Facility Management
im Lebens- und Nutzungszyklus
Die Nutzbarkeit eines Gebäudes folgt nicht nur technischen Anforderungen, sondern auch wechselnden Nutzeranforderungen und Marktbedingungen.
Facility Management beruht darauf, dass ein bestehendes Gebäude mit langfristiger Perspektive rationell bewirtschaftet wird. Dazu gehört die Lebenszyklusbetrachtung, die schon bei der Konzeption der ganzen Architektur und Ausrüstung des Gebäudes die Nutzungskosten in den Blick nimmt. Das wird zwar seit Jahrzehnten im Interesse von mehr Nachhaltigkeit postuliert, aber immer noch selten umgesetzt. Es ist angebracht, gelegentlich die Umstände zu diskutieren, die ein durchgängiges Facility Management auf der Basis einer Nutzungskosten-Analyse und –Steuerung erschweren oder sogar verhindern können.
Eine wesentliche Frage ist: Wie lange hat eine Lebenszyklus- und Baunutzungskosten-Prognose Bestand? Die Nutzbarkeit eines Gebäudes folgt nicht nur technischen Anforderungen, sondern auch wechselnden Nutzeranforderungen und Marktbedingungen, Trends in der Nachfrage, nicht zuletzt auch dem Preis-Leistungs-Verhältnis. Wir haben deshalb ergänzend den Nutzungszyklus ins Spiel gebracht. Er gilt, solange die geplante Baunutzung nach Art und Umfang gleich bleibt, also die Bedarfsplanung im Sinne der DIN 18960, Nutzungskosten im Hochbau, nicht revidiert werden muss.
„In Zukunft bleibt alles anders“[1]
Wenn sich Bedarf und Nachfrage wesentlich ändern, sich andere Qualitätsmaßstäbe durchsetzen oder leistungsfähigere baulich-technische Lösungen (Konstruktionen, Systeme und Produkte) zum Standard werden, können langfristige Betrachtungen schnell obsolet werden. Dementsprechend bleibt es eine Gratwanderung, zwischen aktuell notwendigen und zukünftig geforderten Qualitäten abzuwägen. In welchen Fällen sollte man besser „auf Sicht“ zielgenau für den derzeitigen Bedarf planen? Und in welchen Fällen lohnt es sich, zugunsten einer erwarteten langfristigen Wirtschaftlichkeit gleich mehr Geld auszugeben – zum Beispiel Platz und Konstruktionen für einen später einbaubaren Aufzug vorzusehen oder für die spätere Verbindung oder Trennung von Räumen vorzusorgen oder um vorbildliche Energieeffizienz sicherzustellen?
Die Baugeschichte – allein der Nachkriegszeit – lehrt, dass man sich in Bezug auf die zukünftigen Entwicklungen – Bedarfe, Bewertungsmaßstäbe und technische Lösungen – nicht zu sicher fühlen sollte. Angesichts des schnellen Wandels sind auch die Nachhaltigkeit versprechenden komplexen Zertifizierungen von Gebäuden oder gar Stadtquartieren zu hinterfragen. Beschreiben sie die Nutzeranforderungen und ihre Bewertungen zutreffend? Ist ihre konstruierte Objektivität für die Märkte relevant? Dass Kriterien und Standards nicht über die Generationen oder auch international übertragen werden können, wurde zum Beispiel wieder für Büronutzungen im Workspace Future Research Forschungsprogramm von Steelcase nachgewiesen[2]: 23-Jährige arbeiten anders als 53-Jährige und Deutsche anders als Briten. Zusätzlich zu den alltäglichen Nuancen zwischen den verschiedenen Kulturen wurden auch ganz unterschiedliche Wahrnehmungen und Beurteilungen der Mega-Trends zwischen den verschiedenen Kulturen festgestellt.↓
Hoher Anpassungsbedarf bei Wohnungen
Für die Wohnungspolitik ist im Hinblick auf den demografischen Wandel und die Klimaziele die Modernisierung von Ein- und Zweifamilienhäusern ein Schlüsselthema. Fast die Hälfte der Haushalte in Deutschland – und rund 80 % der Eigentümerhaushalte – wohnt in diesem Haustyp. In mehr als 60 % der von Eigentümern bewohnten Ein- und Zweifamilienhäuser wohnen Menschen im Alter von 50 plus, obwohl diese Wohnform nicht als optimal für das Alter gilt. Die meisten wollen auch nicht umziehen.
Investitionsentscheidungen werden durch Nutzungszyklen ausgelöst und geprägt. Das hat unser Forschungsprojekt über die sich im Laufe des Lebens verändernden Anforderungen der Besitzer und die damit verbundenen Anpassungen der Ein- und Zweifamilienhäuser gezeigt[3]. Die gründlichsten Umbauten werden meistens direkt nach dem Erwerb realisiert. Die neuen Eigentümer bringen andere Erwartungen und neue Qualitätsmaßstäbe mit und ihre Bereitschaft ist groß, sich mit allem Neuen auseinander zu setzen. Die Gelegenheit ist günstig, denn das Haus steht leer. Der Besitzerwechsel ist ein vergleichsweise seltenes Ereignis im Lebenszyklus eines Hauses, aber ein ganz entscheidender Moment, auf den die Konzepte und Instrumente der Wohnungspolitik (Steuern, Förderung, Beratung) noch zu wenig ausgerichtet sind. Bei den Einfamilienhäusern sind überwiegend jüngere Haushalte die Erwerber. Zwei Drittel haben ihr Haus vor dem 40. Geburtstag bezogen. Das Budget ist in der Phase der Eigentumsbildung meist eng. Das begrenzt die Bereitschaft, zusätzlich Geld für erst längerfristig rentable Maßnahmen wie Dämmung und Heizungsanlage oder erst später auftretenden Bedarf auszugeben.
Zwar wird das Angebot an in diesen Aspekten nachhaltiger konzipierter Häusern wachsen. Immerhin 10-15 % der Käufer und Mieter von Ein- und Zweifamilienhäusern sind bei Einzug im Alter von 50 plus, haben im Schnitt mehr Geld zur Verfügung und machen sich auch etwas mehr über die Eignung des Hauses für das fortgeschrittene Alter Gedanken. Gleichwohl wird die Wohnungsanpassung für mehr Barrierefreiheit eine Daueraufgabe bleiben. Das KfW-Förderprogramm „Altersgerecht umbauen“ und zum Beispiel die 20 Modellvorhaben im Auftrag des BMVBS sind als wichtige Impulsgeber zu sehen.[4]
Modernisierungszwecke zusammen sehen – Mehrfachnutzen schaffen
Eher gezwungenermaßen und meist nur punktuell werden während einer laufenden Nutzungsphase bauliche Anpassungen und größere Investitionen realisiert, veranlasst zum Beispiel durch Veränderungen des Haushaltes, der Gesundheit oder den Ersatz- und Modernisierungsbedarf bei der Haustechnik. Auch wegen der Belastungen und Risiken, die Baumaßnahmen zu managen, ist die Änderungsbereitschaft vergleichsweise gering. Das ist auch ein wesentlicher Grund für den großen Modernisierungsrückstand und das zu geringe Tempo bei der Verbesserung der Energieeffizienz.
Mehr Nutzen entsteht, wenn die unvermeidlichen bautechnischen Erneuerungen mit Änderungen aufgrund von Nutzerbedürfnissen koordiniert durchgeführt werden und Teil einer auf längere Sicht im Sinne der Lebenszyklus-Betrachtung erstellten Planung sind.[5] So ist es auch möglich, das Wohnen weniger oft und weniger lang zu stören. Gleichwohl – die privaten Eigentümer möchten meist die Komplexität gering halten und bevorzugen kleine Maßnahmen. Um eine solche Akteurslogik mit nachhaltigeren Strategien eher in Einklang zu bringen, ist vor allem Planungskompetenz gefragt, die eine Schritt-für-Schritt-Strategie in ein ganzheitliches, nötigenfalls auch revidierbares Konzept einbettet. Information und Beratung zu den verschiedenen Zielen und Aufgaben der Modernisierung sollten noch ausgeprägter in diesem Sinne und enger vernetzt angeboten werden.[6]
Kleine Schritte mit Konzept
Auch in professionell bewirtschafteten Mietwohnungsbeständen sind die Zyklen in der Nutzung – von der Vermietung bis zum Auszug von Mietern – ausschlaggebend für Kontinuität oder Neukonzeption. Die Praxis zeigen die bayerischen Wohnmodelle „Lebendige Wohnquartiere für Jung und Alt“ exemplarisch.[7] Sinkende Nachfrage nach Wohnungen in diesen Quartieren führte nach über 50 Jahren weitgehend unveränderter Nutzung zu einer erhöhten Fluktuation der Mieterhaushalte und in der Folge zu einer einseitigen Bewohnerstruktur. Nach einer langen Phase auch im Interesse der hohen Nachfrage nach sehr preisgünstigen Wohnungen aufs Notwendigste reduzierter Investitionen drohten die Mieterzufriedenheit zu kippen und Wertverluste einzusetzen.
Die Aufwertungen werden mit zwei verschiedenen Ansätzen, aber schrittweise durchgeführt. Beide hängen mit den sehr begrenzten Spielräumen für Mieterhöhungen zusammen. In Neu-Ulm in der Elefantensiedlung wurde zum Beispiel eine große Zahl von Wohnungen mit vereinfachten Maßnahmen modernisiert, die ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis versprachen. Die Standarderhöhungen waren sowohl im energetischen Bereich (keine umfassende Wärmedämmung) wie bei der Verbesserung des Wohnkomforts (z.B. keine Balkone) begrenzt; weitere Maßnahmen wurden für die Zukunft offen gehalten. In anderen Modellversuchen wurden dagegen umfassende Qualitätsverbesserungen geplant (energetische Sanierung, Grundrissänderungen, Wohnumfeldverbesserungen, ergänzender Neubau). Wegen der hohen Kosten und der Notwendigkeit, sie quer zu subventionieren, wird dies aber in Bauabschnitten sukzessive realisiert und die Zahl der Nutznießer ist zunächst begrenzt. Beide Ansätze waren bei der Vermietung er folgreich und es ist noch offen, welcher sich in Zukunft als nachhaltiger erweisen wird.
Anpassungsfähigkeit und Bezahlbarkeit
Häuser und Wohnungen, die einen großen Teil Anpassung zulassen, leisten einen entscheidenden Beitrag dazu, dass der Wohnort und die Wohnung für die Menschen ihre Rolle als ruhender Pol in einer zunehmend mobilen und wechselhaften Lebensgestaltung behalten können. In der Diskussion um Nachhaltigkeit ist Anpassungsfähigkeit ein Schlüsselbegriff [8]. Betrachtet man aber die wesentlichen Hemmnisse für Anpassungen, besonders in dem großen Marktsegment preisgünstiger Wohnungen und im kosten- und flächensparenden Bauen, so wird deutlich, in welch großem Maße das eine Frage des Standards ist, den man sich leisten konnte und kann. Oft fehlt es schon an Wohnfläche und die Räume sind zu klein für wechselnde Möblierungen, vielseitige Nutzungen und Barrierefreiheit. Eine stabile Nachfrage beruht wesentlich darauf, dass die Preise marktgerecht sind; ein wachsender Teil der Haushalte in Deutschland hat heute und in Zukunft eher weniger Geld zur Verfügung. Nachhaltige Lösungen gelingen nur, solange die Ausgaben wirtschaftlich bleiben und die Verschuldung – auch unter ungünstigen Marktentwicklungen – tragbar ist. Lebenszyklus-Betrachtungen und Facility Management Konzepte offen zu halten für künftige Veränderungen ist ein Beitrag zur Nachhaltigkeit, vor allem wenn auch in der Gebäudeplanung das Mögliche an Flexibilität und Reversibilität angelegt ist.
Angesichts des schnellen Wandels sind auch die Nachhaltigkeit versprechenden komplexen Zertifizierungen von Gebäuden oder gar Stadtquartieren zu hinterfragen.
Die Nutzbarkeit eines Gebäudes folgt nicht nur technischen Anforderungen, sondern auch wechselnden Nutzeranforderungen und Marktbedingungen.