Die Hoheit über die Daten behalten!
Die zunehmende Vernetzung verändert nicht nur das Alltagsverhalten des Einzelnen, die Kommunikation und die Medien, die Politik oder die Innovationskultur, sondern bietet viele unerwartete Chancen und Wertschöpfungspotenziale für die Immobilienwirtschaft und ihre Partner. Das BundesBauBlatt sprach mit Dr. Manfred Alflen, Vorstandsvorsitzender der Aareon AG, über die neue Ära der vernetzten Zusammenarbeit.
Herr Dr. Alflen, der Aareon Kongress 2018 stand unter dem Motto Next Level Networking. Was verstehen Sie darunter?
Dr. Alflen: Die Digitalisierung schreitet stetig voran. In den Anfängen haben wir bestehende Prozesse digitalisiert und damit die Effizienz von Prozessen gesteigert. Jetzt sind wir immer mehr dazu übergegangen, Prozesse und auch die Zusammenarbeitsmodelle in der Wohnungswirtschaft neu zu überdenken. Hinzu kommen neue Technologien wie die Künstliche Intelligenz. Hierdurch ergeben sich wieder neue Formen der Interaktion und Zusammenarbeit. So könnten zum Beispiel im Servicebereich Maschinen bestimmte Aufgaben von Menschen übernehmen.
Wir kennen den Einsatz von Robotern in der Industrie, jetzt werden sie auch mehr und mehr im Service- und Dienstleistungsbereich genutzt. Wir werden meiner Meinung nach von einem Netz, das im Wesentlichen auf die handelnden Menschen begrenzt war, in ein Netz kommen, bei dem die technischen Komponenten eine immer größere Rolle spielen. Das wollen wir auch für die Immobilien nutzbar machen – natürlich mit Augenmaß und mit Blick auf den Nutzen für die Kunden/Mieter.
Was verstehen Sie unter „mit Augenmaß“?
Dr. Alflen: Dies umfasst mehrere Aspekte. Dazu zählt zum Bespiel die klare Regeldefinition, was mit diesen Daten gemacht werden darf. Dann geht es darum, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und die Technik so einzustellen, dass sie dem Menschen nutzt. Die Herausforderung besteht darin, dass die Technik die Freiheit nicht einschränkt und dass auch keine Monopole entstehen.
Vor diesem Hintergrund finde ich die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) durchaus spannend. Natürlich wird es noch darauf ankommen, wie sie in der EU konkret umgesetzt wird. Unabhängig davon und egal, was für eine digitale Lösung ich baue, ich muss immer den privaten Aspekt der Daten berücksichtigen. Das sind aus meiner Sicht ganz starke Regeln.
Welche Auswirkungen hat der Next Level Networking auf die Wohnungswirtschaft?
Dr. Alflen: Die Unternehmen können allein dadurch profitieren, indem sie sich mit dem Thema auseinandersetzen und das, was als digitale Roadmap immer wieder gezeigt wurde, klar definieren. Damit meine ich Fragen, wie: Wo wollen wir hin? Was bedeutet das an Veränderungsprozessen? Welche Auswirkungen hat dies auf unsere eigene Vernetzung? Es geht darum, zunächst einen ersten Schritt zu definieren, ihn umsetzen und dann weiter zu schauen. Damit meine ich zum Beispiel, dass ein Unternehmen beschließt, wir wollen das Servicespektrum weiter ausbauen oder wir möchten uns gegenüber anderen Unternehmen differenzieren und das Thema Kundenzufriedenheit adressieren.
Steht der erste Schritt fest, muss man schauen, welche Tools sich dafür eignen, diesen Next Level Networking umzusetzen. Die Entwicklung hängt immer davon ab, welche strategische und digitale Agenda das Unternehmen verfolgt, um dann zu sagen, mit dem Strang fangen wir erst einmal an. Das Schöne am Next Level Networking ist, dass die hohe Vernetzung viele neue Formate der Zusammenarbeit möglich macht. Im Zuge der Umsetzung der jeweiligen digitalen Roadmap muss das Unternehmen darauf achten, dass es die Hoheit über seine Daten und somit über bestimmte Themen behält.
Wie können Unternehmen das sicher stellen?
Dr. Alflen: Als Beispiel dafür möchte ich die Digitalisierung im Bereich Heizung nennen. Es ist heute gang und gäbe, die Geräte digital zu vernetzen und zu steuern. Mit den Daten wissen die Anbieter viel über das Haus. Die Frage für mich lautet: Wissen das nur die Anbieter oder kennt auch das Wohnungsunternehmen die Daten? Und: Wenn das Wohnungsunternehmen sie kennt, kann es dann auch entsprechende energetische Maßnahmen ableiten? Ein Beispiel ist die Onlinewartung. Wurde ein Vertrag abgeschlossen, bei dem die Daten nur in die Cloud des Wartungsunternehmens fließen, hat das Wohnungsunternehmen häufig keine Möglichkeit, sie zu nutzen.
Das gleiche trifft bei anderen Bereichen wie beispielsweise bei Aufzügen zu. Man kann davon ausgehen, dass die Dienstleister Daten erfassen und in der Cloud lagern. Das ist im Sinn der Servicequalität durchaus sinnvoll. Die Wohnungsunternehmen können diese Daten aber eben auch sinnvoll nutzen. Dazu müssen sie den Willen und die Kompetenz haben.
Was für Kompetenz braucht es dazu?
Dr. Alflen: Es braucht zum einen Offenheit für die Themen, zum anderen braucht es digitale Kompetenz. Letzteres ist gerade für kleinere Unternehmen eher eine Herausforderung. Wir sehen das vielfach bei Unternehmen mit circa 1000 bis 2000 Wohneinheiten, die häufig gar keine eigenständige IT-Abteilung haben. Hier kann die Wohnungswirtschaft jedoch – wie in der Vergangenheit – vieles gemeinsam machen. So kann sie zum Beispiel von den Verbänden Unterstützung erhalten oder Verbünde eingehen und dann gemeinsam das Thema angehen und Lösungen finden.
Herr Dr. Alflen, vielen Dank für das Gespräch.