Fassadendämmung: Sicherheit geht vor
Die primäre Aufgabe eines Wärmedämm-Verbundsystems ist es, Energieverluste über die Fassadenfläche zu reduzieren und damit aktiv zum Klimaschutz beizutragen. Daneben ist aber auch der Brandschutz von besonderer Bedeutung, geht es doch im Ernstfall um die Sicherheit von Bewohnern und Rettungskräften.
Beginnend mit der Auswahl, Planung und Ausführung eines Wärmedämm-Verbundsystems ist beim Brandschutz verschiedenes zu berücksichtigen.
In Deutschland werden WDV-Systeme hinsichtlich des Brandverhaltens zwischen nicht brennbar, schwerentflammbar und normalentflammbar unterschieden. Ein klassischer Dämmstoff für nicht brennbare Systeme ist beispielsweise Mineralwolle. Schwerentflammbare Dämmsysteme können zum Beispiel aus expandiertem Polystyrol (EPS) oder Phenolhartschaum (PF) und normalentflammbare Systeme mit Dämmplatten z. B. aus Holzweichfaser erstellt sein.
In Abhängigkeit der Gebäudeart bzw. Gebäudeklasse bestehen klare Anforderungen an Wärmedämm-Verbundsysteme hinsichtlich ihres Brandverhaltens. Vorgaben hierzu finden sich in den einzelnen Landesbauordnungen, spezifischen Gebäudeverordnungen oder -richtlinien. Geregelt ist das Brandverhalten eines Dämmsystems in Deutschland beispielsweise über eine allgemein bauaufsichtliche Zulassung/allgemeine Bauartgenehmigung.
Eine besondere Regelung gilt es seit dem Jahr 2016 beim Einsatz von WDVS mit Dämmplatten aus expandiertem Polystyrol (EPS) zu beachten. Seither wird bei diesem Anwendungsbereich innerhalb der Fassade zwischen der Schutzzone Sockel und der Schutzzone Raumbrand differenziert; innerhalb dieser Regelung beinhaltet die Schutzzone Sockel die Schutzzone Raumbrand. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde bei den bestehenden Brandschutzregelungen für WDVS nur die sogenannte Schutzzone „Raumbrand“ berücksichtigt. Bei diesem Brandszenario geht man davon aus, dass der Brand im Innern des Gebäudes entsteht und über Fassadenöffnungen, wie zum Beispiel Fenster nach außen tritt.
Brandeinwirkung von außen
Als Ergänzung zum Raumbrandszenario ist seit 2016 auch die Brandeinwirkung von außen, d. h. die sogenannte Schutzzone „Sockel“, zu beachten. Eine mögliche Ursachen für eine Brandentstehung von außen kann z. B. Vandalismus, Fahrlässigkeit, Fahrzeugbrand oder gezielte Brandstiftung sein. Um dieser potentiellen Brandbeanspruchung entgegenzuwirken müssen, bei Forderung der Baustoffklasse B1 (schwerentflammbar), zusätzliche konstruktive Brandschutzmaßnahmen vorgesehen werden. Für die Schutzzone „Sockel“ sind diese Maßnahmen immer, d.h. unabhängig der Dämmstoffdicke, auszuführen.
Im Bereich der Schutzzone „Sockel“ sind drei Brandriegel nach dem folgenden Schema anzuordnen (Abbildung 2):
1. Brandriegel an der Unterkante des WDV-Systems bzw. mit einem Abstand von maximal 90 cm über Geländeoberkante oder zu genutzten angrenzenden horizontalen Gebäudeteilen wie z.B. Parkdächer.
2. Brandriegel in Höhe der ersten Geschossdecke über Geländeoberkante bzw. zu angrenzenden horizontalen Gebäudeteilen; Der Abstand zum 1. Brandriegel darf ein Maß von 3 Metern nicht überschreiten; andernfalls sind zusätzliche Brandriegel einzubauen.
3. Brandriegel in Hohe der dritten Geschossdecke über Geländeoberkante bzw. zu angrenzenden horizontalen Gebäudeteilen. Zum 2. Brandriegel ist ein Achsabstand von 8 m einzuhalten. Bei größeren Abständen sind weitere Brandriegel vorzusehen.
In Abhängigkeit von der Gebäudehöhe ist in der Schutzzone „Raumbrand“ bei einer Dämmplattendicke von über 100 mm in mindestens jedem zweiten Geschoss ein umlaufender Brandriegel vorzusehen (Abbildung 1). Als Alternative zu den umlaufenden Brandriegeln sind in der Schutzzone „Raumbrand“ auch Einzelmaßnahmen an jeder Außenwandöffnung in Form von Sturzschutz/dreiseitige Umschließung möglich.
Grenzt ein WDV-System mit EPS-Dämmstoff am oberen Abschluss an brennbare Bauprodukte, z.B. bei brennbaren Dachkonstruktionen an, muss ein weiterer Brandriegel (Abschlussriegel) angebracht werden. Die Oberkante des Abschlussriegels darf hierbei max. 1,0 m von dem angrenzenden oberen Abschluss entfernt sein.
An die Beschaffenheit eines Brandriegels bestehen klare Anforderungen. Brandriegel müssen z.B. nichtbrennbar, Baustoffklasse A1 oder A2 nach DIN 4102-1 bzw. Klasse A1 oder A2-s1, d0 nach DIN EN 13501-1 sein. Für gewöhnlich kommen geeigneten Mineralwolle-Lamellen oder Mineralwolle-Dämmplatten in einer Höhe von 200 mm zum Einsatz, welche vollflächig und mit mineralischem Klebemörtel zu verkleben sind. Zur Sicherung im Brandfall werden die Brandriegel mit einem zugelassenen Dübel zusätzlich verdübelt. Das Spreizelement des Dübels muss zwingend aus Stahl bestehen.
Weitere besondere Brandschutzregelungen für WDVS bestehen z.B. im Zusammenhang mit Brandwänden, im Bereich von Flucht- und Rettungswegen, bei Hanglagen, mit keramischen Oberflächen.
Keine konstruktiven Brandschutzmaßnahmen sind generell bei Wärmedämm-Verbundsystemen mit Holzweichfaserdämmplatten erforderlich, da diese Systeme der Baustoffklasse B2 (normalentflammbar) angehören. Dies gilt auch für Dämmsysteme mit EPS-Dämmplatten sofern lediglich die Anforderung an Baustoffklasse B2 besteht und eine Verbesserung auf B1 nicht gewünscht ist. In Fachkreisen hat sich hingegen die Empfehlung etabliert, WDVS mit EPS-Dämmplatten grundsätzlich in B1 auszuführen.
Das baurechtliche Brandschutzziel an der Gebäudeaußenwand besteht darin, eine schnelle Brandausbreitung über mehr als ein, maximal zwei Geschosse oberhalb bzw. unterhalb der Brandausbruchstelle bis zum Löschangriff der Feuerwehr zu verhindern. Rettungskräfte dürfen nicht durch herabfallende Fassadenteile gefährdet werden.
Aus gutem Grund werden daher an bauaufsichtlich zugelassenen WDV-Systemen in Deutschland hohe Anforderung an den Brandschutz gestellt. Neben dem Klimaschutz darf das höchste Gut des Menschen, die Gesundheit und Sicherheit, nie außer Acht gelassen werden.
Aus gutem Grund werden an bauaufsichtlich zugelassenen WDV-Systemen in Deutschland hohe Anforderung an den Brandschutz gestellt.
Weitere Informationen
Kompendium „WDVS und Brandschutz“, 2018, 4. Ausgabe, Verband für Dämmsysteme,
Putz und Mörtel e.V.