Hochwärmedämmende Fassaden ohne WDVS

Dass massive Passivhäuser beim baulichen Wärmeschutz weder ein Wärmedämmverbundsystem noch eine spezielle Bauweise benötigen, zeigt eine Passivhaus-Wohnanlage in Frankfurt-Kalbach.



Bei der Passivhaus-Wohnanlage in fünf zwei- beziehungsweise dreigeschossigen Gebäuden handelt es sich um eine im Sommer 2011 fertiggestellte Immobilie im Süden des Stadtteils Kalbach. Als Bauherr fungierte ein Tochterunternehmen der Frankfurter Aufbau AG. Das Unternehmen nutzte bei der Realisierung des Projektes Fördermittel des Mittelstands­pro­­gramms der Stadt Frankfurt für familien- und seniorengerechten Mietwohnungsbau. Ziel des Programms ist die Schaffung bezahlbaren komfortablen Wohnraums für Haushalte, de­­ren Einkommen um 40 bis 70 % über der Grenze für eine geförderte Wohnung liegt. Um ein entsprechend breites Wohnungsspektrum abzudecken, reicht das Wohnungsangebot von der 2-Zimmer-Wohnung für Senioren bis hin zur 5-Zimmer-Wohnung mit zwei Badezimmern für kinderreiche Familien.

 

Moderner Wohnkomfort und Tiefgarage

Das Ensemble aus fünf um einen Innenhof gruppierten Gebäuden bietet mit seinen Ziegelsatteldächern und dem oberen Staffelgeschoss ein attraktives Erscheinungsbild – trotz der ansonsten aus energetischen und wirtschaftlichen Gründen vorhandenen Kompaktheit der einzelnen Baukörper. Der ge­­for­­der­te Anspruch an heutigen Wohnkomfort drückt sich in offen gestalteten Wohnungsgrundrissen und installierter moderner Haus­­technik wie Aufzügen aus. Alle 50 Wohneinheiten sind mit Terrasse oder Balkon ausgestattet und verfügen im Wohn- und Schlafzimmerbereich über Echtholzparkett. Das Untergeschoss dient vorrangig als Tiefgarage und trägt so neben der wirtschaftlichen Einsparung von Grundstücksflächen zur Verkehrsberuhigung im direkten Wohnumfeld bei.

 

Nachhaltig und werterhaltend

Der Bauherr legt bei der Errichtung fast aller seiner Neubauten großen Wert auf den Passivhausstandard. Neben den damit verbundenen besonders geringen Heizkosten wird zudem bei der Bauweise und der Auswahl der Baumaterialien auf ökologische Unbedenklichkeit und langlebige Qualität geachtet. Im Sinne vom Nachhaltigem Bauen werden dadurch nicht nur die Umwelt und natürliche Ressourcen geschont, sondern aus ökonomischer Sicht auch erforderliche Sanierungszyklen verlängert. Angesichts der Vorgaben kam für die Außenwände nur ein massiver und naturnaher Wandbaustoff in Frage, der ohne WDVS die Anforderung nach einem Wärmedurchgangswert von maximal 0,14 W/(m²K) erfüllen konnte. Der gewählte Unipor W07 Coriso-Ziegel (Zulassung Z-17.1-935) gewährleistet den für ein Passivhaus geltenden Grenzwert durch ein ausgefeiltes Lochbild und eine Mineralwoll-Füllung aus natürlichem Basaltgestein (λ=0,04 W/(mK). Die Festigkeitsklasse 6 (Rohdichte 0,7 kg/dm³) reichte in Verknüpfung mit einer qualitativ hochwertigen Vermauerung aus, um mit dem 16 DF-Mauerziegel (248 x 490 x 249 mm) eine ausreichende Tragfähigkeit der Außenwände sicherzustellen.

 

Zügige Verlegung durch Mauertec-System 

Der Ziegel lässt sich aufgrund der planeben geschliffenen Lagerflächen in Dünnbettmörtel verlegen. Auf eine Stoßfugenvermörtelung kann dank des Nut- und Feder-Systems des Ziegels verzichtet werden. Dadurch ist ein Mauerwerk mit einem geringen Fugenanteil gewährleistet, was sich vorteilhaft auf die Bauphysik wie Tragfähigkeit und Schallschutz auswirkt.

Ansonsten ließ sich der Coriso mit Dämmstofffüllung aus geschmolzenem Basalt-Gestein wie jeder herkömmliche Ziegel problemlos sägen oder anbohren. Für die zügige Erstellung des Außenmauerwerks kam das vom Hersteller, dem Klinker- und Ziegelwerk Franz Wenzel aus Hainburg-Hainstadt, zur Verfügung gestellte Unipor Mauertec-Sys­­tem zur Anwendung. Durch den Einsatz des Mörtelschlittens Unimaxx, dem Rühr­einsatz DLX 150 von Collomix und dem auf den Mauerstein abgestimmten Maxit mur Dünnbettmörtel 900 D ließ sich gegenüber herkömmlich erstelltem Mauerwerk die Verlegezeit um rund 30 % verringern. Mit einer dank des Mörtelschlittens exakt eingehaltenen, deckelnden Lagerfuge von 3 mm Dicke wurde ein besonders satter, schalldämmender Verbund der Ziegelreihen erreicht. Außerdem reduzierte sich der Mörtelverbrauch im Vergleich zu Mauerwerk mit Normalfugen um bis zu 85 %.

 

Minimierung von Wärmebrücken

Der für ein Passivhaus notwendige bauliche Wärmeschutz erforderte zwangsläufig eine Minimierung von Heizenergie zehrenden Wärmebrücken. Bei der Ausführung der Details zahlte sich die intensive Beratung der Baubeteiligten durch den für die Passivhausplanung zertifizierten Passivhaus-Fachberater des Ziegelherstellers aus. Hierzu trug auch der in Zusammenarbeit von Unipor und dem Passivhaus-Institut entwickelte Wärmebrückenkatalog für Coriso-Ziegelmauerwerk bei. Ein Hauptaugenmerk lag auf der wärmebrückenfreien Einbindung der Wohnungstrennwände aus Stahlbeton in das Außenmauerwerk. In Abstimmung mit dem beratenden Diplom-Ingenieur Roscoe Baptist vom Ziegelwerk Wenzel führte das Rohbauunternehmen dafür eine wärmegedämmte Lösung im Mauerwerk aus. „Hier wurde das Coriso-Ziegelmauerwerk an den betreffenden Stellen sozusagen ausgeklinkt“, er­­klärt Baptist. „Für die erste Steinlage sägten die Verarbeiter zwei Ziegel zu entsprechend aneinander zu verlegenden L-Schenkeln. Bei der zweiten Lage kam dann ein maßgenau zugeschnittener Ziegel als eingefügtes Passstück zum Einsatz.“ Durch diese Lösung konnte gleichzeitig die Gefahr der Schalllängsleitung über die Außenwand – ein im Geschosswohnungsbau immer zu berücksichtigender Aspekt – erheblich verringert werden.

Hervorragende Energieeinsparwerte

Die ermittelten Energiebilanzen auf Basis des Passivhaus Projektierungs Pakets (PHPP) sprechen für sich: So wird zum Beispiel für das Gebäude A bei einer Energiebezugsfläche von 827 m2 neben dem für Passivhäuser geltenden Heizenergiebedarfs-Grenzwert von 15 kWh/m²a ein äu­­ßerst geringer Ja­­hres­primär­energiebedarf von 33 kWhm²a er­­rechnet. Die installier­te Solaranlage leistet dabei durch eine 38 % prozentige Deckung des Energiebedarfs der Warmwasseraufbereitung einen wesentlichen Beitrag. Eine sehr effektive Lüftung mit Wärmerückgewinnung und energiesparende Gas-Brennwerttechnik als Heizung tragen als typische Passivhaus-Komponenten ebenfalls zum äußerst geringen Primärenergiebedarf bei.

 

Fazit

Auch beim Mehrgeschosswohnungsbau im Passivhausstandard muss nicht auf die klassischen Vorzüge der monolithischen Ziegelbauweise verzichtet werden. Ihre bekannten Pluspunkte, wie beispielsweise ein garantiert angenehmes Raumklima sowie eine dauerhaft hochwertige Gebäudehülle, gibt es für den Gebäudenutzer beziehungsweise den Investor quasi als zusätzlichen Bonus inklusive.

Der für ein Passivhaus notwendige bauliche Wärmeschutz erforderte zwangsläufig eine Minimierung von Heizenergie zehrenden Wärmebrücken.

Eine sehr effektive Lüftung mit Wärmerückgewinnung und energie

sparende Gas-Brennwerttechnik als Heizung tragen als typische

Passivhaus-Komponenten ebenfalls zum äußerst geringen

Primärenergiebedarf bei.

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