Urlaubsnutznießer Legionelle
Wo Wasser lange Zeit stillsteht, bilden sich oft Legionellen. Eine durch diese Erreger verursachte Lungenentzündung kann tödlich enden. Daher ist ein Schutz vor den gefährlichen Bakterien wichtig. 10 Tipps zur Prävention – in der Ferienzeit und darüber hinaus.
Der Beginn der Sommerferien markiert wie jedes Jahr den Start der großen Reisesaison. Millionen Bundesbürger brechen dann in einen längeren Urlaub auf, zahlreiche Wohnungen stehen leer. Das zieht nicht nur Einbrecher verstärkt an, sondern bietet auch kleinen Eindringlingen ein gutes Leben, die bereits in vielen Häusern zu finden sind: den Stäbchenbakterien Legionellen.
Die nur 2 bis 5 µm kleinen Erreger sind in geringen Mengen allgegenwärtiger Bestandteil in Süßwasser. Bei hohen Konzentrationen können sie durch Einatmen feiner Wassertröpfchen, etwa unter der Dusche, in die Lunge geraten. Dort können sie beim Menschen die gefährliche Legionärskrankheit oder Legionellose auslösen, eine schwere Form der Lungenentzündung. Legionellen gedeihen besonders gut bei moderaten Temperaturen von 25°C bis 55°C und stillstehendem bis langsam fließendem Wasser.
Besonders in der Urlaubszeit finden Legionellen in Trinkwasserinstallationen von Wohngebäuden darum gute Lebensbedingungen vor: Viele Wohnungen stehen leer, in den Rohrleitungen herrscht oftmals Stillstand und das unbewegte Wasser kühlt in den Rohrleitungen auf für Legionellen angenehme Temperaturen ab. Eigentümer und Betreiber größerer Warmwasserbereitungsanlagen aber auch Immobiliennutzer sollten darum einige Ratschläge befolgen, um die Vermehrung von Legionellen einzudämmen – nicht nur in der Urlaubszeit.
Bei regelmäßig fließendem Wasser in modernen Trinkwasserinstallationen und Temperaturen von über 55°C haben Legionellen in der Regel kaum eine Chance, sich so zu vermehren, dass sie eine Gefahr für die Gesundheit der Hausbewohner darstellen. Durch die Einhaltung einer Reihe von Vorgaben und technischen Maßnahmen in Trinkwasseranlagen lässt sich einem Legionellenbefall darum gut vorbeugen.
Checkliste: Die 10 wirksamsten Maßnahmen zur Legionellen-Prophylaxe
1. Korrekte Dimensionierung der Anlagen
Die Trinkwasseranlage und der Warmwasserbereiter sollten an den tatsächlichen Bedarf einer Liegenschaft optimal angepasst sein. Das gilt besonders bei Umbaumaßnahmen oder bei der Planung eines Neubaus. Dadurch lässt sich unnötiges Abstehen von Wasser in der Leitung vermeiden.
2. Durchlauferhitzer für dezentrale Entnahmestellen einsetzen
Das Rohrleitungssystem großer Anlagen hat zumeist einen größeren Rohrdurchmesser, ist länger und weiter verzweigt. Weit entfernte Entnahmestellen sollten daher dezentral mittels eines Durchlauferhitzers mit Warmwasser versorgt werden.
3. Dämmung von Warmwasserleitungen
Freiliegende Warmwasserleitungen, beispielsweise in Leitungsschächten, sollten gedämmt werden. Stillstand, gepaart mit abnehmenden Wassertemperaturen, erhöht das Legionellenrisiko besonders stark. Außerdem können ungedämmte Warmwasserleitungen dazu führen, dass sich das Wasser in daneben liegenden Kaltwasserleitungen so weit erwärmt, dass auch sie anfällig für Legionellen werden.
4. Ausreichend Temperatur im Warmwasserspeicher
Im Warmwassersystem muss eine Temperatur von mindestens 60 °C am Ablauf der Erwärmungsanlagen (Warmwasserspeicher) eingehalten werden. Ist in der Regelungstechnik der Anlage keine Anti-Legionellen-Schaltung vorgesehen, sollte die Warmwassertemperatur des Speichers einmal wöchentlich auf bis zu 65 °C werden. Um den gesamten Speicherinhalt erwärmen zu können, ist es ratsam, den Trinkwassererwärmer gegebenenfalls für die zusätzliche Umwälzung des Speicherinhaltes oder den Einbau eines außerhalb angeordneten Wärmetauschers mit Ladepumpe umzurüsten. In der Zirkulation und an den Entnahmestellen, zum Beispiel den Duschen, sollte die Wassertemperatur bei mindestens 55 °C liegen.
5. Hydraulischer Abgleich
Bei einer korrekten Einstellung der Wassertemperatur, die gerade in großen Anlagen deutlich über 60 °C liegen sollte, führt ein professioneller hydraulischer Abgleich der Anlage dazu, dass die gewünschte Temperatur im gesamten Leitungssystem ausreichend hoch gehalten wird. Dies verbessert zudem den Komfort für die Hausbewohner und spart Wasser ein, da in den Wohnungen schneller warmes Wasser zur Verfügung steht. Hydraulische Schwächen in einem Leitungssystem, in dem das Wasser nicht komplett einem Kreislauf folgt und teilweise in den Rohrleitungen stagniert, begünstigen die Lebensbedingungen für Legionellen.
6. Regelmäßige Zirkulation
Leitungen mit stehendem Wasser, die mit dem Trinkwassersystem in Verbindung stehen, bieten Bakterien ideale Lebensbedingungen. Durch so genannte Rückverkeimungen greifen die Bakterien auch auf die in Betrieb befindlichen Wasserleitungen über. Das gilt besonders für die Warmwasserleitungen sowie schlecht oder gar nicht gedämmte Kaltwasserleitungen in beheizten Räumen oder Schächten.
Deshalb sollte eine regelmäßige Wasserzirkulation sichergestellt werden. Bei nur temporär stillstehenden Leitungen, etwa in der Urlaubszeit, können regelmäßige Leitungsspülungen (Wasser laufen lassen) nach Vereinbarung durch den Nutzer durch den Hausmeister oder Nachbarn Abhilfe schaffen.
7. Maßnahmen an den Entnahmestellen
Wenig genutzte Leitungen in Wohnungen müssen vor der Weiterverwendung gründlich durchgespült werden. Dies gilt bereits bei einem Stillstand von drei Tagen und mehr. Das heiße Wasser muss dabei so lange aus der Leitung laufen, bis seine Temperatur nicht weiter ansteigt. Idealerweise sollten dafür Duschköpfe abgeschraubt werden, um eine Feinzerstäubung und das Einatmen von kleinsten Wassertröpfchen möglichst gering zu halten. Aus diesem Grund ist es ratsam, Perlatoren und Duschköpfe generell regelmäßig zu reinigen und zu entkalken. Diese Vorgaben gilt es auch bei selten genutzten Zapfstellen wie in Gästebädern oder Partykellern einzuhalten. Für besonders gefährdete Personengruppen, die beispielsweise unter einer erkrankungsbedingten Immunschwäche leiden, bietet sich die Anbringung eines endständigen Sterilfilters an Wasserhahn und Dusche an, der so sicher vor einer Legionelleninfektion schützen kann.
8. Bedarfsgerechtes Stilllegen von Netzabschnitten und Anlagen
Trinkwasseranlagen, die länger als vier Wochen nicht genutzt werden, sollten abgesperrt werden. Bei Unterbrechungen zwischen sechs Monaten und einem Jahr werden mikrobakterielle Untersuchungen erforderlich. Nach noch längerem Stillstand sind Trinkwasseranlagen vom übrigen Leitungsnetz abzutrennen oder rückzubauen. Die Wiederinbetriebnahme darf nur durch ein eingetragenes Installationsunternehmen erfolgen.
9. Energiespartipps mit Augenmaß betrachten
Für die Senkung des Energieverbrauchs zur Wassererwärmung gibt es zahlreiche Einspartipps. Grundsätzlich ist Energieeinsparung richtig und wichtig. Gleichzeitig erhöhen einige der empfohlenen Maßnahmen jedoch das Risiko einer gefährlichen Vermehrung von Legionellen. So sollte keinesfalls die Systemtemperatur auf unter 60 °C eingestellt oder die Zirkulation ausgeschaltet werden. Auch Duschsparköpfe bergen Risiken, da sie im Gegensatz zu herkömmlichen Duschköpfen den gefährlichen feinen Wassernebel erzeugen.
10. Regelmäßige und professionelle Wartung
Häufig existieren für Trinkwasseranlagen in Liegenschaften keine Wartungsverträge mit Fachbetrieben, diese werden nur im Bedarfsfall bei einer Betriebsstörung hinzugezogen. Es wird daher auch nicht routinemäßig überprüft, ob die technischen Regeln auch eingehalten werden. Das sollte aber geschehen: Denn wenn eine Trinkwasserinstallation nach den Regeln der Technik gebaut und betrieben wird, sind hygienische Probleme, und somit auch zu hohes Legionellenaufkommen, nicht zu erwarten. Eine regelmäßige Wartung, idealerweise durchgeführt von einem Fachbetrieb, ist darum eine Grundvoraussetzung für einen hygienischen Betrieb der Trinkwasseranlage. Dazu gehören beispielsweise die Membranfiltration zur Desinfektion und Entfernung von Schlamm sowie die regelmäßige thermische Desinfektion.
Legionellen gedeihen besonders gut bei moderaten Temperaturen von 25°C bis 55°C und stillstehendem bis langsam fließendem Wasser.