Quartier zwischen
Hochschule und Universität

Das Quartier Lennershof im Süden Bochums war jahrzehntelang eine nahezu dörfliche Wohngegend – weit abseits der Innenstadt, geprägt durch Schlichtbebauung aus den 1950er Nachkriegsjahren. Dass der kleine Stadtteil genau ­zwischen der Ruhr-Universität Bochum und der Hochschule Bochum gelegen war, konnte man angesichts des verschlafenen Charakters leicht vergessen. Inzwischen erlebt das Quartier einen bemerkenswerten Wandel.

Den Startschuss gab in gewisser Weise die BlueBox: Das über 50 Jahre alte Gebäude (Ursprungsarchitekt Bruno Lambart, 1962) war als temporäre Mensa für die junge Ruhr-Universität Bochum entstanden, hatte dann für verschiedenste Nutzungen im universitären Umfeld gedient, bis sich Architekturprofessor Wolfgang Krenz von der Hochschule Bochum in den Bau verliebte. „Das war eine Architektur-Ikone, ein Gebäude mit klassischer Mies van der Rohe-Haltung, das jahrzehntelang als Notnagel für verschiedenste Nutzungen hergehalten hatte“, sagt Krenz heute. „Für mich war das verschwendetes Potenzial.“

Krenz sammelte Unterstützer und akquirierte das Gebäude schließlich für die Hochschule Bochum. Ein innovatives Lernkonzept wollte er hier verwirklichen, dem pädagogisch-didaktischen Ansatz des diskursiven, inter- und multidisziplinären Lernens ein passendes Gebäude an die Seite stellen. So erhielt die BlueBox im Rahmen einer Kernsanierung, die er mit dem eigenen Architekturbüro Archwerk Generalplaner KG durchführte, ein neues Gesicht: Sie wurde zum internationalen Kompetenzzentrum für Architektur, topmodern ausgestattet und aufgeteilt nach neuesten didaktischen Überlegungen. EDV-Service, Plott- und Druck-Service sowie eine Handbibliothek stellen sicher, dass sie die gleiche Ausstattung wie ein professionelles Architekturbüro bietet. Für das abgeschlossene Projekt erhielt die BlueBox die Anerkennung im Regionalpreis „Auszeichnung guter Bauten 2010“ des BDA, Bund Deutscher Architekten, Bochum Hattingen Herne ­Witten, und eine Auszeichnung beim Preis des Deutschen Stahlbaues 2012.

 

Bochumer Wohnungsunternehmen
haben das Potenzial erkannt

Die Blue Box – wenn auch ein markanter Punkt im Lennershof – ist jedoch nicht allein für die Veränderungen verantwortlich, die sich heute hier vollziehen: Schon bevor ihre Sanierung auch nur angedacht war, lagen beim Bochumer Wohnungsunternehmen VBW Bauen und Wohnen GmbH bereits Pläne in der Schublade, in denen es ebenfalls um den Lennershof ging.

Dipl.-Ing. Rainer Backwinkel ist der technische Leiter der VBW Bauen und Wohnen. Er erläutert: „Wir haben das Potenzial der Fläche schon vor etwa zehn Jahren gesehen. Der Lennershof ist die einzige verbliebene Wohnbaufläche im Umfeld der beiden Hochschulen, die für Wohnen und Arbeiten gleichermaßen in Frage kommt. Die Verkehrsanbindung ist durch die nahe gelegene Campus Line U 35 und die ebenso schnell erreichbaren Autobahnauffahrten hervorragend. Es ging uns deswegen darum, die Schlichtbebauung aus den 1950er Jahren vorerst weiter zu erhalten und zu bewirtschaften, während wir uns zugleich auf eine größere Quartierentwicklungsmaßnahme vorbereitet haben.“

Die hat inzwischen längst begonnen: Im Rahmen eines durch die Stadt Bochum koordinierten Moderationsverfahrens mit starker Anwohnerbeteiligung hat das Wohnungsunternehmen konkrete Pläne für die Neugestaltung des Lennershofs mit den Büros Archwerk Generalplaner KG und ksu Architekten entwickelt. Unter anderem mit Fördermitteln aus dem Programm Stadtumbau West und im Rahmen eines kommunalen Masterplans unter dem Oberbegriff „UniverCity Bochum“ verwirklicht die VBW Bauen und Wohnen nun ein grundlegend neues Konzept für das Quartier: Eine öffentliche Wegeverbindung schlängelt sich von der Haltestelle der U 35 bis zum kürzlich fertig gestellten ID-Gebäude der Ruhr-Universität. An diese Wegeverbindung schmiegen sich die Wohn- und Geschäftsgebäude an. Die neu entstandene, multifunktionale Aufenthaltsfläche dient als Achse zwischen Universität und Hochschule, öffnet das Quartier in beide Richtungen.

Der Lennershof ist nicht mehr Randgebiet, sondern Dreh- und Angelpunkt zwischen Universität und Hochschule. Dazu trägt auch die Tatsache bei, dass die VBW Bauen und Wohnen GmbH mit gewerblichen Nutzungseinheiten von 40 bis 200 m2 gezielt Hochschulabgänger anspricht, die in der Umgebung ihrer Alma Mater Start-Ups gründen wollen. Und: Auch ein Boarding House wird noch entstehen, in dem etwa Gastprofessoren, Gaststudenten und Doktoranden unterkommen können. Der Lennershof wird zum erweiterten Campus für Hochschule und Universität.

„Die Entwicklung ist fantastisch und die Pläne der VBW sind sehr überzeugend“, sagt Wolfganz Krenz dazu. „Ich glaube, dass das Quartier für die Positionierung Bochums als Universitäts- und Hochschulstandort vorbildlichen Charakter hat.“


Neuer Masterstudiengang

an der EBZ Business School

Krenz selbst ist heute noch immer Professor für Architektur und ist immer noch in Bochum, wirkt jetzt allerdings an einer anderen Hochschule: Er ist seit Herbst 2010 Professor für Architektur an der EBZ Business School , unterrichtet Studierende in den Management-Studiengängen der privaten Einrichtung. „Die EBZ Business School ist noch eine junge Hochschule. Sie bietet kleine Lerngruppen, individuelle Betreuung und einen sehr hohen Praxisbezug in den Bachelor- und Masterstudiengängen. Ihr Anspruch ist es, strategisch denkende Führungskräfte für Wohnungs- und Immobilienunternehmen heran zu bilden. Da wollte ich gerne dabei sein.“ Krenz hat sich hier noch einmal auf ein ganz neues Projekt eingelassen und maßgeblich an der Entstehung eines neuen Masterstudiengangs mitgewirkt. Der viersemestrige Master of Science Projektentwicklung wird nach der endgültigen Zulassung durch die FIBAA im Spätherbst 2012 erstmals starten und wendet sich an Ökonomen und Ingenieure gleichermaßen.

„Im Grunde genommen kann man auch die Zielsetzung des neuen Masterstudiengangs und den Grund, warum ich mich auf ein solches Projekt noch einmal eingelassen habe, sehr gut anhand der Quartiersentwicklung im Lennershof erläutern“, spannt Krenz (jetzt Studiengangsleiter) den Bogen. „Denn wir wollen mit dem Masterstudiengang Projekt­entwicklung an der EBZ Business School Absolventen heranbilden, die ökonomische und technische Kompetenzen verbinden, die Projekte ganzheitlich planen, durchführen und vermarkten können. Es gibt zu wenige junge Architekten, die Projekte auch wirtschaftlich und ökonomisch durchdenken, und es gibt zu wenige Kaufleute, die bautechnisch und architektonisch kompetent sind. Aber gerade ein Projekt wie der Lennershof zeigt: Diese Verbindung von Qualität, Kreativität und Wirtschaftlichkeit ist das Faszinierende an unserem Beruf und zeichnet gerade die nachhaltigen Projekte aus, die dann einer Stadt in besonderem Maße zugute kommen.“

Die BlueBox wurde als internationales Kompetenz­zentrum für Architektur topmodern ausgestattet und nach neuesten didaktischen Überlegungen aufgeteilt.

Der Lennershof wird zum

erweiterten Campus für
Hochschule und Universität.

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