sind, zeigt uns die aktuelle Corona-Krise mehr als deutlich. Die bauökologische Materialwahl im Sinne von Cradle to Cradle setzt genau hier an: Denn sie geht weit über die gesetzlichen Standards hinaus und sorgt für ein sicheres und gesundes Raumklima.
Ein C2C-Pilotprojekt im Wohnbaubereich wird aktuell von der Landmarken AG realisiert. Unter dem Namen „Moringa“ entsteht dabei in der Hamburger HafenCity das erste Cradle to Cradle-Wohngebäude Deutschlands und das gesündeste Hochhaus der Stadt. Mindestens 50 Prozent des Gebäudes sollen aus kreislauffähigen Materialien bestehen. Auch alle anderen Bauprodukte werden auf ihre Nachhaltigkeit und Wirkung auf die Gesundheit und die Umwelt geprüft und optimiert. Zudem sind am und auf dem Gebäude so viele Grünflächen vorgesehen, wie durch die Immobilie bebaut werden. Diese sorgen für eine saubere Luft und verwandeln das Gebäude in eine grüne Oase. Neben den ökologischen Faktoren stehen auch soziale Aspekte im Fokus des Projekts. Denn bei rund 30 Prozent der entstehenden Wohnungen handelt es sich um den geförderten Wohnungsbau. Damit bringt Moringa nachhaltiges Bauen und bezahlbares Wohnen in einzigartiger Weise zusammen.
Neben Moringa beweist eine Vielzahl weiterer umgesetzter und laufender Projekte wie der RAG-Neubau in Essen oder The Cradle in Düsseldorf, dass kreislauffähig zu bauen bereits heute möglich ist. Wer sich also mit Circular Economy und Cradle to Cradle noch nicht befasst hat, für den ist es die höchste Zeit, jetzt damit anzufangen.