Häuser erstrahlen wieder in Originalfarben
Als Beispiel für gelungenen sozialen Wohnungsbau galt lange Zeit die von dem Architekten August Buxbaum geschaffene Darmstädter Mietshäuser-Reihe. Doch die 50 Gebäude mit insgesamt 900 Wohnungen sind in die Jahre gekommen. Die zwischen 1921 und 1928 entstandene, öffentlich geförderte Anlage für Geringverdiener brauchte deshalb dringend eine Farbauffrischung.
Das Buxbaum-Ensemble hat eine besondere Lage an einer Einfallstraße. Im sanierten Zustand könnten die Häuser die Funktion eines roten Teppichs übernehmen, der Verkehr und Fußgänger zu Darmstadts Vorzeigehügel, zum UNESCO-Weltkulturerbe-Anwärter Mathildenhöhe, geleitet und ihnen einen Vorgeschmack auf das Schöne gibt, das sie dort erwartet.
Für die Großmodernisierung hat die bauverein AG die Firma Caparol mit ins Boot geholt. Rund 50 Mio. € sind für die aufwändigen Arbeiten insgesamt veranschlagt. Zug um Zug sollen alle Gebäude in einem Zeitraum von 2016 bis 2021 saniert werden.
Straßenzug steht unter Denkmalschutz
Eine besondere Herausforderung für alle Beteiligten ist es, den historischen Zustand zumindest äußerlich wiederherzustellen. Denn Buxbaums in den zwanziger Jahren errichteter Straßenzug steht wegen seines Ensemblecharakters unter Denkmalschutz. Welche Fassadenfarben der Architekt damals ausgewählt hat, ist nicht mehr zu ermitteln. Alle Unterlagen sind verschollen, und es gibt nur wenige, kaum aussagekräftige Schwarzweiß-Fotos.
Von Anfang an war die Denkmalbehörde in alle Entscheidungsprozesse mit eingebunden. Diplom-Designerin Martina Lehmann vom Caparol-FarbDesignStudio konnte ihr Farbkonzept erst erstellen, als Restaurator Thorsten Moser seine Befundung abgeschlossen hatte. Vor Beginn der Bauarbeiten machte er sich mit Anlegeleiter, Stirnlampe und Skalpell ans Werk und legte zunächst bei zwei Häusern im Spessartring die einzelnen Farbschichten bis auf den Untergrund frei. Schließlich hatte er eine „Treppe“ – die Malschichtenfolge bis zum ersten Anstrich – vor sich.
So ging er auch bei den Oberflächen der Klappläden und Haustüren vor. An den Arkadengängen entdeckte er sogar noch Reste vom Originalputz. Die Befunde wurden fotografiert und etikettiert. Mosers Recherchen ergaben, dass die untersuchten Häuser ursprünglich ockerfarben gewesen sind, was nicht weiter überrascht. Denn natürliche Ockerpigmente, also Erdfarben, waren früher leicht zu gewinnen und daher relativ preiswert.
In Abstimmung mit dem Restaurator visualisierte Martina Lehmann die Gebäude des ersten Bauabschnitts in „Amberger Gelb“ , einem Farbton aus der Caparol-Histolith Farbkarte, die speziell für die authentische Farbgestaltung von historischen Gebäuden entwickelt wurde. „Da gibt es auch keinen Stress mit der Denkmalbehörde“, betont Lehmann. Diese legt Wert auf mineralischen Farben, wie sie die Kollektion Histolith-Klassik bietet.
Zurück in die „Goldenen Zwanziger“
Die Histolith-Farbtöne basieren auf der Farbigkeit von überlieferten Pigmenten, Naturbaustoffen und farbigen Erden. Der Großraum Amberg war früher bekannt für seine Farberde, das in beschwerlicher Arbeit abgebaute „Gold der Oberpfalz“. „Amberger Gelb“ passe gut zu den „Goldenen Zwanzigern“, findet Martina Lehmann. Es war die Zeit, als die Wirtschaft wieder zu boomen begann.
2016 war die Sanierung der zwei ersten Häuser des Buxbaum-Ensembles abgeschlossen. Jetzt unterstreicht ihr dominantes Gelb ihre Bedeutung als Pforte zur Mathildenhöhe. Kunststofffenster wurden gegen Holzsprossenfenster ausgetauscht und Holzklappläden erneuert. Türen und Klappläden, aber auch Handläufe heben sich moosgrün oder rot von der Fassade ab – so, wie es Buxbaum einst bestimmt hatte.
Bei der Neueindeckung der Dächer wurde die „Frankfurter Pfanne“ durch historisch korrekte naturrote Biberschwanzziegel ersetzt. Sogar die von Kindern gern als Turngeräte zweckentfremdeten Teppichklopfstangen sollen der Nachwelt erhalten bleiben. Alles originalgetreu.
Für jedes Haus hat Martina Lehmann einen Farbenplan für alle Bauelemente erarbeitet. Die ersten zwei gegenüber liegenden Häuser in kräftigem Ockergelb wirken wie das Tor zum Ensemble. Die anschließenden Gebäude nehmen sich farblich in einer helleren Nuance des „Amberger Gelbs“ bewusst etwas zurück.
Der nächste Block auf der langen Sanierungsliste wird optisch aber wieder herausragend sein: Er wird in „pompejanisch Rot“ erstrahlen. Auch wenn diese rotbraune Erdpigmentfarbe für den heutigen Farbgeschmack zu beherrschend ist, bleibt es bei dieser Buxbaum-Vorgabe: Authentizität ist wichtiger als der Zeitgeist. Man schätzt, dass für die Verschönerung etwa 10.000 bis 12.000 Kilo Farbe gebraucht werden – das entspricht dem Gewicht von zwei ausgewachsenen afrikanischen Elefanten.
Bis 2021 sollen die architektonischen Zeitzeugen so aussehen, als wenn sie 100 Jahre alterslos überstanden hätten.
Für die Verschönerung wurden etwa 10.000 bis 12.000 Kilo Farbe gebraucht – das entspricht dem Gewicht von zwei ausgewachsenen afrikanischen Elefanten.