Wohnungsbau

Flache Dachneigung im Wohnungsbau

Geneigte Dächer entfalten mit ihren kleinteiligen Bedachungsmaterialien eine andere städtebauliche Wirkung als flache Dächer. Neue Techniken ermöglichen Dächer mit einer Neigung ab 7 °.

Auch wenn das geneigte Dach in der Architektur unmodern geworden und nicht mehr den städtebaulichen und gestalterischen Leitbildern zu entsprechen scheint, so bestätigen auch Kritiker die unbestreitbaren Vorteile des geneigten Daches. Unisono werden die funktionalen Vorteile wie schnelle und sichere Ableitung des Regenwassers, lange Lebensdauer der Materialien und Wartungsfreundlichkeit hervorgehoben. Und neben den klassischen, baukonstruktiven Vorteilen und der emotionalen Akzeptanz bei seinen Bewohnern und Nutzern sind es gerade die neuen Funktionen der Energie- und Wärmegewinnung durch photovoltaische und solarthermische Anlagen, die die positiven Eigenschaften des geneigten Daches nutzen. Auch zeigen sich zunehmend Perspektiven für die moderne Architektur, die den planerischen Umgang mit dem geneigten Dach zu einer funktionalen und damit Architektur-prägenden Gestaltungsaufgabe gerade für die Wohnungswirtschaft macht.

Baustofftrends

Die Baustoffe für das geneigte Dach verändern sich und neue Techniken ermöglichen neue Bauformen. So ist es nun mit besonderen Dachsystemen möglich, Dächer mit einer Dachneigung ab 7 ° zu erstellen, die über ihre Dachgestaltung optische Wirkung entfalten können und sich so auch in die Umgebung einbinden lassen.

Bislang war es nicht möglich, besonders flachgeneigte Dächer mit einer Pfannendeckung zu planen und herzustellen. Traditionell ist für jedes Dachdeckungsmaterial eine Regeldachneigung formuliert, die mit bestimmten Zusatzmaßnahmen auch unterschritten werden kann. Dabei spielen auch das Regelwerk des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) eine bedeutende Rolle. Als anerkannte Regel der Technik gehen hier weit reichende Erfahrungen mit Bauprodukten und Bausystemen ein. Es liegt auf der Hand, dass ein Regelwerk, das nicht produktspezifisch formuliert und in vielen Punkten verallgemeinert wurde, nicht den aktuellen Stand der Technik repräsentiert. Dieser kann beispielsweise nur in einer Herstellerverarbeitungsvorschrift beschrieben werden. Die Aufgabe der Fachregeln ist es, für den allgemeinen, normalen Anwendungsfall die einwandfreie technische Ausführung zu gewährleisten und dem Verarbeiter so auch einen gewissen Standard für seine geschuldete Leistung zu geben. Auch für den Bauherrn oder Planer ist das Regelwerk wichtig, da so die vom Auftragnehmer, also die vom Dachhandwerker zu leistende Arbeit beschrieben wird. Allerdings sieht das Regelwerk auch eine Weiterentwicklung vor und kann sich so Innovationen und Veränderungen öffnen, damit der aktuelle Stand der Technik im Regelwerk repräsentiert wird.

Bedeutung erhalten die Fachregeln auch dann, wenn von ihnen abgewichen wird, denn eine Dachdeckung im Neigungsbereich von 7–10 °, also unterhalb einer Mindestdachneigung, stellt grundsätzlich erst einmal eine Abweichung vom allgemein anerkannten Stand der Technik dar. Die verantwortlichen Planer und Ausführende haben zu belegen, dass diese Abweichung von der Regel der Technik gerechtfertigt und die ausgeführte Lösung mindestens gleichwertig einer regelkonformen Lösung ist. Hier bekommen dann die Herstellerverarbeitungsvorschriften bzw. Verlegeanleitungen für bestimmte Systeme einen neuen Stellenwert. Wird ein Dach nach diesen Herstellerverarbeitungsvorschriften ausgeführt, gehen auch die entsprechenden Ansprüche an den Hersteller über. Um der Gefahr eines Mangels mit entsprechenden rechtlichen Folgen vorzubeugen, sollten die Abweichungen vom allgemein anerkannten Stand der Technik ausdrücklich mit dem Bauherrn vereinbart sein.

Mit System Regeln unterschreiten

Als ein besonderes System hat sich das 7 GRAD-Dach bei flachen Dachneigungen von 7–12 ° gezeigt. Hier werden Dachsteine eingesetzt und die unterste Dachneigungsgrenze nach dem Regelwerk von 10 ° unterschritten. Auch wenn von den allgemein anerkannten Regeln der Technik abgewichen wird, so hat sich das System als Lösung mindestens gleichwertig herausgestellt. Das komplette Dach-System für den Bereich zwischen 7 ° und 12 ° Dachneigung ist mit wasserundurchlässiger, dabei aber dampfdiffusionsoffener Unterkonstruktion ausgestattet und bietet so gute Voraussetzungen für eine dauerhaft trockene Dachkonstruktion.

Grundlage für die Funktionssicherheit des Braas 7 GRAD Daches als Dach-System ist, dass die spezielle Dachdeckung eingesetzt wird, die mit der bekannten Langzeitgarantie ausgestattet ist, sowie die verpflichtend einzusetzende Unterkonstruktion, die den umfangreichen Systemprüfungen des Herstellers entspricht. Um die Gleichwertigkeit für größtmögliche Sicherheit zu belegen, wurde das System z.B. unter Extrembedingungen im unternehmenseigenen Windkanal getestet, an vielen Musterobjekten in der Praxis überprüft und die Funktionsfähigkeit mit einem umfassenden gutachterlichen Stellungnahme der TU Berlin bestätigt.

Für alle Beteiligten ist wichtig zu wissen, dass die Systemkomponenten nicht verändert werden dürfen. Für die Verlegung der Fläche sowie für alle Detailbereiche gelten die besonderen Vorschriften der Verlegeanleitung.

Zum kompletten Braas 7 GRAD Dach gehören verpflichtende Bestandteile:

– Einsatz einer Harzer Pfanne F+ mit Regensperre

– Unterkonstruktion auf druckfester Unterlage z.B. einer Schalung mit der Unterdeckbahn Divoroll Top RU

– Einsatz abgestimmter Kleb- und Dichtstoffe (Divoroll Dichtmasse sowie dem Divoroll Anschlusskleber) für die hoch dampfdiffusionsoffene Bahn mit Doppelklebezone

– Weitere Systembestandteile (für z.B. Wand- oder Kaminanschlüsse, Durchdringungen, Befestigung von Solaranlagen) können je nach Anforderung gefordert sein.

System praxiserprobt

Bei der Harzer Pfanne F+ handelt es sich um eine speziell konstruierte Dachpfanne, die im Überdeckungsbereich mit einer integrierten Regensperre ausgerüstet ist, die auch bei geringen Dachneigungen sowie unter widrigen Wetterbedingungen eine funktionssichere Abdeckung des Systems bietet. Als Zusatzmaßnahme im System mit wasserundurchlässiger Wirkung fungiert die verklebte Unterdeckbahn, die der Klasse UDB-A des ZVDH-Produktdatenblattes entspricht und mit einer Freibewitterungszeit von 6 Wochen auch als Behelfsdeckung geeignet ist.

Aufgrund der Variabilität der Lattenabstände von 10 mm sollte bei der Planung die gewünschte Sparrenlänge auf die Lattmaße abgestimmt werden. Die Dacheinteilung erfolgt auf der Konterlattung. Die Traufe sollte mit tiefhängender Rinne ausgeführt und die Rinnenhalter bündig eingelassen werden um eine sichere Entwässerung der Zusatzmaßnahme zu ermöglichen. Längsstöße ohne aufkaschierten Kleberstreifen bei Anschlüssen oder bei angesetzten Bahnenstücken werden mit dem systemgerechten Anschlusskleber abgedichtet, der auch bei Querstößen und an aufgehenden Bauteilen eingesetzt wird.

Um die Wasserundurchlässigkeit der Unterkonstruktion als perforationsgeschützte Ausführung sicher zu stellen, sind die Durchdringungen der Befestigung der Konterlattung mit der zum System gehörenden Dichtmasse als Nagelabdichtmasse abzudichten. Das Material wird einfach als dünne Raupe aufgetragen, schäumt sogar bei feuchten Bahnen sicher auf und dichtet die Durchdringungsbereiche ab. Als Mindestquerschnitte für das System sind Dachlatten mind. 30/50 mm und Konterlatten mit mind. 40/60 mm vorzusehen.

Windsogsicherung

Die ZVDH-Regelwerksvorgaben zur Windsogsicherung wurden mit Geltung zum März 2011 angepasst. Nach dem Stand der ZVDH-Fachinformation „Windlasten auf Dächern mit Dachziegel- und Dachsteindeckungen“ ergeben sich deutlich erhöhte Anforderungen an die Windsogbefestigung. Infolge der Erhöhung der Windlasten werden nun auch für viele Dächer, die bisher noch keine spezielle Windsogsicherung benötigten, jetzt verstärkte Anforderungen auch an die Befestigung der Randbereiche gestellt. Um den gestiegenen Anforderungen gerecht werden zu können, ist es teilweise auch notwendig, mehr und neue Klammern mit verbesserten Auszugswerten zu verarbeiten. DIN 1055-4 sieht für großflächige Dachdeckungen wie Flachdachabdichtungen oder Blechdächer vor, dass die volle Windlast anzusetzen ist. Für Dachdeckungen mit Dach-Steinen und Dach-Ziegeln kann die Windlast reduzierende Wirkung der Fugenanteile der kleinformatigen Dachdeckungen berücksichtigt werden. Entsprechend findet sich in der DIN der Hinweis, dass in diesen Fällen die abweichende ZVDH-Regelung gilt, auf der auch die spezifischen Angaben der Verarbeitungsvorschriften der Hersteller von Dach-Steinen und Dach-Ziegeln beruhen. Für die Ermittlung der erforderlichen Befestigung kann ein Online-Programm eingesetzt werden.

Fazit

Als spezielles Dachsystem ermöglicht das 7 GRAD Dach eine Eindeckung mit Dachsteinen auch bei flachen Dachneigungen ab 7 °. Damit lässt sich eine Dachdeckung auch bei niedrigen Dachneigungen harmonisch in die Dachlandschaft integrieren. Die wirtschaftliche Verlegung bietet Chancen für das Dachhandwerk, erfordert aber auch die Beachtung bestimmter Herstellervorgaben. So lassen sich auch bei niedrigen Dachneigungen schöne Dachflächen mit großer Sicherheit im System herstellen.

Vorteile des geneigten Daches: schnelle und sichere Ableitung des Regenwassers, lange Lebensdauer der Materialien und Wartungsfreundlichkeit.

Dachdeckung im Neigungsbereich von 7–10 ° stellt eine Abweichung vom allgemein anerkannten Stand der Technik dar.

Für die Verlegung sowie für alle Detailbereiche gelten die besonderen Vorschriften der Verlegeanleitung.

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