Kreislauffähiges Bauen zahlt sich aus
Der Immobiliendienstleister Drees & Sommer greift Themen auf, die die Branche bewegen.
Nachhaltige Gebäude sind nicht nur energieeffizient – sie bestehen auch aus natürlichen und kreislauffähigen Materialien. „Cradle to Cradle“ lautet das Designprinzip, das dieses Ziel verfolgt. Für Investoren, Projektentwickler, Hersteller und Bauherren stellt es eine große Innovationschance dar. Denn es bietet neben der Klima- und Ressourcenschonung und der Erfüllung von EU-Anforderungen auch einen klaren betriebswirtschaftlichen Nutzen.
Die Bau- und Immobilienwirtschaft ist der größte Verbraucher der weltweiten Rohstoffe und verursacht immense Abfallmengen. Zwar werden heute im Zuge von Abbruch- oder Umbauarbeiten einige Baumaterialien recycelt, allerdings bei Weitem nicht genug, um zur Lösung der Rohstoff- und Umweltprobleme beizutragen. Einen Ausweg verspricht eine echte Kreislaufwirtschaft nach dem Cradle to Cradle-Designprinzip, kurz C2C. Denn sie fängt nicht beim Recyclingprozess und dem Abfall an, sondern beim richtigen Produktdesign.
Übertragen auf die Baubranche bedeutet das, dass man sich detailliert mit den verwendeten Baumaterialien und ihren Fügetechniken auseinandersetzen muss. Es sollten möglichst nur Bauprodukte zum Einsatz kommen, die keine umweltschädlichen Stoffe enthalten und am Nutzungsende entweder in den biologischen Verwertungskreislauf (Kompostierung) oder in den technischen Verwertungskreislauf (stoffliches Recycling) gehen. Natürlich müssen die Produkte zudem trennbar sein, damit der Rückbau in Zukunft einfacher wird.
Als hilfreiches Instrument kann hier ein sogenannter Materialausweis – vergleichbar mit dem Energieausweis im privaten Hausbau – eingesetzt werden. Er zeigt transparent auf, welche Stoffe wo verbaut sind und wie sie sich wieder recyceln lassen. Ebenso lässt er zu jedem Zeitpunkt belegen, welchen Wert die eingebauten Materialien haben. Bei Immobilien, die nach dem C2C-Prinzip geplant sind, ist es mit dem Materialausweis also möglich, den ökologischen Mehrwert eines Gebäudes auch betriebswirtschaftlich abzubilden. Das macht den Materialausweis wiederum zu einem wichtigen Wertfaktor beim späteren Verkauf, bei der Vermietung oder auch bei der Finanzierung der Immobilie.
Der ökologische Mehrwert des Cradle to Cradle-Ansatzes kann dabei sowohl im Ertragswertverfahren als auch im Discounted-Cash Flow-Verfahren als werterhöhender Faktor berücksichtigt und damit auch betriebswirtschaftlich sichtbar werden. Damit wird das Risiko von Wertverlusten auf die Immobilie reduziert beziehungsweise die Chance auf nachhaltigen Werterhalt oder sogar Wertsteigerungen erhöht. Für die Bilanzierung bedeutet das, dass das Risiko für außerplanmäßige Belastungen durch Abschreibungen oder Veräußerungsverluste sinkt und Ergebniskennziffern des Unternehmens stabiler und planbarer sind – sie werden also nicht unerwartet durch Einmaleffekte belastet. Und für die Finanzierung der Immobilie bedeutet ein höherer Ertragswert und daraus resultierend ein höherer Beleihungswert, dass ein höherer Finanzierungsbetrag möglich ist und dementsprechend weniger Eigenkapital aufgebracht werden muss oder dass ein geringerer Zinssatz für die Finanzierung verhandelbar ist.
Die Berechnungen von Drees & Sommer und TS Advisory haben ergeben, dass Cradle to Cradle eine Wertsteigerung von bis zu zehn Prozent in Relation zu konventionellen Gebäuden ermöglichen kann. Denn das für die Baustoffe gebundene Kapital geht nicht vollends verloren wie heute üblich, sondern wird ähnlich einer mittel- bis langfristigen Wertanlage wieder mit der Wiederverwertung freigegeben. Die Immobilie wird damit zum Rohstoffdepot, dessen Wert in Zeiten einer sich verschärfenden Rohstoffknappheit zudem noch kontinuierlich steigen könnte – und zwar überinflationär, so die Annahme. Cradle to Cradle hat also einen echten betriebswirtschaftlichen Mehrwert für alle am Bau Beteiligte.